Betrugsaffäre bringt Babis in Tschechien in Bedrängnis
ine bizarre Mischung aus Betrugsaffäre und Familiendrama bringt den tschechischen Ministerpräsidenten Andrej Babis in schwere Bedrängnis. Sein Sohn belastet ihn schwer.
Gegen den Rechtspopulisten Babis wird seit einem Jahr wegen Subventionsbetrugs von EU-Geldern strafrechtlich ermittelt. Der ehemalige Chef des Mischkonzerns Agrofert, einer der reichsten Männer Tschechiens, soll vor rund zehn Jahren das Wellnesshotel Capi Hnizdo („Storchennest“) fälschlich als mittelständischen Betrieb deklariert haben, um an rund zwei Millionen Euro Fördergeld zu kommen. Für diesen Zweck gab er als Eigentümer für kurze Zeit Familienangehörige an.
Jetzt nimmt die Betrugsaffäre eine dramatische Wendung. Journalisten des Internetportals Seznam Zpravy haben Babis’ 35-jährigen Sohn aus erster Ehe, Andrej, der derzeit bei seiner Mutter in der Schweiz lebt, interviewt. Er war einer der Miteigentümer des Wellnesshotels, dessen Architektur an ein Storchennest erinnert. Der Junior aber will nicht mehr wissen, „was ich unterschrieben habe“. Sein Vater habe ihn im Vorjahr auf die russisch kontrollierte Halbinsel Krim entführen lassen, um ihn vor den polizeilichen Ermittlern zu verstecken. „Mein Vater wollte, dass ich verschwinde“, zitiert das Nachrichtenportal Babis junior. Merkwürdig ist, warum die Polizei den Sohn als vermeintlichen Miteigentümer bislang nicht einvernommen hat. Prager Medien bezichtigten den Ministerpräsidenten zuletzt immer wieder, die Ermittlungen zu behindern. Babis senior bestreitet die Aussage seines Sohnes vehement. So warf er den Journalisten vor, sie missbrauchten einen kranken Mann, der an Schizophrenie leide und unter Aufsicht stehe. Sein Sohn widerspricht: „Er lügt.“Vielmehr habe er ihm die Wahl gelassen, entweder auf der Krim unterzutauchen oder in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen zu werden.
Misstrauensvotum im Parlament
Die Affäre könnte das Ende der politischen Karriere des Milliardärs Babis bedeuten, der mit seiner rechtspopulistischen Bewegung Ano bei der letzten Wahl Ende 2017 die traditionellen Parteien regelrecht zertrümmert hatte. Sechs Oppositionsparteien haben für nächste Woche gegen seine Regierung ein Misstrauensvotum im Parlament beantragt. Auch der mehrheitlich bürgerlich besetzte Senat, die zweite Kammer, fordert seinen Abgang. Donnerstagabend demonstrierten mehrere Tausend Tschechen in Prag und forderten den Rücktritt. Der nicht weniger umstrittene Präsident Milos Zeman hält weiterhin zu Babis und teilt dessen Einschätzung, wonach alles eine Verschwörung sei.
Den Schlüssel für Fortbestand oder Untergang von Babis’ Minderheitskoalition, die seit Ende Juni im Amt ist, hat die sozialdemokratische CSSD in der Hand. Oppositionspolitiker appellieren an Parteichef und Vizepremier Jan Hamaczek, sich dem Misstrauensvotum anzuschließen, wofür mindestens 101 von 200 Stimmen nötig wären. Doch Hamacek scheut vorerst eine klare Antwort, seine CSSD ist tief gespalten, es droht ein innerparteiliches Kräftemessen mit ungewissem Ausgang: Ein starker Flügel hatte sich von Anfang an gegen das Bündnis mit Babis gestemmt, das zudem von den Kommunisten still unterstützt wird; Hamaczek und seine Genossen wollen jedoch die lukrativen Staatsposten nicht so schnell wieder aufgeben. Babis wähnt sich sicher im Sattel. Er erklärte, er werde niemals zurücktreten.