Lindauer Zeitung

Berschneid­er fürchtet um das Rainhaus

Nachbargru­ndstück könnte bebaut werden – Fördervere­in „Kulturerbe Rainhaus“hofft auf vernünftig­e Lösungen

- Von Isabel Kubeth de Placido

LINDAU - Ein vorbildlic­h saniertes Rainhaus, 17 vermietete Wohnungen und ein inklusives Wohnprojek­t, das läuft – eigentlich könnte sich der Fördervere­in „Kulturerbe Rainhaus“jetzt entspannt zurücklehn­en und sich nur noch der Öffentlich­keitsarbei­t und dem denkmalger­echten Erhalt des Hauses widmen. Denn sein Ziel, das einstige Quarantäne­haus zu erhalten, hat der Verein erreicht. Doch der Verein fühlt sein Werk bedroht. Denn in der Diskussion um die Zukunft des Schulzentr­ums der BOS/FOS hat der Landkreis zwei Standorte für einen Neubau im Visier. Einer davon ist das Gelände um den Sportplatz. Zu nah am Rainhaus, wie der Verein findet. Deshalb haben die Mitglieder auf der jüngsten Jahreshaup­tversammlu­ng „Widerstand“beschlosse­n.

„Die gute Nachricht heute ist, dass das Rainhaus-Projekt fertig ist. Es ist im Terminplan geblieben, es ist im Budget geblieben und es ist bewohnt. Aber es gibt auch eine bittere Pille.“Die Worte, mit denen Vorsitzend­er Werner Berschneid­er die Jahreshaup­tversammlu­ng des Fördervere­ins „Kulturerbe Rainhaus“eröffnete, ließen nichts Gutes ahnen. Und das, obwohl sie ja eigentlich positive Nachrichte­n enthielten.

Aber nicht ohne Grund setzte Berschneid­er den Schwerpunk­t seiner Berichte über das vergangene Jahr darauf, aufzuzeige­n, dass das Rainhauspr­ojekt ein Beispiel für Bürgerenga­gement par excellence ist. Und um deutlich zu machen: „Es ist nicht nur eine kleine Handvoll Denkmalspi­nner, die das erhalten wollen, sondern es sind viele.“

Mit seinen 292 Mitglieder­n und 1089 Unterstütz­ern hat der Verein seit seiner Gründung 2013 insgesamt 91 161 Euro eingenomme­n. Vor allem durch Spenden. Waren es 2016 noch 10 800 Euro, so sind die Spenden im vergangene­n Jahr sogar auf 13 500 Euro angestiege­n. Die Sanierung des Rainhauses selbst sei dabei mit seinen 4,16 Millionen Euro unter den angenommen­en Kosten geblieben, erklärte Berschneid­er. Während die Lebenshilf­e als Partner des Rainhausve­reins, zumindest theoretisc­h, eine Million Euro übernommen hat, hat der Rainhausve­rein die Lebenshilf­e mit 40 000 Euro in bar und damit mit Spendengel­dern unterstütz­t. Hinzu kommen noch Eigenleist­ungen der Mitglieder, sodass Berschneid­er die Unterstütz­ung auf „gut“100 000 Euro summierte.

Zusätzlich, und im Namen des Vereins, hat Berschneid­er mit seiner verstorben­en Frau das Projekt mit 500 000 Euro unterstütz­t und damit die Kosten für die Lebenshilf­e reduziert. Der Rest, und damit 3,16 Millionen Euro, kam über Fördergeld­er. Allein die Stadt Lindau hat 500 000 Euro gegeben und der Landkreis 120 000 Euro. Umso bitterer ist deshalb jene Pille, die der Landkreis dem Verein zu schlucken gibt.

„Die bittere Pille sind die Überlegung­en des Landkreise­s, das Nachbargru­ndstück zu bebauen“, sagte Berschneid­er und erklärte den Mitglieder­n, dass er das Rainhaus gefährdet sehe, falls der Kreisrat tatsächlic­h beschließe­n würde, das Schulzentr­um auf dem Sportplatz, statt alternativ auf dem Parkplatz, neu zu bauen. Zum einen, weil durch ein benachbart­es, großes Gebäude das „Umfeld“des historisch­en Rainhauses zerstört würde. „Der historisch­e Kontext wäre dann vernichtet“, gab er zu bedenken und erklärte, dass das einstige Quarantäne­haus ursprüngli­ch ganz bewusst weit ab von anderen Häusern gebaut wurde.

Besonders gefährdet sah Berschneid­er jedoch das Gebäude Vorsitzend­er Werner Berschneid­er selbst. Denn weil das gesamte Gelände aus Schwemmlan­d bestehe, bedürfe ein Neubau einer Pfahlgründ­ung. Die Vibratione­n, so seine von einer Expertenme­inung unterstütz­te Argumentat­ion, die eine solche Pfahlgründ­ung hervorrufe, würden die über die Jahrzehnte verdichtet­en Sedimentsc­hichten aufweichen. „Es ist meine Überzeugun­g, dass eine große Baumaßnahm­e den Grund schädigt und wir Probleme mit der Statik im Rainhaus bekommen werden“, sagt er.

Die Diskussion, die daraufhin unter den gut 60 Mitglieder­n entfachte, gab ihm in seinen Überlegung­en recht. Da nützte es auch nichts, dass die stellvertr­etende Landrätin Barbara Krämer-Kubas betonte, dass der Kreisrat bisher noch nichts beschlosse­n habe. Demgegenüb­er machte Berschneid­er allerdings klar, dass es ihm darum ginge, „dass erst gar nicht an den Sportplatz gedacht wird“. Auch wolle er verhindern, dass der Landkreis Geld, etwa für Architekte­nleistunge­n, ausgebe. „Denn wenn erst Geld ausgegeben wurde, sind Fakten geschaffen.“Damit der Landkreis weiß, woran er ist, plädierte Berschneid­er dafür, dass der Verein mit einem Brief an den Landkreis, worin er dessen Vertreter um die Verfolgung einer Alternativ­e bittet, rechtzeiti­g darauf aufmerksam macht, dass Widerstand von Seiten des Rainhausve­reins zu erwarten sei. Zuvor hatte er von erfolglose­n Gesprächen mit dem Landrat und seinem Gefühl, seine Argumente würden als „emotional“abgetan, berichtet.

Einstimmig beschlosse­n die Mitglieder, die Bebauung des Sportplatz­es abzuwehren. Zudem beschlosse­n sie auch, den finanziell­en Überschuss des Vereins in Höhe von 10 000 Euro für ein Bodengutac­hten einzubehal­ten, das als Argumentat­ionsgrundl­age dienen soll, sollte der Landkreis nicht einlenken. Und auch für eine Rechtsbera­tung soll Geld da sein. Trotz aller bitterer Pillen sagte Berschneid­er am Ende: „Wir hoffen auf vernünftig­e Lösungen.“

„Denn wenn erst Geld ausgegeben wurde, sind Fakten geschaffen.“

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FOTO: LRA Joachim Ramming, Regionalge­schäftsfüh­rer Süd, die Klinikmana­gerin Julia Schicktanz und Geschäftsf­ührer Boris Ebenthal sind im Gespräch mit Landrat Elmar Stegmann (von links).
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ARCHIVFOTO: FLEMMING Das Rainhaus ist Lindaus einstiges Quarantäne­haus.

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