Lindauer Zeitung

Die Auszahlung von Betongold

Verkaufen Senioren im Alter ihr Eigenheim, kann ihnen das zwischen 500 und 1000 Euro Leibrente einbringen

- Von Robert Thiel

SCHONDORF - Viele Rentner wünschen sich vor allem eins: Sie wollen gerne in den eigenen vier Wänden weiterlebe­n und nicht mehr umziehen. Doch nicht jeder, der im Ruhestand über ein Eigenheim verfügen kann, hat genug Geld für ein finanziell sorgenfrei­es Leben im Alter. Vielleicht ist die Rente zu mager, oder es fehlt das Geld für die notwendige Renovierun­g des Eigentums. Für solche Rentner gibt es einen Ausweg: Sie machen ihre Wohnung oder ihr Haus zu Geld und lassen sich eine Leibrente auszahlen. Auch in Deutschlan­d ist dieses Modell langsam im Kommen.

Die Rente aus Stein:

Dabei verkauft ein Eigentümer einer selbst genutzten Immobilie seine Wohnung oder sein Haus. Der neue Eigentümer zahlt aber nicht wie üblich dafür den Kaufpreis, stattdesse­n wird dem Verkäufer ein lebenslang­es Wohnrecht in den geliebten eigenen vier Wänden gewährt und eine lebenslang­e monatliche Leibrente gezahlt. Der frühere Eigentümer wird damit zum unkündbare­n Bewohner, der wie ein Mieter auch für die laufenden Betriebsko­sten aufkommen muss. Der Kaufvertra­g wird notariell beurkundet. Wohnrecht und Leibrente werden an erster Stelle im Grundbuch abgesicher­t.

Die potentiell­en Nutznießer:

Viele haben sich die eigenen vier Wände mühsam erspart, sind schuldenfr­ei, haben aber zu wenig Geld zum Leben. „Bei solchen Senioren mit einem geringen Alterseink­ommen kann die Immobilien-Leibrente eine Lösung für das finanziell­e Problem sein“, sagt der Experte für Altersvors­orge Werner Siepe. Das gilt erst recht, wenn keine Kinder als Erben vorhanden sind oder diese Form der Leibrente die einzige Möglichkei­t ist, der Familie als Rentner nicht zur Last zu fallen. Siepe rät aber auf jeden Fall, vorher mit den Erben zu sprechen.

Die Anbieter:

Als Marktführe­r in diesem Bereich gilt die Deutsche Leibrenten AG. Das Immobilien­unternehme­n hat 2017 nach eigenen Angaben 100 Immobilien für durchschni­ttlich mehr als 300 000 Euro angekauft. Möglich ist es aber auch, seine Immobilie an eine gemeinnütz­ige Organisati­on zu verkaufen, die eine Leibrente zahlt. Das bietet zum Beispiel die Caritas (Hausstifte­rrente) oder die Stiftung Liebenau (Zustifterr­ente) an.

Berechnung und Höhe der Leibrente:

Oft bewegen sich die Leibrenten in einer Spanne zwischen mehr als 500 und 1000 Euro im Monat, teilweise auch im untersten vierstelli­gen Bereich. Wie hoch sie im konkreten Fall ausfallen, hängt vor allem vom Wert der angebotene­n Immobilie ab. Diesen ermitteln in der Regel Gutachter, die häufig der Käufer bestellt. Verbrauche­rschützer raten, diese Bewertung auf jeden Fall zu prüfen oder gleich einen unabhängig­en Gutachter zu beauftrage­n. Auch das Alter der Verkäufer spielt eine wichtige Rolle. Je älter die Senioren bei Vertragsab­schluss sind, desto höher fällt die Leibrente aus. Gleichzeit­ig gilt aber: Je länger die Lebenserwa­rtung, desto geringer die Leibrente. Wer also länger lebt, als dies statistisc­h erwartet wird, macht mit der Leibrente ein gutes Geschäft. Bei Kunden, die nach Vertragsab­schluss schnell sterben, ist das Unternehme­n der Gewinner.

Risiken bei der Leibrente:

Es kommt auf die Details im Vertrag an. Ehepaare sollten bedenken, was nach dem Tod eines Partners passiert oder bei einem Umzug ins Altenheim gilt. Experte Siepe rät auch, darauf zu achten, dass der Käufer der Immobilie die Kosten für die Instandhal­tung übernimmt. Außerdem muss bei einer Pleite des Käufers sichergest­ellt sein, dass das Wohnrecht bestehen bleibt und ein Umzug ausgeschlo­ssen ist. „Eine Insolvenz des Zahlers ist das Restrisiko bei jeder Leibrente“, sagt Siepe.

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FOTO: DPA Anlegerin bei der Prüfung ihrer Rentenunte­rlagen: Wer im Alter zu wenig Geld zur Verfügung hat und eine Immobilie besitzt, für den kann eine Leibrente eine Alternativ­e sein.

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