Von der Vielfalt der Liedgestaltung
Julian Prégardien und Rudi Spring begeistern mit Rückert-Vertonungen im Stadttheater
und Robert Schumann und Gustav Mahler sind ja in Liederabenden öfters vertreten.
Darüber hinaus hatten sich Julian Prégardien, der als junger Tenor einen besonderen Weg mit stilistisch vielseitigem Repertoire geht, und Rudi Spring, der seit bald 20 Jahren als Dozent für Liedgestaltung an der Münchner Musikhochschule wirkt, als Schatzgräber betätigt. Beide fördern gerne Unbekanntes zu Tage, gehen in die Tiefe, überwinden Hörgewohnheiten.
Und natürlich schuf Spring, der belesene, lustvoll mit der Sprache spielende Komponist, einen kleinen Tenorzyklus, „mit der Stimme von Julian im Ohr“. So zeichnete sich dieses vor zwei Jahren zum 150. Todestag von Friedrich Rückert entstandene Programm durch dramaturgische Geschlossenheit, überraschende Kontraste und intensiven Austausch von Sänger und Pianist aus. Dass Rudi Spring außerdem mit kurzen treffenden Moderationen in freier Rede durch den Abend führte, gab dieser Liederreise zu Rückert noch einen besonderen Schwung.
Julian Prégardien hat den Liedgesang im Blut, in den Genen, im Körper, gestaltete jüngst unter anderem in Hohenems mit seinem Vater Christoph ein Duo-Programm, bei dem die Stimmen kaum zu unterscheiden waren. Und doch gelingt es dem 34-jährigen Tenor, sich freizuschwimmen, seinen eigenen Weg zu gehen, Bekanntes frisch anzugehen und zu gestalten. Wortdeutlichkeit in allen Lagen zeichnet ihn aus, die helle, warme Stimme, die sich so innig verströmen kann, ist wandelbar, kann metallisch oder heldisch glänzen und sich ganz wunderbar im äußersten Pianissimo zurücknehmen. Wirkte die Stimme zunächst in den ersten Schumannliedern noch angespannt, wohl auch von einem Husten beeinträchtigt, so führte er sie zunehmend weicher, zärtlich in Clara Schumanns Geburtsgabe für Robert „Die gute Nacht“, innig seufzend, farbenreich und höchst differenziert in den Vokalfarben.
Die Liedauswahl der Künstler bot ein Kaleidoskop großer und kleiner Kunstwerke, etwa das schlichte „Paradies“von Josephine Lang oder die hochromantisch vollgriffigen Sätze von Robert Franz und Hans Pfitzner. Rudi Spring gestaltete den Klavierpart wohlausgewogen, nicht dominierend, auch nicht zu zurückhaltend, stets eng verbunden mit dem Sänger und die Worte fein unterstreichend. Trockene Ironie, zarte Poesie oder weiche Arpeggien, ein Feuerwerk an Figuren (etwa in Carl Loewes „Irrlichter“) oder eine exaltierte Militärparade spiegelten die Texte aufs Beste.
Und natürlich schuf Spring einen kleinen Tenorzyklus, „mit der Stimme von Julian im Ohr“.
Wie tief sich Rudi Spring auf die Gedichte Rückerts eingelassen hat, zeigte dazu natürlich auch sein „Kleiner Tenor-Zyklus“von fünf Miniaturen: In seinem einleitenden Textvortrag wurden schon Rückerts Worte zu Musik, die Vertonungen ließen in knappen Klavierkommentaren, orientalischen Fantasieklängen oder einer geschwätzig aufgeregten Begleitung Raum für die Stimme Prégardiens und für die Sprachbilder Rückerts.
Viel Besonderes gab es in diesem Liederabend: herausgehoben aber seien doch das fließend schlichte „Du bist die Ruh“Schuberts mit der so fein im Piano angebundenen Kopfstimme, die Gruppe der MahlerLieder mit dem glückseligen „Ich bin der Welt abhanden gekommen“, und der gänzlich neue Blick auf den Balladenkomponisten Carl Loewe. Wer weiß, vielleicht überraschen uns die beiden Künstler im kommenden Loewe-Gedenkjahr ja mit einem ebenso ausgetüftelten Programm.