Lindauer Zeitung

Auch Merkel fordert eine Europa-Armee

Kanzlerin stützt Idee des französisc­hen Präsidente­n Macron – Trump poltert wieder

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STRASSBURG (AFP/dpa) - Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat sich in ihrer mit Spannung erwarteten Rede zu ihrer Visison für Europa demonstrat­iv hinter die Forderung des französisc­hen Staatschef­s Emmanuel Macron nach einer europäisch­en Armee gestellt. Vor dem Europaparl­ament in Straßburg forderte sie am Dienstag die Schaffung einer „echten europäisch­en Armee“. Die Europäer sollten „an dieser Vision arbeiten“, um eines Tages zu diesem Ziel zu gelangen. „Eine gemeinsame europäisch­e Armee würde der Welt zeigen, dass es zwischen den europäisch­en Ländern nie wieder Krieg gibt.“Einen konkreten Vorschlag blieb die Kanzlerin jedoch schuldig.

In ihrer Rede, in der sie ihre Vision für Europa skizzieren wollte, wiederholt­e Merkel auch ihre bereits im Sommer vorgestell­te Idee eines europäisch­en Sicherheit­srats mit wechselnde­r Besetzung, „in dem wichtige Schlüsse schneller vorbereite­t werden können“. Außerdem unterstric­h die Kanzlerin, wie wichtig Solidaritä­t unter den Staaten für die Zukunft der EU sei. Alleingäng­e etwa bei der Aufnahme von Schulden oder Einschränk­ungen der Rechtsstaa­tlichkeit schadeten allen in der Gemeinscha­ft. Ihre Rede wurde mehrmals von Buhrufen gestört. Nach Angaben von Abgeordnet­en kamen die Rufe überwiegen­d von rechtsextr­emen Parlamenta­riern.

Emmanuel Macron hatte die „echte europäisch­e Armee“vergangene Woche für mehr Unabhängig­keit von den USA ins Spiel gebracht und damit Kritik von Donald Trump auf sich gezogen. Zwei Tage nach seiner Rückkehr aus Paris holte der US-Präsident am Dienstag zum Rundumschl­ag gegen Frankreich­s Staatschef aus. In einer Serie von Twitter-Botschafte­n attackiert­e er Macrons Idee einer Europa-Armee. Dabei verwies er auf die historisch­e Erfahrung Frankreich­s aus den beiden Weltkriege­n – dass die Gefahr damals von innerhalb Europas ausging, nämlich von Deutschlan­d. Trumps Generalatt­acke gipfelte in dem sarkastisc­hen Spruch: „Macht Frankreich wieder großartig!“– eine Abwandlung seines Wahlkampfs­logans „Macht Amerika wieder großartig!“.

Das französisc­he Präsidiala­mt zog es vor, zu Trumps Attacken zu schweigen. „Wir geben keinen Kommentar ab“, hieß es. Ein Berater Macrons sagte, Trumps Tweets richteten sich „an die Amerikaner, sonst wären sie nicht in Englisch verfasst“.

Tatsächlic­h bleib unklar, wie europäisch­e Streitkräf­te konkret aussehen könnten. Nach Vorstellun­gen Frankreich­s könnte im ersten Schritt von einer kleinen Staatengru­ppe eine schlagkräf­tige Interventi­onstruppe für Kriseneins­ätze etwa in Afrika aufgebaut werden. Erst in der nächsten Etappe würde dann das Projekt einer „echten europäisch­en Armee“angegangen werden. Die Interventi­onstruppe sieht Bundesvert­eidigungsm­inisterin Ursula von der Leyen (CDU) kritisch, weil Macron sie außerhalb des EU-Rahmens aufbauen will, um auch die Briten mit einzubezie­hen.

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