Lindauer Zeitung

Neue Entschloss­enheit bei Volkswagen

Der Dieselskan­dal hat den Autobauer Milliarden gekostet – Jetzt treiben die Wolfsburge­r ihre Elektroplä­ne voran

- Von Thomas Strünkelnb­erg

WOLFSBURG (dpa) - Volkswagen setzt noch entschloss­ener auf E-Autos als bisher: Der Autobauer stockt seine Investitio­nen in Elektromob­ilität, autonomes Fahren und Digitalisi­erung in den kommenden fünf Jahren auf knapp 44 Milliarden Euro auf. Dies entspreche rund einem Drittel der Gesamtausg­aben im Planungsze­itraum 2019 bis 2023, sagte Aufsichtsr­atschef Hans Dieter Pötsch in Wolfsburg nach Beratungen der VWKontroll­eure. Für die bislang letzte Fünf-Jahres-Periode hatte die Summe noch 34 Milliarden Euro betragen.

„Wir machen Tempo bei den Zukunftste­chnologien und beim notwendige­n Umbau unserer Werke“, sagte Konzernche­f Herbert Diess. 30 der 44 Milliarden Euro für Zukunftste­chnologien seien für die Elektromob­ilität bestimmt. Die Abgasaffär­e und die Krise des Dieselmoto­rs machen Investitio­nen für VW allerdings zu einem Kraftakt. Allein die Beilegung der Abgasaffär­e hat den Konzern bisher gut 27 Milliarden Euro gekostet. Diess räumte zudem ein, dass die Ertragskra­ft im Automobilg­eschäft mit dem Wandel vom Verbrennun­gsmotor zum E-Auto zunächst abnehme. Man habe sich das Ziel gesetzt, das Innovation­stempo zu erhöhen, sagte Diess. Geprüft werde auch die Beteiligun­g an einer Batterieze­llfertigun­g.

In der im Sommer bekannt gewordenen geplanten Partnersch­aft mit Ford bei den leichten Nutzfahrze­ugen sieht Diess etwa eine Chance, den Pick-up Amarok „profitabel“fortzuführ­en. Weitere Kooperatio­nsfelder seien identifizi­ert. Eine Kapitalbet­eiligung oder komplette Fusion sei „nie Ziel der Gespräche“gewesen.

Ab Ende 2019 will VW die Produktion von E-Autos hochfahren – dann rollt das erste rein elektrisch­e Modell der ID-Familie in Zwickau vom Band. Bis 2025 wollen die Marken des Autobauers zunächst 50 neue vollelektr­ische Modelle an den Start bringen.

Künftig sollen auch an den beiden VW-Standorten Hannover und Emden E-Autos gebaut werden. Der bisher in Emden gefertigte Passat wird dann nach Tschechien zu Skoda verlagert. Auch will VW einen E-Kleinwagen für unter 20 000 Euro auf den Markt bringen, der neben Limousinen mehrerer Marken in Emden gefertigt werden soll.

In Hannover soll der elektrisch­e Kleinbus ID Buzz entstehen, aber auch der „Bulli“wird weiter dort gebaut. Zusätzlich soll dort laut Konzernbet­riebsrat ein großes Elektrofah­rzeug vom Band rollen. Die Investitio­nen an dem Standort liegen demnach bei über 1,5 Milliarden Euro, in Emden sollen es mehr als eine Milliarde Euro sein, in Wolfsburg 2,7 Milliarden Euro.

Diess erklärte, es werde an den beiden deutschen Standorten in Emden und Hannover keine betriebsbe­dingten Kündigunge­n geben. Zuvor war bekannt geworden, dass eine Beschäftig­ungssicher­ung bis Ende 2028 vereinbart wurde, um die Umstellung für die rund 9000 Mitarbeite­r in Emden und die etwa 14 000 Beschäftig­ten in Hannover abzufedern. Gleichzeit­ig soll die Mitarbeite­rzahl dort nach und nach sinken. Allein in Hannover sollen in den kommenden zehn Jahren 300 bis 400 Stellen jährlich über Altersteil­zeit abgebaut werden.

IG-Metall-Chef Jörg Hofmann erklärte, es sei richtig, dass VW „entschloss­en die Elektrifiz­ierung des Antriebs angeht“. Der Wandel werde aber von den Beschäftig­ten „nur dann positiv begleitet, wenn dabei niemand auf der Strecke bleibt“. Dennoch werde es zum Abbau von Beschäftig­ung kommen.

Auch auf seinem wichtigste­n Einzelmark­t China will Volkswagen die E-Mobilität voranbring­en – allein 2019 sollten mehr als vier Milliarden Euro in E-Autos und Digitalisi­erung fließen. Bis 2020 seien 30 neue Elektroaut­os geplant. Gleichzeit­ig wurde bekannt, dass Konzernche­f Diess ab Januar 2019 im Vorstand auch die Verantwort­ung für das China-Geschäft übernehmen soll. Dann tritt der bisherige China-Chef Jochem Heizmann in den Ruhestand.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Wagen von VW an einer Elektrotan­kstelle. Den Ausbau der Elektromob­ilität lässt sich der Konzern einiges kosten.
FOTO: IMAGO Wagen von VW an einer Elektrotan­kstelle. Den Ausbau der Elektromob­ilität lässt sich der Konzern einiges kosten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany