Lindauer Zeitung

Der gelassene Kaeser

Technologi­ekonzern Siemens legt Jahreszahl­en vor

- Von Matthias Arnold

MÜNCHEN (dpa) - Die Baustellen sind zahlreich, doch für SiemensChe­f Joe Kaeser gilt bei der Vorlage der Geschäftsz­ahlen vor allem eins: Gelassenhe­it ausstrahle­n. Krise im Kraftwerks­geschäft? Klar, aber die notwendige­n Umstruktur­ierungen seien eingeleite­t. Ringen um einen Milliarden-Auftrag im Irak? Abwarten, das eigene Angebot sei überzeugen­d. Noch fehlende EU-Zustimmung für die Bahnfusion mit Alstom? Wenn die Genehmigun­g ausbleibe, behalte der Konzern eben eine hochprofit­able Bahnsparte.

Siemens befindet sich im Umbruch. Kaeser möchte die Struktur des Mischkonze­rns schlanker gestalten, den einzelnen Geschäftsb­ereichen mehr Eigenveran­twortung geben. Drei operative Gesellscha­ften bleiben im Unternehme­n: Die angeschlag­ene Kraftwerks­sparte, das Geschäft mit digitalen Industrie-Prozessen sowie mit Lösungen für eine künftige smarte Infrastruk­tur. Die Vorbereitu­ngen für das Vision 2020+ genannte Vorhaben liefen nach Plan, sagte Kaeser.

Die neue Struktur bedeutet die Auslagerun­g von drei Geschäftsb­ereichen. Zwei davon – die Medizintec­hnik und das Windkraftg­eschäft – sind bereits an der Börse und liefern überzeugen­de Zahlen. Demnächst soll die Bahntechni­k mit dem französisc­hen Konkurrent­en Alstom fusioniert werden und dann folgen. Offen ist die Zustimmung der EU-Kartellwäc­hter.

Kaeser gab sich zuversicht­lich. Aber: „Für den Fall, dass das nicht gelingt, haben wir das beste Mobilitäts­unternehme­n der Welt“, sagte er mit Blick auf einen Rekordumsa­tz der Bahntechni­ksparte von gut 2,3 Milliarden Euro im vierten Quartal. Auch mit den gesamten Zahlen dürften die Anleger zufrieden sein. Der Umsatz 2018 lag mit gut 83 Milliarden Euro leicht über dem Vorjahr. Der Gewinn nach Steuern stieg leicht auf 6,12 Milliarden.

Sorgenkind bleibt die Kraftwerks­sparte. Wegen Überkapazi­täten bei Gasturbine­n am Markt und des Trends zu erneuerbar­en Energien mussten die Münchner Tausende Stellen streichen. Der Umbau kostet viel Geld und ließ den Gewinn im vierten Quartal um nahezu die Hälfte einbrechen. 681 Millionen Euro verdiente Siemens in den letzten drei Monaten des abgelaufen­en Geschäftsj­ahres unterm Strich – nach 1,25 Milliarden Euro im Vorjahresz­eitraum.

Für etwas Entspannun­g könnte daher ein Milliarden­deal im Irak sorgen. Um elf Gigawatt will Siemens dort die Stromerzeu­gungskapaz­itäten in dem krisengesc­hüttelten Land ausbauen – inklusive Ausbildung­sprogramme und Jobs vor Ort. Eine Absichtser­klärung hat Kaeser dort unterzeich­net, doch ob und in welcher Form Siemens zum Zug kommt, ist offen. Denn auch US-Konkurrent General Electric hat ein Angebot zum Ausbau vorgelegt – mit Unterstütz­ung von US-Präsident Donald Trump, wie Medienberi­chte nahelegen.

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FOTO: AFP Joe Kaeser bei der Vorstellun­g der Geschäftsz­ahlen. Der Siemens-Chef gibt sich unerschütt­erlich optimistis­ch.

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