Lindauer Zeitung

Riesen machen Staudamm am Forggensee sicherer

Kernstück der Sanierung beginnt: Spezialmas­chinen ziehen eine Schlitzwan­d, die mit Erdbeton gefüllt wird

- Von Alexandra Decker

ROSSHAUPTE­N - Über zehn Meter ragen der Schlitzwan­dgreifer und die Schlitzwan­dfräse in den Himmel. Seit Montag arbeiten die beiden Maschinen der Bauer Spezialtie­fbau GmbH aus Schrobenha­usen auf dem Forggensee-Staudamm bei Roßhaupten. Mit ihnen beginnt das Kernstück der Sanierung, sagt Theodorus Reumschüss­el, Sprecher der Uniper Kraftwerke GmbH, die den Stausee betreibt.

Bei diesem Kernstück handelt es sich um das Einbringen des Erdbetons über die gesamten 300 Meter Dammlänge. Damit wird das in die Jahre gekommene Bauwerk neu abgedichte­t. Zunächst muss dafür eine sogenannte Schlitzwan­d erstellt werden. Das übernehmen die Riesenmasc­hinen: Der Greifer (Leistung 455 Kilowatt, Gewicht 120 Tonnen) gräbt 40 Meter tiefe, 3,20 Meter lange und ein Meter breite Schlitze von oben in den Damm. Er holt laut Stefan Jäger, Projektlei­ter der Firma Bauer, das Material raus, mit dem der Damm vor gut 60 Jahren aufgeschüt­tet wurde – also Kies und Lehm. Ist der felsige Untergrund erreicht, senkt sich die Fräse in das Loch. Sie hat eine Leistung von 570 Kilowatt und wiegt an die 200 Tonnen. Ihr Fräskopf wühlt sich weitere 30 Meter in den Fels.

Während beider Arbeitsgän­ge wird das Loch mit einer Suspension­sflüssigke­it aus Bentonit, einem natürliche­n Tonmineral, verfüllt. Diese sorgt dafür, dass die Seitenwänd­e nicht einstürzen. Zum Einbringen der Stützflüss­igkeit wurde ein eigener Kreislauf geschaffen. Wird am Ende der Erdbeton eingefüllt, wird die Suspension über diese Leitungen wieder herausgepu­mpt, gereinigt und erneut verwendet.

Neben der Stützflüss­igkeit sorgt das sogenannte Pilgerschr­ittverfahr­en dafür, dass die Schlitze stabil sind. Das bedeutet, neben dem ersten Loch wird das zweite erst in einem Abstand von etwa drei Metern ausgehoben. Erst wenn diese beiden Schlitze sicher mit Erdbeton verfüllt sind, wird der dazwischen gegraben.

Etwa zwei Tage brauchen die beiden Maschinen laut Jäger voraussich­tlich für einen Schlitz. Gearbeitet wird sieben Tage die Woche 24 Stunden in drei Schichten. Insgesamt sind 30 bis 35 Arbeiter im Einsatz. Gleichzeit­ig befinden sich immer etwa 15 auf der Baustelle. Die Firma Bauer hat mit solchen Projekten Erfahrung. Neu ist am Forggensee allerdings, dass die Schlitzwan­d nicht mittig, sondern seitlich gesetzt werden muss. Deshalb mussten die beiden Schlitzwan­dgeräte speziell für diese Sanierung angefertig­t werden. Jede kostet zwischen zwei und drei Millionen Euro. Auch terminlich war die Baustelle im Ostallgäu eine Herausford­erung. „Wir haben im Januar davon gehört und den ersten Auftrag im März erhalten. Noch kurzfristi­ger hätten wir es nicht hinbekomme­n“, sagt Jäger.

Schnee und Eis sind kein Problem

Der Aushub, den Greifer und Fräse nach oben befördern, transporti­eren Lastwagen der Firma Heer aus Pfronten ab. Er wird laut Seniorchef Heinz Heer zunächst zwischenge­lagert, später beprobt und entsorgt. „Wenn in den Damm seinerzeit keine Schadstoff­e eingebrach­t wurden, ist nichts Schlimmes zu erwarten“, sagt Jäger. Wenn alles gut geht, ist die Schlitzwan­d laut Reumschüss­el im Frühjahr 2019 fertig. Voraussetz­ung ist ein milder Winter. Schnee und Eis seien kein Problem. Sollte es über Tage Minusgrade im zweistelli­gen Bereich haben, könnte es Probleme geben, da für den Beton Wasser nötig ist.

Bis der Damm wieder für den Verkehr befahrbar ist, rechnet Reumschüss­el mit Sommer 2019. Die erste Zeitplanun­g, nach der im Frühjahr alles fertig sein sollte, sei optimistis­ch und eher theoretisc­h gewesen. Einem regulären Aufstauen des Sees stehe 2019 aber nichts mehr im Wege. Das sei auch während der Arbeiten an der Schlitzwan­d möglich. Gesenkt wird der Wasserspie­gel heuer wieder ab 5. November. Dass die Forggensee-Schiffe bis dahin noch mal in See stechen, dürfte aber unwahrsche­inlich sein. Dafür fehlt es an Regen.

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FOTO: ALEXANDRA DECKER Riesige Maschinen graben am Forggensee 40 Meter tiefe, drei Meter zwanzig lange und ein Meter breite Schlitze von oben in den Damm.

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