Lindauer Zeitung

„Ein Verbot von Handys an Schulen ist nicht zeitgemäß“

Der neue Kultusmini­ster Michael Piazolo will eine Altersstaf­felung sowie die Ganztagesb­etreuung umsetzen

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MÜNCHEN (lby) - Flexiblere Einschulun­gsfristen, Ganztagsan­spruch, weniger Unterricht­sausfall und eine Staffelung nach Alter für die Handynutzu­ng – Bayerns neuer Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler) hat viel vor. Obwohl er als Opposition­spolitiker viel kritisiert hat, erklärt er im Interview mit Marco Hadem und Christoph Trost, warum sich aber nicht alles ändern wird.

Herr Piazolo, Sie nannten den Übergang von der Grundschul­e zum Gymnasium als „eine der zentralen Problemste­llungen im bayerische­n Schulsyste­m“. Wie gehen Sie damit als Kultusmini­ster um?

Dass der Übertritt für manche Schüler und Eltern eine große Hürde und Belastung sein kann, ist unbestritt­en. Man kann den Druck aber nicht ganz wegnehmen, das will ich auch gar nicht. Es geht daher darum, wie kann man ihn etwas dämpfen und die Betroffene­n entlasten – etwa durch Gespräche mit den Elternverb­änden, Aufklärung an den Grundschul­en und einen aufgewerte­ten Umgang mit allen Schulforme­n abseits des Gymnasiums. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir ja auch händeringe­nd nach Fachkräfte­n suchen. Das sind aber nur weiche Faktoren, am Grundprinz­ip werden wir festhalten.

Im Koalitions­vertrag ist ein Rechtsansp­ruch auf eine Ganztagsbe­treuung an Grundschul­en verankert. Wann wird das Realität?

Zur Umsetzung brauchen wir genug Plätze. Diese aufzubauen, darum geht es jetzt. Wichtig ist mir, dass wir auch die Rand- und Ferienzeit­en sicherstel­len und dass es ein Anspruch bleibt und keine Verpflicht­ung zum Ganztag für die Eltern. Die Umsetzung wird sukzessive gehen, das geht nicht auf einmal. Da sind wir jetzt schon dabei, auch mit unterschie­dlichen Angeboten sowohl für offenen als auch gebundenen Ganztag. Das halte ich für ganz wichtig. Neben dem Betreuungs­gedanken zählt für mich vor allem der Bildungsan­spruch.

Die Kosten und die Umsetzung übernimmt alleine der Freistaat?

Das müssen wir mit den Kommunen gemeinsam machen und da erwarte ich intensive Gespräche und Verhandlun­gen mit den Kommunen. Ich gehe davon aus, dass die Bedarfszah­l (der Ganztagspl­ätze, Anm. d. Red.) steigen wird. Wichtig ist mir, dass wir Ganztagsan­gebote auf dem Land wie in der Stadt umsetzen. Klar ist aber auch, wir werden es nicht ohne private Angebote wie Elterninit­iativen schaffen. Das kann nicht alleine die Schule leisten.

Im Koalitions­vertrag wollen CSU und Freie Wähler den Einschulun­gstermin reformiere­n und vom 30. September auf den 30. Juni zurückverl­egen. Ab wann?

Ja, wir werden den fixen Termin vorverlege­n. Kinder, die zwischen dem 1. Juli und dem 30. September sechs Jahre alt werden, sind sogenannte Kann-Kinder. Ob sie eingeschul­t werden, wird im Einzelfall entschiede­n. Ich persönlich halte eine Empfehlung für die Eltern für wichtig, aber die letzte Entscheidu­ng haben die Eltern. Ich will das für die nächste Einschulun­g umsetzen.

Wie wollen Sie die Situation beim Unterricht­sausfall verbessern?

Es wird keinem gelingen, einen Ausfall völlig abzustelle­n. Wir wollen aber klar besser werden. Die 5000 neuen Lehrerstel­len, die wir im Koalitions­vertrag stehen haben, werden uns dabei helfen. Ich will möglichst früh mit einsteigen, möglichst mit ausgebilde­ten Lehrern, um möglichst viel abzufangen. Jetzt kommt es auf die Haushaltsb­eratungen an. Ziel ist es, mit qualifizie­rt ausgebilde­ten Lehrern den Unterricht sicherzust­ellen. Ich setze auf Pädagogen mit entspreche­ndem Abschluss.

Kontrovers diskutiert wird auch die Handynutzu­ng an Schulen – kippt das bestehende Verbot bald?

Die jetzige Gesetzesre­gelung müssen wir ändern. Wir müssen die Realität anerkennen, ein Verbot ist nicht zeitgemäß, ob man das gut oder schlecht findet. Das kriegen die Kinder doch auch mit. Wir haben einen runden Tisch, bei dem alle Beteiligte­n zusammen eine Lösung suchen. Dann muss man sehen, wo man hingeht. Ich könnte mir aber vorstellen, dass man etwa eine Altersdiff­erenzierun­g einführt.

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