„Jungen Spielern genügend Zeit geben, sich zu integrieren“
Der Lindauer Fußballlehrer Daniel Schmid über das Trainerdasein im Amateurfußball und die Anforderungen ans Coachen
LINDAU - Seit vielen Jahren verfolgt Daniel Schmid das Geschehen im Amateurfußballsport der Region aufmerksam und hat bei mehreren Vereinen trainiert. Über seine Erfahrungen sprach er kürzlich mit Peter Schlefsky. Spielern mit Erfahrung arbeitet. Österreich ist für mich als Lindauer sicherlich auch ein interessantes Pflaster. Man muss halt schauen, was zu einem passt. Der Aufwand im Verhältnis zum Hauptberuf und den sonstigen Verpflichtungen muss da einfach stimmen.
Haben Sie den Eindruck, auch aus Gesprächen mit anderen Kollegen heraus, dass das Verhältnis von Auftrag und Ertrag fürs Traineramt heutzutage stimmig ist?
Das kann natürlich nur jeder Betroffene für sich beantworten, weswegen eine pauschale Antwort schwierig ist. Bei mir ist es so, dass ich ein sehr digitaler Mensch bin und für mich die Vorarbeit und Nachbereitung einen hohen Stellenwert und somit viel Zeit einnimmt. Mein Anspruch ist, aus dem Kader das möglichst Optimale herausholen. Da spielt vor allem das Mannschaftstaktische eine wichtige Rolle. Verschieben etwa kann jeder. Entscheidend sind jedoch, wer in die jeweils richtige Position läuft und dadurch Auslöser für eine bestimmte Art des Pressings ist.
Wenn Sie im Trainingsbetrieb in einer Kreis- oder Bezirksligamannschaft digitale Hilfsmittel bis hin zur Videoanalyse einsetzen: Kann es da nicht auch passieren, dass sie damit gewisse Spieler überfordern?
Da stellt sich die Frage, wie man das als Coach rüber bringt. Theorie und Praxis müssen sich schon die Waage halten. Ich gehe davon aus, dass jeder lernfähig ist ist und sich anhand seiner bewegten Bilder besser in die Situationen hineinversetzen kann. Die Aufgabe ist es doch, jeden Spieler auf eine Position zu bringen, wo er am besten aufgehoben ist, um sich so gut es geht zu verbessern. Den Ehrgeiz und Willen bei den Spielern zu entwickeln, hier mitzuziehen, ist für den Trainer heutzutage mehr Arbeit als alles andere. Oftmals haben Spieler so viele Qualitäten, die ungenutzt bleiben, wenn sie nicht an einer bestimmten Stelle zum Einsatz kommen.
Was plagen Fußballlehrer im Amateurbereich vor allem für Sorgen?
Wichtig wäre es, jungen Spielern genügend Zeit zu geben, sich zu integrieren und ihnen genügend Selbstvertrauen zu geben. Zwei bis drei Jahre braucht es schon, die Entwicklung eines A-Jugendlichen zu verfolgen. Dem steht entgegen, dass heute alles erfolgsorientiert und schnelllebig ist. Da sind die Vorgaben für Trainer vonseiten des Vereinsvorstands oder der Abteilungsleitung knallhart. Oft ist nur das Ergebnis wichtig.
Ist das der Hauptgrund für die weithin zu beobachtende Trainerfluktuation?
Natürlich. Eine neue Spielphilosophie aufzubauen braucht sechs bis zwölf Monate. Ein weiteres Jahr wird benötigt, um dies zu festigen. Parallel dazu geht es darum, die Jugendlichen heranzuführen. In der Summe sind das dann zwei Jahre, bevor das Grundgerüst steht. Das finde ich extrem schade, dass uns die Bundesliga da etwas Falsches vorlebt. Wenn du fünf, sechs Spiele verlierst, kann es sein, dass du weg vom Fenster bist.
Wie haben sich die Anforderungen ans Traineramt im Amateurfußball gewandelt?
Man hat heute als Trainer noch viel mehr andere Aufgaben als früher. Du bist Vater, Freund, manchmal auch Feind oder Mediator. Es gibt so viele Nebenschauplätze. Vor allem gibt es nur sehr wenige Vereine, wo du dich rein aufs Sportliche konzentrieren kannst. Vieles musst du selber machen und managen, von den Getränken über Trikots bis hin zu anderen Kleinigkeiten, die dich nicht auf das Wesentliche konzentrieren lassen.
Was würden sie angehenden und jungen Trainern für ihre ersten zwei, drei Stationen mit auf den Weg geben?
Wichtig ist es, sich von Rückschlägen nicht beirren zu lassen – auch nicht von der eigenen Linie abzugehen, wenn die eigene Mannschaft die ersten drei, vier Spiele verliert, sondern durchzuhalten. Natürlich muss das Vereinsumfeld da mitziehen, die Ruhe bewahren und Vertrauen schenken.