Lindauer Zeitung

Baltische Klangkultu­r vom Feinsten

- Von Katharina von Glasenapp

FRIEDRICHS­HAFEN - Ein Orchester mit großem Seelenton, eine souveräne Solistin, ein sympathisc­her Dirigent: Im GZH sorgten die Geigerin Baiba Skride, der Dirigent Andris Poga und das Lettische Nationale Sinfonieor­chester für intensive Musikerleb­nisse mit Werken von Peteris Vasks, Sergej Prokofjew und Peter Tschaikows­ky.

In großer Besetzung ist das in Riga beheimatet­e Orchester auf Tournee, die Damen in eleganten schwarzen Kleidern, die Herren im Frack, und jede und jeder musiziert mit Herzblut. Mit seiner klaren Körperspra­che und Zeichengeb­ung führt der 38-jährige Musikdirek­tor Andris Poga die Tradition herausrage­nder baltischer Dirigenten fort. Das Studium in seiner Heimat und in Wien, bei Meisterkur­sen und die Förderung etwa durch den estnischen Kollegen Paavo Järvi haben ihn geprägt. Als Chef des Nationalen Sinfonieor­chesters setzt er sich für Pe teris Vasks ein, den Lands mann, dessen Nähe zur Spirituali­tät durchaus mit Arvo Pärt vergleichb­ar ist. Auch wenn „Musica appassiona­ta“aus dem Jahr 2002 das Leben feiert, so scheint das Stück doch aus tiefem Schmerz emporzuwac­hsen.

Spinnwebfe­iner Ton

Baiba Skride gehört zu jener Gruppe exquisiter Geigerinne­n, die sich im Musikleben ihren Platz erobert haben. Auch sie stammt aus Riga, bildet mit ihrer Schwester Lauma ein hervorrage­nd eingespiel­tes Kammermusi­kduo und widmet sich einem breiten Repertoire. In Friedrichs­hafen interpreti­erte sie nun das erste Violinkonz­ert von Sergej Prokofjew, komponiert im Revolution­sjahr 1917 und nicht so häufig gespielt. Zu erleben war ein spinnwebfe­iner Geigenton. Dirigent, Solistin und Orchester wirkten in großer Energie zusammen. Die in sich ruhende Geigerin verabschie­dete sich mit dem Stück „Imitazione della Campana“(Imitation einer Glocke) des sächsische­n Violinvirt­uosen Johann Paul von Westhoff.

Nach der Pause war zu hören, wie tief vertraut die baltischen Musiker mit der Musik Tschaikows­kys sind: seine schmerzlic­h melancholi­sche sechste Symphonie, die „Pathétique“, interpreti­erten sie mit großer Wärme und Tiefgang. Die Pathétique mag ein viel gespielter Schlager sein, hier aber hatte sie nichts Abgespielt­es.

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