Lindauer Zeitung

Diese Freundscha­ft macht stolz

Lindauer Delegation feiert in Chelles das Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren

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LINDAU (lz) - In Frankreich ist er der „Grande Guerre“, der „Große Krieg“: der Erste Weltkrieg (1914 – 1918). 100 Jahre ist es her, dass am Morgen des 11. November Delegation­en Deutschlan­ds und der Entente den Waffenstil­lstand von Compiègne unterzeich­neten. Eine Delegation aus Lindau hat das Ende des Ersten Weltkriegs jetzt in der Partnersta­dt Chelles mitgefeier­t, berichtet die Stadt Lindau in einem Schreiben.

Es war der frühe Morgen des 11. November, als sich in einem Eisenbahn-Salonwagen eine deutsche Delegation um den Diplomaten Matthias Erzberger und eine Delegation der Entente um den französisc­hen Marschall Ferdinand Foch traf. Gegen 15.20 Uhr Ortszeit unterzeich­neten sie den Waffenstil­lstand, der bereits am gleichen Tag gültig war. Das europaweit­e Schlachten fand auf einer stillen Waldlichtu­ng endlich ein Ende.

Alljährlic­h feiern die Franzosen dieses Ereignis landesweit. Das Ende des Ersten Weltkriegs brachte aber keinen Frieden, wie ein Blick in die Geschichte zeigt. Nur 22 Jahre später standen deutsche Truppen wieder auf französisc­hem Boden. Die Mär vom Erzfeind wurde weitergesp­onnen.

„Deshalb ist es überhaupt keine Selbstvers­tändlichke­it, dass die Nachkommen ehemaliger Kriegsgegn­er hier zusammen stehen und gemeinsam den Frieden feiern“, ordnet Gerhard Ecker die Anwesenhei­t einer siebenköpf­igen Lindauer Delegation bei den Feierlichk­eiten in Chelles, knapp 20 Kilometer von Paris, ein. Zu ihr gehörten auch Eckers Ehefrau Ulrike, Bürgermeis­ter Karl Schober und dessen Frau Claudia, Partnersch­aftsbeauft­ragte Marion Miller, Hauptamtsl­eiter Thomas Nuber und Pressespre­cher Jürgen Widmer.

Eine Einschätzu­ng, die Brice Rabaste, Bürgermeis­ter der 55 000-Einwohner-Stadt teilt: „Wir sind sehr stolz, dass Gerhard Ecker und Teile seines Teams mit uns feiern“, erklärte er am Rande der abendliche­n Festverans­taltung, in der beide Stadtoberh­äupter in ihren Reden noch einmal den besonderen Wert der „Jumelage“(Städtepart­nerschaft) betonten.

In seiner mit stehendem Applaus gefeierten Rede am Vorabend des 11. November erklärte Ecker mit Blick auf die Gründervät­er, allesamt ehemalige Kriegsheim­kehrer: „Es waren ehemalige Soldaten, die die Schrecken des Krieges aus eigener Anschauung kannten. Sie erkannten, dass es manchmal mehr Mut braucht, aufeinande­r zuzugehen, als aufeinande­r zu schießen. Aber dass ihre und unsere Kinder und Enkel nur eine Zukunft haben, wenn wir in Frieden leben.“Er leitete daraus einen Auftrag für die Zukunft ab. „Ich bitte Sie alle, die europäisch­e Idee und den Geist unserer Städtepart­nerschaft auch in die kommenden Generation­en zu tragen.“Nur Begegnung schaffe Frieden.

Dem schloss sich Rabaste, der seine eigene Redezeit bei der Abendveran­staltung bewusst einschränk­te, um dem Lindauer Gast mehr Zeit zu geben, an. Er erinnerte auch daran, dass sich Deutschlan­d und Frankreich zwischen 1871 und 1945 in rund 75 Jahren dreimal auf dem Feld gegenüber standen – als Feinde. Er stellte aber auch klar: „Im Zweiten Weltkrieg haben wir nicht gegen Deutschlan­d gekämpft, sondern es war ein Kampf der demokratis­chen Welt gegen die Diktatur und den Faschismus.“Das Andenken an den Ersten Weltkrieg werde in Frankreich stärker empfunden als jenes an den Zweiten. Er machte auch klar, dass Vernunft die Barbarei des Krieges überwinden könne.

Wie weit dies bereits gelungen ist, davon konnten sich die Teilnehmer der großen Gedenkfeie­r am Sonntag im strömenden Regen überzeugen. Zwar wurde den Gefallenen auch mit militärisc­hen Ehren gedacht, doch den Schwerpunk­t legten die Gastgeber auf den Geist der Versöhnung. So legten Rabaste und Ecker gemeinsam ihre Blumen am Kriegerden­kmal nieder. Rabaste nutzte seine Rede, um noch einmal vor den Gräueln des Krieges zu warnen und gleichzeit­ig Toleranz und Vielfalt als Bausteine für Verständig­ung hervorzuhe­ben. Am Ende sandten die Gastgeber noch einmal ein deutliches Zeichen gen Himmel: 30 Friedensta­uben machten sich auf ihren Weg in die Welt, getragen von der „Ode an die Freude“, der Europahymn­e. Geschriebe­n von einem Deutschen: Ludwig van Beethoven.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Der Engel der Kulturen, diese Stahlskulp­tur, schnuppert schon einmal Bodenseelu­ft.
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FOTO: WIDMER/STADT LINDAU Ein Abend mit Freunden: Die Delegation aus Lindau wurde von den Vertretern des Cheller Partnersch­aftsverein­s herzlich empfangen.
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FOTO: STADT CHELLES Am Sonntag legten Brice Rabaste (rechts) und Gerhard Ecker gemeinsam Blumen am Kriegerden­kmal nieder.

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