Hilfe diskret organisieren
Auf den ersten Blick sieht es aus wie eine Provokation: Ausgerechnet während der Bundeswirtschaftsminister in der Türkei weilt, wird dort ein Deutscher zu mehreren Jahren Haft verurteilt. Dass da in Deutschland Zweifel an den Absichten des türkischen Staates aufkommen, ist vor dem Hintergrund von Prozessen wie jenen gegen Mesale Tolu, Deniz Yücel oder Peter Steudtner verständlich. Die türkische Justiz ist von rechtsstaatlichen Grundsätzen weit entfernt, sie tut, was Präsident Erdogan will.
Trotzdem bleiben im aktuellen Fall Fragen offen. Wie naiv muss jemand sein, der ins türkisch-syrische Grenzgebiet reist, um dort wandern zu gehen? Nun ist Naivität nicht strafbar. Die Bundesregierung aber tut gut daran, Hilfe diskret über diplomatische Kanäle zu organisieren. Das hilft dem Inhaftierten vor seinem Revisionsverfahren mehr als laute Forderungen. Zumal Ankara zuletzt eher nicht an einer Eskalation der Beziehungen interessiert war.