Zum Reden ist es nie zu spät
Ist es zu spät? In besonders heiklen politischen Situationen ist das eine Frage, die sich oft nur im Nachhinein beantworten lässt. Wenn Ange- la Merkel jetzt also Chemnitz besucht hat – zweieinhalb Monate nach den Krawallen von Rechtsextremen und aufgebrachten Bürgern, dann stellt sich tatsächlich die Frage: Warum erst jetzt?
Hätte sich die Bundeskanzlerin unmittelbar nach den Ereignissen auf den Weg gemacht, wären die Folgen unabsehbar gewesen. Gerade erst erklärte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang, wie gut vernetzt rechte Gruppen sind. Binnen Stunden könnten sie zehntausende Menschen auf die Straße bringen.
Es gibt Erfahrungen mit solchen Hexenkesseln. Heiko Maas und Sigmar Gabriel haben das 2016 in Zwickau und Salzgitter erlebt. Maas musste dabei in sein Auto flüchten, Gabriel zeigte Demonstranten den Stinkefinger. Beide Auftritte waren nicht gerade leuchtende Beispiele des Dialogs.
Nun war Merkel in Chemnitz – und versuchte, mit Politik, Vereinen, Bürgern zu reden. Es war ein Bekenntnis dazu, was Deutschland zusammenhält. War es spät? Vielleicht. Aber zu spät zum Reden ist es nie.