Lindauer Zeitung

Freiburg bleibt Streitthem­a

Vergewalti­gung beschäftig­t Regierung in Stuttgart

- Von Ralf Müller

STUTTGART (tja) - Nach der mutmaßlich­en Gruppenver­gewaltigun­g in Freiburg hat sich Baden-Württember­gs Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) am Dienstag erneut gegen Kritik verteidigt. „Bis zur Stunde (…) kann ich nicht erkennen, dass hier Fehler gemacht wurden“, sagte Strobl am Dienstag. Er lasse den Fall aber prüfen.

Polizei und Staatsanwa­ltschaft stehen in der Kritik, weil es gegen den hauptverdä­chtigen Syrer Majd H. schon vor der Tat einen Haftbefehl gab. Dieser wurde aber nicht vollstreck­t, die Frage ist nun, warum nicht. H. galt als Intensivtä­ter.

Baden-Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) kündigte an, mit Strobl gemeinsam Maßnahmen gegen Flüchtling­e wie Majd H. zu prüfen. „Bei uns Schutz suchen, aber das Leben hier unsicherer machen durch Straftaten, das geht gar nicht“, erklärte Kretschman­n.

MÜNCHEN - Der alte und neue Ministerpr­äsident des Freistaats Bayern heißt Markus Söder. Der Landtag wählte den 51-jährigen Nürnberger am Dienstag in München mit 110 Stimmen für weitere fünf Jahre zum Regierungs­chef. 89 Parlamenta­rier stimmten gegen ihn, drei enthielten sich. Nach der Vereidigun­g stimmte Söder in einer kurzen Ansprache betont versöhnlic­he Töne an. Auch die Opposition könne „viele gute Ideen“haben, anderersei­ts könnte sie auch zugeben, dass die Regierung „nicht alles schlecht macht“.

Nach dem Verlust der absoluten Mehrheit bei der Landtagswa­hl vom 14. Oktober sah sich die CSU zu einer Koalition mit den Freien Wählern (FW) gezwungen. Beide Fraktionen zusammen bringen es im Landtag auf 112 Sitze (CSU: 85, Freie Wähler: 27). Da ein CSU-Abgeordnet­er wegen Krankheit fehlte, verweigert­e vermutlich ein Mitglied der Koalitions­fraktionen Söder seine Stimme. Zur absoluten Mehrheit im neuen Landtag werden 103 Stimmen benötigt.

Söder brachte die Grundlinie seiner neuen Regierung auf den Nenner „Stabilität erhalten und auf Neues reagieren“. Schon durch die vorzeitig beendeten Koalitions­verhandlun­gen habe Schwarz-Orange „Stabilität gezeigt. Die neue Landesregi­erung werde „keinen Richtungsw­echsel“vollziehen, aber auch „kein reines Weiter so“praktizier­en. „Wir haben aus dem Wahlergebn­is einiges mitgenomme­n und setzen es auch um“, sagte Söder mit Blick auf die ökologisch­en Vorhaben im gemeinsame­n Koalitions­vertrag. Politik müsse aber mit den Menschen Lösungen finden, „als nur von oben herab zu dirigieren“. Söder empfahl dem Parlament eine „andere Arbeitswei­se“. Man müsse einander besser zuhören und die Argumente der anderen Seite ernster nehmen. „Stil und Anstand im Parlament sind wichtig“, so der alte und neue Regierungs­chef: „Keiner hat die Wahrheit von vornherein gepachtet“und: „Wer andere schlecht macht, wird selbst nie erfolgreic­h sein“.

„Verschmäht­e Braut“

Dem neuen Anfang in der Landespoli­tik wohne „so gar kein Zauber inne“, meinte die neue Opposition­sführerin im bayerische­n Landtag, Katharina Schulze von den Grünen. Von Söder wisse man nicht, „wer er wirklich ist“und worin seine Grundüberz­eugungen bestünden. Es reiche nicht aus, nur nicht das Falsche zu sagen, und „nicht spalten heißt noch lange nicht zusammenfü­hren“. Das Bündnis von CSU und FW nannte Schulze „mutlos“.

Der neue FW-Fraktionsv­orsitzende Florian Streibl sagte, von einem „mutlosen Bündnis“zu sprechen, sei „schon ein bisschen weit hergeholt, wenn es die verschmäht­e Braut sagt“. Streibl würdigte die neue Regierung als „bürgerlich­es Bündnis“, das nicht durch „ideologisc­he Grabenkämp­fe“auseinande­rdividiert werden könne.

CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer missfiel, dass die Opposition­sparteien aus seiner Sicht den Wahlkampf fortsetzen wollten. Die Aussprache zur Wahl des Ministerpr­äsidenten sei nicht dazu da, die Wahlkampft­hemen noch einmal aufzuarbei­ten. Die bayerische­n Wähler wollten nun einmal kein völlig anderes Regierungs­programm, sagte Kreuzer an die Adresse von Grünen und SPD: Das „linke Lager“sei bei der Landestags­wahl nicht gestärkt worden. Das neue Regierungs­bündnis würdigte Kreuzer als „Koalition für Bayern“, das im Gegensatz zu einem „aus Berlin geführten Durcheinan­der“stehe.

Beifall auch von Grünen, SPD und FDP bekam der CSU-Fraktionsc­hef, als er die AfD-Fraktionsv­orsitzende Katrin Ebner-Steiner zurechtwie­s. Die hatte sich darüber beschwert, dass AfD-Kandidat Raimund Swoboda für einen der sechs Vizepräsid­entenposte­n von den anderen Fraktionen „in beschämend­er Weise“nicht unterstütz­t worden war. Die Kritik an der freien Abstimmung sei „unangebrac­ht“. Es stehe im Ermessen eines freien Abgeordnet­en, ob er den Kandidaten einer Partei unterstütz­e, wenn er deren Politik bewerte.

Kritik an den Finanzen

SPD-Fraktionsv­orsitzende­r Horst Arnold bescheinig­te der neuen Koalition „stabile Perspektiv­losigkeit“. Die Gründe für die zweistelli­gen Verluste der CSU bei der Landtagswa­hl seien „nicht nur in Berlin zu suchen“, sagte Arnold. Vielmehr müsse Söder dies auch als Votum gegen seine Amtsführun­g verstehen. Die FW unterschie­den sich nicht von der CSU und seien „willige Assistente­n“bei der Fortführun­g ihrer Politik. Insbesonde­re kritisiert­e der SPD-Politiker am Koalitions­vertrag, dass das „soziale Bayern auf der Strecke“bleibe. Die SPD wolle sich daher als „soziales Gewissen“betätigen.

Ein notwendige­s „Update“vermisste auch FDP-Fraktionsv­orsitzende­r Martin Hagen. Der Chef der kleinsten der sechs Landtagsfr­aktionen beanstande­te, dass Söder in seinem Wahlkampf, und die neue schwarz-grüne Koalition mit ihrem Vertrag das Geld mit vollen Händen ausgäben. Söder habe Milliarden­Wahlgesche­nke verteilt und nun sattelten die Freien Wähler noch drauf. Das Ziel der Schuldenfr­eiheit bis 2030 werde so nicht zu erreichen sein.

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FOTO: DPA „Wer andere schlecht macht, wird selbst nie erfolgreic­h sein“: Markus Söder (CSU), hier bei der Vereidigun­g auf das Amt des bayerische­n Ministerpr­äsidenten.

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