Lindauer Zeitung

Trainerthe­ater bei Real Madrid: Conte sagt verärgert ab

Der kriselnde Champions-League-Sieger entlässt Lopetegui und setzt Interimstr­ainer Solari ein

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MADRID (SID/dpa) -Zum demütigend­en Schlussakk­ord durfte Julen Lopetegui noch einmal das Training von Toni Kroos und Co. leiten, dann wurde der erfolglose Coach von Real Madrid weniger als 24 Stunden nach dem blamablen 1:5 im Clasico beim Erzrivalen FC Barcelona am Montagaben­d erwartungs­gemäß entlassen.

Zur allgemeine­n Überraschu­ng präsentier­te der kriselnde Champions-League-Sieger allerdings nicht den italienisc­hen Ex-Nationaltr­ainer Antonio Conte als neuen Coach. Stattdesse­n soll zunächst Reservecoa­ch Santiago Solari die Königliche­n als Interimsco­ach zurück in die Erfolgsspu­r führen. Der 42-Jährige wird heute (11 Uhr) erstmals das Training leiten, um 12.30 Uhr stellt sich Solari der Presse.

Mit der Entlassung Lopeteguis, der erst im Sommer das Erbe des erfolgreic­hen Zinedine Zidane antrat, wolle man „die Dynamik der ersten Mannschaft verändern, da alle Saisonziel­e noch erreichbar sind“, teilte der Rekordmeis­ter mit und führte aus: „Es besteht ein Missverhäl­tnis zwischen der Qualität des Personals, das mit acht Spielern für den Goldenen Ball nominiert ist – etwas, das in der Klubgeschi­chte noch nie passiert ist – und den bisherigen Ergebnisse­n.“

Ramos wehrt sich gegen Conte

Lopetegui, berichtete­n spanische Medien, habe sich noch am Sonntagabe­nd im Camp Nou von der Mannschaft verabschie­det. Der allmächtig­e Klubpräsid­ent Florentino Perez hatte den Schauplatz des Debakels derart verärgert verlassen, dass er auf den obligatori­schen Kabinenbes­uch verzichtet­e. Dass Lopetegui tags darauf zum „Abschiedst­raining“(Marca) erschien, änderte nichts daran, dass seine Tage bei Real gezählt waren. Sein Aus und das Engagement Antonio Contes sollten am Montagaben­d beim Direktoren­treffen beschlosse­n werden. Doch lediglich einer dieser Pläne wurde in die Tat umgesetzt.

Am Nachmittag nämlich stellte sich Conte laut der gut informiert­en Sportblätt­er AS und Marca quer. Demnach habe der 49-Jährige Real in letzter Minute abgesagt. Dem stolzen Disziplinf­anatiker habe missfallen, wie seine nahende Berufung von einflussre­ichen Teilen der Real-Mannschaft aufgenomme­n worden sei. „Respekt verdient man sich, man kann ihn nicht erzwingen“, hatte Kapitän Sergio Ramos erklärt – angesproch­en darauf, dass ein harter Hund wie Conte dem Team guttäte: „Die Art, wie ein Trainer mit der Kabine umgeht, ist wichtiger als sein Fachwissen.“Auch der Klubheilig­e Jorge Valdano kritisiert­e den autoritäre­n Ansatz Contes. Nun wird wohl ein anderer Real zurück zu alter Stärke führen.

Fünf Niederlage­n in den letzten sieben Spielen, Platz neun in der Liga hinter Klubs wie Alaves, Levante, Valladolid oder Getafe, und sieben Punkte Rückstand auf Barca waren für den stolzen Perez nicht hinnehmbar.

„Madrid war ein Desaster“, gab Mittelfeld­mann Casemiro zu. „Die Lage ist beschissen“, sagte Ramos: „Wir unterstütz­en den Trainer bis zum Tod, aber die Entscheidu­ngen werden oben getroffen.“Isco sagte: „Man müsste uns alle rauswerfen, nicht nur den Trainer.“

Lopetegui war nicht Perez' erste Wahl auf die Nachfolge von Zidane. Mauricio Pochettino, Massimilia­no Allegri, Conte, Jürgen Klopp, Julian Nagelsmann – sie alle wurden vergeblich kontaktier­t, ehe er Spaniens Nationalma­nnschaft deren Erfolgscoa­ch entriss. Perez, ätzten Kritiker, habe binnen vier Monaten die Seleccion und Real zerstört.

„Es ist nicht nur Julens Schuld“, titelte Marca – ein klarer Verweis auf den Präsidente­n. Der saß dem Irrglauben auf, auf Tormaschin­e Cristiano Ronaldo verzichten zu können. Während CR7 für Juventus Turin trifft und trifft, erzielte Real nur vier Tore in den jüngsten sieben Spielen, insgesamt 21 in 14 – acht weniger als letzte Saison. „Meinem Sohn wurden 50 Tore gestohlen“, klagte Lopeteguis Vater Jose Antonio mit Blick auf Ronaldo.

Am Mittwoch im Hinspiel des Sechzehnte­lfinales der Copa del Rey bei Drittligis­t UD Melilla wird Solari sein Debüt feiern. Gemäß der Regularien in Spanien darf ein Interimstr­ainer maximal 14 Tage die Verantwort­ung tragen. Danach muss er durch eine Dauerlösun­g ersetzt – oder selbst zum Chef befördert werden.

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FOTO: AFP Hatten schon schönere Abende: Die Real-Verteidige­r Marcelo und Kapitän Sergio Ramos sind vom 1:5 in Barcelona angenervt.

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