Lindauer Zeitung

Nur Verlierer durch die Iran-Sanktionen

- Von Martin Gehlen

ber Twitter fuhren beide Seiten am Wochenende im Atomstreit noch einmal schwere Geschütze auf. US-Außenminis­ter Mike Pompeo nannte Irans Führung eine Regierung von Missmanage­ment, Diebstahl und Brutalität. Irans Oberster Revolution­sführer Ali Khamenei schrieb, US-Präsident Trump sei eine Schande für die verblieben­en Reste des amerikanis­chen Ansehens. Von Montag an sind nun sämtliche Sanktionen des Weißen Hauses gegen die Islamische Republik wieder in Kraft. Das Embargo soll den Iran mit „maximalem Druck“in die Knie zwingen, seine Ölexporte abwürgen und seinen Anschluss an das internatio­nale Bankensyst­em kappen. Bei einem Hintergrun­dgespräch, berichtete­n USJournali­sten süffisant, habe Pompeo das neue Strafpaket angepriese­n „als lediglich einen Teil der Anstrengun­gen der US-Regierung, das Verhalten von Ajatollah Khomeini zu ändern" – der seit 1989 tot ist.

Als undurchdac­ht empfinden die europäisch­en Unterzeich­nerstaaten des Atomvertra­ges das amerikanis­che Vorgehen. Eine Art Tauschbörs­e soll es EU-Unternehme­n deshalb künftig erlauben, weiter mit Teheran zu arbeiten, ohne in den amerikanis­chen Bannstrahl zu geraten. Iranisches Öl wird dann direkt gegen europäisch­e Güter gehandelt, ohne dass Geld die Seiten wechselt.

Die US-Regierung reagierte „verstört und tief enttäuscht“. Europa legt sich also quer, China und Russland ziehen auch nicht mit. SaudiArabi­en als wichtigste­r regionaler Gegenspiel­er der Islamische­n Republik ist nach dem Khashoggi-Mord internatio­nal angeschlag­en.

Doch auch in der Islamische­n Republik gärt es. Wenige Monate vor dem 40. Gründungst­ag im Februar 2019 ist die Stimmung rebellisch­er und frustriert­er als je zuvor. Den kommenden Monaten sieht die Bevölkerun­g mit einer Mischung aus Angst und Resignatio­n entgegen. Die Wirtschaft­sleistung schrumpft, die Währung verfällt, die Lebensmitt­elpreise haben sich fast verdoppelt. Die meisten ausländisc­hen Firmen, die nach dem Atomvertra­g 2015 zurückgeko­mmen waren, haben wieder die Koffer gepackt. Viele Iraner teilen die Verachtung für US-Präsident Trump, für die heimische Misere jedoch machen sie vor allem Inkompeten­z, Korruption und Vetternwir­tschaft der eigenen Führung verantwort­lich.

Eine Stimmung, die Präsident Hassan Ruhani gegen die Hardliner zu nutzen sucht. „Wir alle wissen, dass das Volk leidet und unter Druck steht“, räumte er kürzlich in einer Rede ein. Doch man könne jetzt nicht einfach hingehen und sagen, das alles liege an dem amerikanis­chen Druck und man selbst könne nichts machen. „Eine solche Antwort ist inakzeptab­el.“

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