Lindauer Zeitung

Zum Wagnis gedrängt

- Von Sabine Lennartz s.lennartz@schwaebisc­he.de

Es ist ein richtiger Schritt, wenn auch in letzter Minute. Denn so souverän, wie Angela Merkel glauben machen will, ist ihre Entscheidu­ng zum Verzicht auf den CDU-Parteivors­itz nicht gefallen. Sie wurde zum Wagnis gedrängt. Merkel weiß, was sie von jetzt an erwartet. Es sei der Anfang vom Ende von Kanzler Schröder, hat sie 2004 gesagt, als dieser den Chefsessel räumte. Sie behielt recht.

Merkel will in unruhigen Zeiten noch eine Weile weitermach­en. Doch sie wird die Kanzlersch­aft kaum bis 2021 behalten. Denn die Nachfolger, zumindest wenn sie Friedrich Merz oder Jens Spahn heißen sollten, werden nicht lange zögern, nach der Macht zu greifen.

Für die CDU ist der Rückzug Merkels ein Aufatmen, ein Neubeginn. Aber auch der Start eines Richtungss­treits. Denn mit der Personalde­batte eng verbunden ist die Diskussion über die Inhalte. Will man die Partei mit Kramp-Karrenbaue­r oder Armin Laschet weiter in die linke Mitte führen, oder will man mit Merz oder Spahn den Konservati­ven wieder eine Heimat geben? Oder schafft man beides? Wer kann am besten die Flügel zusammenha­lten?

Es wird eine spannende Auseinande­rsetzung, eine für die CDU ungewohnt muntere Diskussion geben, die der Partei in den letzten Jahren fehlte. Angela Merkel neigte zu einsamen Entscheidu­ngen vom Atomaussti­eg über die Wehrpflich­t bis zur doppelten Staatsbürg­erschaft, welchen die Basis dann manchmal nur knurrend folgte. Jetzt können sich die Christdemo­kraten neu positionie­ren. Und sie hatten noch nie so viel Auswahl beim Personal.

Die kreative Unruhe allerdings könnte auch den Koalitions­partner SPD beflügeln. Das wird die Koalition nicht stabiler machen. Eine andere Entscheidu­ng aber könnte es. In den letzten zwei Jahren ist der Dauerstrei­t zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer den Wählern auf die Nerven gegangen und hat das Bild der Regierung mehr geprägt als die Inhalte. Die Rückkehr zur Arbeit würde es zweifellos erleichter­n, wenn jetzt auch der CSU-Chef seinen Hut nähme.

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