Netzausbau-Pläne werden überarbeitet
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger greift Kritik vieler Bürgerinitiativen auf
REDWITZ AN DER RODACH (dpa) Neue Leitungen im Freistaat sollen dafür sorgen, dass auch nach dem Atomausstieg Energie in die bayerischen Haushalte fließt. Umweltschützer jedoch lassen kein gutes Haar an den Plänen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat sich in Franken der Kritik gestellt, und Bayerns neuer Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) kündigte an, die Pläne zu überarbeiten.
Noch bevor der Bundeswirtschaftsminister eintrifft, gibt es vor dem Feuerwehrhaus Streit. Wer darf an der Diskussion gleich teilnehmen und wer muss draußen bleiben? Viele Bürger aus ganz Franken und der Oberpfalz sind am Freitag nach Redwitz an der Rodach in Oberfranken gekommen, um ihrem Ärger über die geplanten neuen Stromtrassen Luft zu machen. „Wir können nicht alle mit reinlassen“, erklärt die hiesige Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner (CSU) verzweifelt. Sie bittet um Fairness. Grummeln in der Schar der Demonstranten. Das Thema Netzausbau hat die Gemüter erhitzt.
Am Ende der Kompromiss: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) spricht kurz zu den Demonstranten, bevor er weiterzieht in die Tagungshalle. „Ganz ohne Stromleitungen wird es nicht gehen“, erklärt der CDU-Politiker. Er wolle sich aber an den Orten, an denen neue Stromleitungen gebaut werden sollen, ein Bild von der Situation und von der Meinung der Beteiligten machen. Die Kritik nehme er dann mit nach Berlin. Dazu ist er am Freitag nach Franken gekommen, erst nach Coburg, dann nach Redwitz, später geht es weiter zum Umspannwerk Bergrheinfeld West.
Doch warum eigentlich der ganze Ärger? Es geht unter anderem um die geplanten großen Stromautobahnen Südlink und Südostlink sowie den regionalen Ostbayernring. Die Stromautobahnen sollen Energie von Norden nach Süden transportieren, weil dort die Atomkraftwerke bis 2022 vom Netz gehen, wie Carolin Bongartz von der Bundesnetzagentur im Vorfeld erklärte. Sie sollen überwiegend durch die Erde verlaufen, der Ostbayernring dagegen als Freileitung durch die Luft.
Umweltschützer und Bürgerinitiativen haben eine ganze Reihe Einwände gegen diese Projekte. Zum Beispiel, dass Strom aus erneuerbaren Energien vor allem vor Ort produziert werden sollte – in Bayern für Bayern. „Wir fordern die dezentrale Energiewende“, sagt Dörte Hamann, Sprecherin des Aktionsbündnisses gegen die Südosttrasse.
„Kaum noch Luft zum Atmen“
Herbert Barthel vom Bund Naturschutz in Bayern, der zu den Protesten aufgerufen hat, sagte im Vorfeld: Wenn die energiepolitische Macht bei den großen Übertragungsnetzbetreibern liege, hätten „regionale und lokale Akteure kaum noch Luft zum Atmen“. Riesige Leitungen seien zudem gravierende Eingriffe in die Natur. Hamann stellt auch infrage, dass schon genug Windstrom im Norden produziert wird, um damit den Süden zu versorgen.
Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hatte Altmaier zum Dialog mit Lokalpolitikern und Bürgern nach Redwitz begleitet. Er will die bestehenden Pläne angesichts der Kritik aus der Bevölkerung überarbeiten. „Wir müssen einen neuen Anlauf nehmen, die Energiewende neu aufzusetzen und zu fragen: Was brauchen wir wirklich?“, sagte er.
Altmaier kündigte an, das Thema gemeinsam mit den Ministern aus Bayern, Hessen und Thüringen zu diskutieren. Es besteht also noch Hoffnung für die Trassengegner.