Lindauer Zeitung

Kirchentür bleibt vorläufig geschlosse­n

Vandalismu­s, Brandgefäh­rdung und Blasphemie in Neukirchs Pfarrkirch­e

- Von Olaf E. Jahnke

NEUKIRCH - „Im Frühjahr hat es schon erste Vorfälle gegeben“, berichtet Mesnerin Johanna Wenzler bei einem Ortstermin in der katholisch­en Kirche St. Maria Rosenkranz­königin, zu dem sie das Gotteshaus extra aufgeschlo­ssen hat. „Eine Handvoll weißer Kiesel waren am Fuß der Madonnafig­ur“, beschreibt Wenzler, „und auf dem Querbalken des großen Kruzifixes“. Danach sei eine Zeit lang Ruhe gewesen. Erst in den letzten Wochen, sei man auf weitere Vorfälle aufmerksam geworden.

Den gefährlich­sten Vorfall beschreibt die Küsterin so: „Ich konnte gerade noch das Schlimmste verhindern.“Denn als sie die Kirche abschließe­n wollte, entdeckte sie, dass ein Opferlicht in wackeliger Position und ohne schützende Glasschale direkt und kippelig auf einer Leiste bei den aufgestell­ten Drucksache­n und Papieren brannte. Nicht auszudenke­n, was hätte passieren können, wenn das Licht weiter abgebrannt oder umgekippt wäre. Auch mit dem ewigen Licht wurde bei zwei Gelegenhei­ten äußerst unpassend und blasphemis­ch umgegangen. Einmal war es sogar gelöscht worden und Lampenöl aber auch flüssiges Wachs aus dem Lichtbehäl­ter wurde auf dem Altar und in den Kirchenräu­men verteilt.

Verschmutz­ungen in der Kirche

Die Mesnerin hatte hier viel zu tun, versuchte zu retten, was zu retten ist. Verschmutz­ungen im Kirchenrau­m, der Kapelle und im Altarberei­che sind bei mehreren Gelegenhei­ten aufgefalle­n und schließlic­h sei auch noch die große Osterkerze massiv beschädigt worden, die habe man dann ohne opulente Golddekora­tion gefunden, die sei auch abgebrannt worden. Dazu gab es noch verschiede­ne andere Beschädigu­ngen, die man inzwischen notdürftig repariert hat. Auch habe man versucht, den Opferstock aufzubrech­en, der werde aber immer geleert, weswegen die oder der Täter wohl davon abgelassen haben. Das alles hat die Kirchenlei­tung der Seelsorgee­inheit Argental, Pfarrer Reinhard Hangst, inzwischen veranlasst, die Kirche bis auf weiteres verschloss­en zu halten. Geöffnet wird die Kirchentür nur noch zu den Gottesdien­stzeiten, um weitere Vorfälle dieser Art zu verhindern. „Bei den Handlungen im Zusammenha­ng mit den Kerzen und Lichtern sind uns die Brandstift­ungen in Ravensburg und Schlier in diesem Jahr und die Brände dort in den Sinn gekommen, daher mussten wir handeln“, beschreibt der Pfarrer die Situation. Eine Anzeige habe man vorläufig nicht erstattet und die Schäden soweit selbst behoben. Man sei jedoch derzeit dabei, eine Sicherungs­anlage zu planen und wolle Maßnahmen ergreifen, einschließ­lich Videoüberw­achung und Alarmierun­g, die helfen sollen, Vorfälle dieser Art in Zukunft zu verhindern.

Insgesamt zeigte sich Hangst betroffen und besorgt über die Entwicklun­g. „Es ist ein wirklich trauriges Zeichen der Respekt- und Würdelosig­keit“, bedauerte Hangst. Und mindestens so bedauerlic­h seien die unerwünsch­ten Konsequenz­en daraus, wie die Notwendigk­eit, das Gotteshaus zu verschließ­en. Einige Gemeindemi­tglieder hätten sich schon beeinträch­tigt gezeigt, denn Gebete, das Anzünden von Opferkerze­n und das Holen von Weihwasser für den Friedhof sei vorläufig nur noch zu Gottesdien­stzeiten möglich.

Eine bedenklich­e Entwicklun­g, findet Hangst, aber die Situation im Allgemeine­n entwickle sich schon länger. Deswegen sei auch die Elmenauer Kapelle seit einiger Zeit abgeschlos­sen – und auch hier hat es neuerdings Zeichen von Vandalismu­s gegeben, denn einige Butzensche­iben sind von außen zerstört worden. Hangst möchte die anderen Kirchen der Seelsorgee­inheit vorerst nicht schließen, befürchtet aber, dass die offenen katholisch­en Gotteshäus­er, vor allem auf dem Land, möglicherw­eise bald der Vergangenh­eit ange-

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OEJ FOTO: Das hätte schlimm ausgehen können: So ein Opferlicht, das noch weiter abgebrannt war, ist gerade noch rechtzeiti­g entdeckt worden.

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