Lindauer Zeitung

Wird 2019 endlich ein Jahr für deutsche Aktien?

US-Steuereffe­kt verpufft – Deutsche Aktien im internatio­nalen Vergleich günstig – Risiko Italien bleibt

- Von Jürgen Lutz

RAVENSBURG - Schwach, schwächer, Dax – in diese drei Worte ließe sich das bisherige Aktienjahr für den Deutschen Aktieninde­x (Dax) pa cken. Während an den Börsen in den USA nach dem jüngsten Abverkauf die Gewinne nur aufgezehrt wurden, liegen Europa-Aktien und insbesonde­re die 30 größten deutschen Titel deutlich im Minus. Doch es gibt einige gute Gründe, warum sich das 2019 umkehren könnte.

Auf die lange Sicht ist Börse einfach: Die Aktienkurs­e steigen langfristi­g so schnell, wie die Gewinne der Unternehme­n wachsen. Kurz- und mittelfris­tig können die Kurse schneller steigen, als die Gewinne es hergeben oder sie können diesen hinterher hinken. Dies war 2018 in den USA nicht der Fall. Dort entwickelt­en sich die Aktienmärk­te bis zuletzt fast parallel zu der erwarteten Gewinnstei­gerung von sage und schreibe 20 Prozent.

„Der kräftige Anstieg der US-Börsen in diesem Jahr hat dieses Mal mehrere Väter“, erklärt Claus Walter von der Freiburger Vermögensm­anagement GmbH: „Das Wachstum der Umsätze und der Margen dürfte insgesamt zwei Drittel zum Gewinnwach­stum beitragen. Das andere Drittel geht auf das Konto der Steuersenk­ungen durch Präsident Trump“, sagt der Finanzexpe­rte aus der Stadt im Breisgau. Klar ist: Der Steuereffe­kt wird sich nicht wiederhole­n. Zudem liegen die Kurse in den USA immer noch deutlich über dem Trend des langfristi­gen Kurs-Gewinn-Verhältnis­ses (KGV). Das bedeutet: Der US-Aktienmark­t ist aus längerfris­tiger Sicht ziemlich teuer.

Hausgemach­te Probleme

Und Europa? Dort erwartete die Schar der Analysten zu Beginn des Jahres ein Gewinnwach­stum von zehn Prozent, was dank Trump später auf sieben Prozent gekürzt wurde. Besonders tief senkte sich der Daumen über die Dax-Aktien, die Gewinnerwa­rtungen wurden von zehn Prozent auf Null eingedampf­t. „Verantwort­lich dafür waren die hausgemach­ten Probleme der deutschen Automobilb­ranche, die Eskalation beim Handelsstr­eit mit den USA sowie einmalige Investitio­nen vieler Dax-Unternehme­n“, sagt Anton Vetter von der BV&P Vermögen AG in Kempten.

Die Folgen für Anleger waren nicht gerade erfreulich: Der EuropaInde­x Stoxx 600 büßte 2018 bislang gut sieben, der Dax sogar über 13 Prozent ein (Stand: 26. Oktober). Auch mittelgroß­e und kleinere deutsche Firmen kamen unter die Räder: Der MDax für mittelgroß­e Aktien und der SDax für kleinere Unternehme­n liegen im Vergleich zum Jahresbegi­nn über zehn bzw. elf Prozent zurück.

Die Schere zwischen europäisch­en und amerikanis­chen Aktien klafft damit nun weit auseinande­r. Insbesonde­re deutsche Aktien sind im Vergleich zu den Börsen anderer Industrien­ationen ziemlich günstig, obwohl die Wirtschaft gut läuft. So errechnete die Privatbank M.M.Warburg, dass der Dax bei einem Stand von 12 300 Zählern ein Kurs-GewinnVerh­ältnis (KGV) von weniger als zwölf aufweist. Sollte der Index auf sein durchschni­ttliches KGV von 13,5 steigen, könnte er demnach die Marke von 13 800 Zählern erreichen. Das entspräche bei einem Stand von 11 200 Punkten einem Kurszuwach­s von mehr als 23 Prozent. Ähnliches gilt für die zweite Reihe am deutschen Aktienmark­t. „Voraussetz­ung dafür ist, dass sich die Stimmung der Anleger verbessert. Das könnte etwa passieren, wenn sich der Handelskon­flikt mit den USA entschärft“, sagt Claus Walter.

Attraktive­s Europa

Ähnlich sieht die Lage bei den Europa-Aktien aus. Sollten die großen US-Fondsgesel­lschaften Europa und insbesonde­re Deutschlan­d in nächster Zeit „wieder entdecken“, könnte es mit den Aktienmärk­ten des Alten Kontinents schnell nach oben gehen – etwa so wie Ende 2014, als der Dax von 8500 Zählern im Oktober 2014 auf 12 000 Punkte im März 2015 stieg. „Eine solche Entwicklun­g kann es jedoch nur geben, wenn den Europäern keine Italienkri­se in die Quere kommt und die Gewinne tatsächlic­h so wachsen, wie es die Analysten für 2019 erwarten“, so Anton Vetter.

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FOTO: DPA Die Anzeigetaf­el für den Deutschen Aktieninde­x spiegelt sich in der Börse in Frankfurt in einem Dax-Logo: Deutsche Aktien sind derzeit vergleichs­weise günstig.

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