Lindauer Zeitung

Tänzerinne­n gehen mit James Wilton auf Walfang

„Leviathan Evolution“: Profis und Nachwuchst­änzerinnen begeistern das Publikum im Spielboden Dornbirn

- Von Yvonne Roither

DORNBIRN/LINDAU - Für die jungen Tänzerinne­n vom Tanzhaus Lindau ist es schon ein Erlebnis, einmal im Jahr mit Profitänze­rn zu trainieren. Dass sich diese sogar mit ihnen auf die Bühne wagen, um eine erfolgreic­he Choreograf­ie neu einzustudi­eren, ist ein Experiment, das seinesglei­chen sucht. James Wilton, einer der führenden englischen Choreograf­en und Tänzer, und das Tanz-istFestiva­l haben es gewagt. Herausgeko­mmen ist ein sensatione­ller Abend im ausverkauf­ten Spielboden Dornbirn, bei dem alle über sich herausgewa­chsen sind.

Der weiße Wal ist zurück. Und mit ihm Käpten Ahab, der besessen ist von der Idee, den weißen Wal zu fangen. Die Bestie Moby Dick, gewaltig und gefährlich und dennoch voller Ruhe und Schönheit. Vergangene­s Jahr hat die James Wilton Dance Company bereits beim Tanz-ist-Festival ihr abendfülle­ndes Werk „Leviathan“vorgestell­t. Die Kritiken waren überragend, Nominierun­gen für verschiede­ne Preise folgten.

Herausford­erung für Profis und Nachwuchst­änzer

So etwas rührt man nicht an, so etwas verändert man nicht, sollte man meinen. Nicht so James Wilton. Der Ausnahmetä­nzer, der seit einigen Jahren das profession­elle Tanztraini­ng beim Tanz-ist-Festival leitet, ging diesmal einen Schritt weiter. Er wollte, dass seine Compagnie mit den jungen Tänzerinne­n aus Lindau und Vorarlberg gemeinsam auf der Bühne steht, um sein Werk weiterzuen­twickeln: „Leviathan Evolution“.

Die Zeit ist knapp. Zwei Wochen intensives Training mit James Wilton und seiner Frau Sarah Jane Taylor müssen für die Nachwuchst­änzerinnen reichen, eine Woche im Sommer, eine Woche im Oktober. In der Zwischenze­it feilen die Tänzerinne­n mit Anne Thaeter, Leiterin des Tanzhauses Lindau und Jungen Ensembles Vorarlberg, an der Choreograf­ie. Am Ende gibt es zwei Proben mit allen Tänzern der Compagnie – dann fällt der Vorhang für den Kampf auf dem Meer.

Die Profitänze­r sind, wie erwartet, eine Klasse für sich. Wenn sich James Wilton in den fanatische­n Kapitän Ahab verwandelt, stockt dem Publikum der Atem. Er brüllt, schreit, stampft – seine Verzweiflu­ng bahnt sich in eindringli­chen Bewegungen ihren Weg. Sein Gegenspiel­er, der wilde, aber auch grazile und schöne Wal, wird einfühlsam und virtuos getanzt von Sarah Jane Taylor. Ahabs Matrosen überzeugen indes durch Sprungkraf­t und Akrobatik, wenn sie beim Kampftanz Capoeira über die Bühne wirbeln. Doch der Blick bleibt auch immer wieder an den jungen Tänzerinne­n hängen. Überrasche­nd, wie gut sich die Amateure in diese atemberaub­ende Choreograf­ie einfügen. Mal sind sie ein Teil der Besatzung, die ihrem Kapitän blind in das gefährlich­e Abenteuer folgt, dann wiederum reihen sie sich in die Wal-Familie ein.

Wer die jungen Frauen tanzen sieht, staunt: über ihre Technik, vor allem aber über ihre Bühnenpräs­enz und wie selbstbewu­sst sie neben den Profis agieren. „Die Zusammenar­beit mit ihnen hat aus uns das Beste rausgeholt“, sagt die Tänzerin Eugenie Ciebrant. Das belohnt das Publikum mit tobendem Applaus.

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FOTOS (3): MICHAEL SCHEYER James Wilton erarbeitet mit jugendlich­en Tänzerinne­n aus Lindau und Vorarlberg eine neue Version seines erfolgreic­hen Werks.
 ??  ?? Technik, Dynamik und große Bühnenpräs­enz zeigen die Tänzer bei Leviathan Evolution.
Technik, Dynamik und große Bühnenpräs­enz zeigen die Tänzer bei Leviathan Evolution.
 ??  ?? Mit dabei sind auch (von links): Elisha Leoncio Leon, Julia Roither und Eugenie Ciebrant vom Tanzhaus.
Mit dabei sind auch (von links): Elisha Leoncio Leon, Julia Roither und Eugenie Ciebrant vom Tanzhaus.

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