Riesen machen Staudamm am Forggensee sicherer
Kernstück der Sanierung beginnt: Spezialmaschinen ziehen eine Schlitzwand, die mit Erdbeton gefüllt wird
ROSSHAUPTEN - Über zehn Meter ragen der Schlitzwandgreifer und die Schlitzwandfräse in den Himmel. Seit Montag arbeiten die beiden Maschinen der Bauer Spezialtiefbau GmbH aus Schrobenhausen auf dem Forggensee-Staudamm bei Roßhaupten. Mit ihnen beginnt das Kernstück der Sanierung, sagt Theodorus Reumschüssel, Sprecher der Uniper Kraftwerke GmbH, die den Stausee betreibt.
Bei diesem Kernstück handelt es sich um das Einbringen des Erdbetons über die gesamten 300 Meter Dammlänge. Damit wird das in die Jahre gekommene Bauwerk neu abgedichtet. Zunächst muss dafür eine sogenannte Schlitzwand erstellt werden. Das übernehmen die Riesenmaschinen: Der Greifer (Leistung 455 Kilowatt, Gewicht 120 Tonnen) gräbt 40 Meter tiefe, 3,20 Meter lange und ein Meter breite Schlitze von oben in den Damm. Er holt laut Stefan Jäger, Projektleiter der Firma Bauer, das Material raus, mit dem der Damm vor gut 60 Jahren aufgeschüttet wurde – also Kies und Lehm. Ist der felsige Untergrund erreicht, senkt sich die Fräse in das Loch. Sie hat eine Leistung von 570 Kilowatt und wiegt an die 200 Tonnen. Ihr Fräskopf wühlt sich weitere 30 Meter in den Fels.
Während beider Arbeitsgänge wird das Loch mit einer Suspensionsflüssigkeit aus Bentonit, einem natürlichen Tonmineral, verfüllt. Diese sorgt dafür, dass die Seitenwände nicht einstürzen. Zum Einbringen der Stützflüssigkeit wurde ein eigener Kreislauf geschaffen. Wird am Ende der Erdbeton eingefüllt, wird die Suspension über diese Leitungen wieder herausgepumpt, gereinigt und erneut verwendet.
Neben der Stützflüssigkeit sorgt das sogenannte Pilgerschrittverfahren dafür, dass die Schlitze stabil sind. Das bedeutet, neben dem ersten Loch wird das zweite erst in einem Abstand von etwa drei Metern ausgehoben. Erst wenn diese beiden Schlitze sicher mit Erdbeton verfüllt sind, wird der dazwischen gegraben.
Etwa zwei Tage brauchen die beiden Maschinen laut Jäger voraussichtlich für einen Schlitz. Gearbeitet wird sieben Tage die Woche 24 Stunden in drei Schichten. Insgesamt sind 30 bis 35 Arbeiter im Einsatz. Gleichzeitig befinden sich immer etwa 15 auf der Baustelle. Die Firma Bauer hat mit solchen Projekten Erfahrung. Neu ist am Forggensee allerdings, dass die Schlitzwand nicht mittig, sondern seitlich gesetzt werden muss. Deshalb mussten die beiden Schlitzwandgeräte speziell für diese Sanierung angefertigt werden. Jede kostet zwischen zwei und drei Millionen Euro. Auch terminlich war die Baustelle im Ostallgäu eine Herausforderung. „Wir haben im Januar davon gehört und den ersten Auftrag im März erhalten. Noch kurzfristiger hätten wir es nicht hinbekommen“, sagt Jäger.
Schnee und Eis sind kein Problem
Der Aushub, den Greifer und Fräse nach oben befördern, transportieren Lastwagen der Firma Heer aus Pfronten ab. Er wird laut Seniorchef Heinz Heer zunächst zwischengelagert, später beprobt und entsorgt. „Wenn in den Damm seinerzeit keine Schadstoffe eingebracht wurden, ist nichts Schlimmes zu erwarten“, sagt Jäger. Wenn alles gut geht, ist die Schlitzwand laut Reumschüssel im Frühjahr 2019 fertig. Voraussetzung ist ein milder Winter. Schnee und Eis seien kein Problem. Sollte es über Tage Minusgrade im zweistelligen Bereich haben, könnte es Probleme geben, da für den Beton Wasser nötig ist.
Bis der Damm wieder für den Verkehr befahrbar ist, rechnet Reumschüssel mit Sommer 2019. Die erste Zeitplanung, nach der im Frühjahr alles fertig sein sollte, sei optimistisch und eher theoretisch gewesen. Einem regulären Aufstauen des Sees stehe 2019 aber nichts mehr im Wege. Das sei auch während der Arbeiten an der Schlitzwand möglich. Gesenkt wird der Wasserspiegel heuer wieder ab 5. November. Dass die Forggensee-Schiffe bis dahin noch mal in See stechen, dürfte aber unwahrscheinlich sein. Dafür fehlt es an Regen.