Trump will im Fall Khashoggi aufklären
WASHINGTON (AFP) - Die US-Regierung will in Kürze die Verantwortlichen für den Tod des regierungskritischen saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi benennen. Ein Bericht darüber, „wer es getan hat“, könnte laut Präsident Donald Trump heute oder am Dienstag veröffentlicht werden.
Im Konflikt mit seinen eigenen Geheimdiensten hat Donald Trump die CIA zurückgepfiffen. Der US-Präsident hat die Erkenntnisse über die Hintermänner des Mordes an dem Journalisten Jamal Khashoggi relativiert. Während der Spionagedienst de facto bestätigte, dass Khashoggi auf Anweisung des saudischen Kronprinzen Mohammed Bin Salman getötet wurde, warnte er nun vor voreiligen Schlüssen. Bislang habe die CIA noch gar nichts bewertet. „Es ist zu früh dafür“, sagte Trump. Nach seinen Worten will das Weiße Haus erst am Dienstag auflisten, „wer es verursacht und wer es getan hat“.
Zuvor hatte die CIA deutlich gemacht, dass sie im Kronprinzen mit hoher Wahrscheinlichkeit den Auftraggeber der Tat sieht. Es war ein schwerer Schlag für die Monarchie in Riad. Erstmals brachte eine amerikanische Regierungsbehörde den starken Mann Saudi-Arabiens direkt in Verbindung mit dem Mordfall. Nach einem Bericht der „Washington Post“ließen abgehörte Telefonate des saudischen Botschafters in Washington die CIA zu diesem Schluss gelangen. Demnach rief Khalid Bin Salman, ein Bruder des Kronprinzen, bei Khashoggi an, um ihn in Sicherheit zu wiegen. Er möge sich ins Konsulat in Istanbul begeben, die nötigen Dokumente lägen dort für ihn bereit, er habe nichts zu befürchten, soll er dem Kolumnisten mitgeteilt haben. Zuvor sei der Diplomat von seinem Bruder angewiesen worden, den im Exil lebenden Kritiker des Thronfolgers zu kontaktieren.
Senatoren fordern Klarheit
Nach Ansicht mehrer Senatoren entpuppt sich die Version, wonach die Killer auf eigene Faust handelten, damit endgültig als Märchen. Trumps Kabinett solle dies nun hochoffiziell klären, bevor der Prinz die Männer, die seine Befehle ausführten, hinrichten lasse, twitterte der Republikaner Bob Corker. Der skrupellose Mord müsse Konsequenzen haben, sagte auch der demokratische Senator Richard Blumenthal.
Am 2. Oktober hatte Khashoggi das saudische Konsulat in Istanbul aufgesucht, um Papiere für seine Heirat abzuholen. Türkischen Ermittlern zufolge wurde er kurz nach Betreten des Gebäudes getötet, von einem Killerteam, das zu diesem Zweck eingeflogen war. Sein Leichnam, offenbar zerstückelt, wurde bis heute nicht gefunden.
Seit der Fall die Welt erschütterte, hat sich Trump aufs Lavieren verlegt, offenkundig darum bemüht, hier und da Kritik zu üben, ohne lukrative Geschäfte infrage zu stellen. Anfangs übernahm er die Version Riads, wonach der Mord auf das Konto von Leuten gehe, die Khashoggi nach Saudi-Arabien zurückbringen sollten und ihre Vollmachten überschritten. Später sprach er vom schlimmsten Vertuschungsversuch der Geschichte. Das Land, so zog es sich wie ein roter Faden durch seine Statements, sei ein zu wichtiger Rüstungskunde, als dass man auf Distanz gehen könnte. Auch am Samstag, als die Nachricht über die CIA-Einschätzung längst publik war, wiederholte er das Motiv und nannte Saudi-Arabien einen „wirklich spektakulären Verbündeten“, wenn es um Jobs und Wirtschaft gehe. „Und ich muss – Sie wissen ja, ich bin Präsident – viele Dinge in Betracht ziehen.“
Trump hört die Aufnahme nicht an
Die türkische Audioaufnahme zum Tod Khashoggis mag er sich nicht anhören. Er habe seine Berater gefragt und sie hätten ihm davon abgeraten. „Ich weiß alles, was auf dem Band vorkommt, ohne es hören zu müssen. Es ist sehr brutal, sehr grausam und schrecklich.“Trump, das schreibt die „Washington Post“unter Berufung auf Berater im Weißen Haus, suche nach einem Ausweg, um dem Prinzen nicht direkt die Schuld geben zu müssen. Sein Schwiegersohn Jared Kushner knüpfte enge Kontakte zu Bin Salman, in dem er einen Modernisierer sah. Und da die USA den Kurs gegenüber Iran verschärfen, würde Trump auf Ärger mit den rivalisierenden Saudis gerne verzichten.
Dass die Meinungen in der Regierungszentrale auseinandergehen, lässt jedoch eine Personalie erahnen: Mit Kirsten Fontenrose trat nun jene Mitarbeiterin des Nationalen Sicherheitsrates zurück, die für das Verhältnis zu Riad zuständig war.