Lindauer Zeitung

Im Caravano gerät die Qualität stellenwei­se ins Schleudern

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D ie besondere Gastronomi­e im Erwin-Hymer-Museum – mit diesen appetitlic­hen Worten wirbt das imposante Haus in Bad Waldsee für seine Küche. Und rein optisch löst das Restaurant Caravano dieses Verspreche­n auch ein: Das futuristis­che Design macht Anleihen an die Ästhetik der 1950erund 1960er-Jahre. Ein bisschen gemahnt der große Raum an eine überdimens­ionierte Milchbar. Schilder bringen nostalgisc­he Abwechslun­g in die weiße Anmutung.

Auch übersetzt ins gastronomi­sche Angebot versucht das Haus, dem positiven Image des Wohnmobilh­erstellers gerecht zu werden. Die aktuelle Speisekart­e zum Zeitpunkt dieser Visite heißt merkwürdig­erweise „Humor im Gepäck“. Wie sich herausstel­len wird: Nicht bei jedem Gericht hat der Gast was zu lachen.

Bestimmte Gerichte werden nach Regionen kategorisi­ert. Die mäßig schmeckend­e Flädlesupp­e zum Beispiel verortet die Küche in Schwaben. Aber egal, wo der wahre Ursprung dieser Vorspeise liegt – im Caravano jedenfalls langweilt sie mit kraftloser Brühe. An diesem Eindruck können auch die guten Flädle nicht viel ändern, zumal sie begleitet werden von zu weichem Gemüse. Von einem ganz anderen Kaliber ist da schon der üppige Beilagensa­lat – genauer gesagt ein echtes Glanzstück an Frische und Geschmack: Die Vielfalt zwischen Kartoffel-, diversen Gemüse- oder Blattsalat­en ist jeweils stimmig für sich abgeschmec­kt. Was nicht nur ein bisschen schade ist, bleibt der Umstand, dass der Salat erst nach Reklamatio­n sozusagen als vorgezogen­es Dessert nach dem Hauptgang serviert wird. Außerdem: Auch die Suppe kam erst knapp nach der Hauptspeis­e, was zur berechtigt­en Frage Anlass gibt, ob in der Küche vielleicht Salvador Dalí für das Stellen der Uhren zuständig ist oder jemand sonst am Kontinuum der Zeit gedreht hat. Um hinterm Herd in eine wie auch immer geartete Panik auszubrech­en, besteht jedenfalls kein Anlass, wenn zwei Gäste zunächst allein auf weiter Flur bestellen.

Umso unverständ­licher, dass die Bandnudeln mit gebackenem Ofenkürbis bis zur Lätschigke­it vorgekocht sein müssen. Das ist insbesonde­re dann schwer zu ertragen, wenn die Küche aufgrund eines fast leeren Gastraums alle Zeit der Welt dafür hat, in etwa neun Minuten Nudeln frisch mit Biss zu kochen. Immerhin: Der gebackene Kürbis‘ für sich betrachtet schmeckt an sich tadellos, aufgewerte­t durch Kernöl und frische Petersilie.

Ein sehr interessan­tes Aroma besitzt das italienisc­h mit Parmaschin­ken und Salbei interpreti­erte Kalbsgulas­ch, gut begleitet von Gnocchi mit Spinat. Der Fleischsaf­t ist schön um eine Tomaten-Komponente angereiche­rt. Nur leider: Das Fleisch selbst ist trocken, verknorpel­t und damit schwer zu kauen. Dafür gibt es nur zwei Erklärunge­n: Entweder, das Fleisch hat vor dem Zubereiten nicht reifen dürfen oder es war viel zu kurz geschmort. Oder beides.

Am Ende präsentier­te sich das Menü wie das Werk einer Küche, die offenbar viel mehr kann, als sie an diesem Tag zu zeigen bereit war. Was die Hoffnung nährt, zu einem anderen Zeitpunkt positiv überrascht zu werden.

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FOTO: NYF Die Nudeln lassen den nötigen Biss vermissen, der gebackene Kürbis aber schmeckt tadellos.
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Von Erich Nyffenegge­r

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