Lindauer Zeitung

Die Gruft der Fürstäbte

Gänge sind unter der Kemptener Basilika St. Lorenz – Mesner Raimund Lux kümmert sich um Gräber

- Von Ralf Lienert

KEMPTEN - Raimund Lux ist seit fast 30 Jahren Mesner in der Basilika. Er kennt jede Treppe, jeden Gang und hat zu allen Türen einen Schlüssel. Auch zur alten Gruft der Mönche. Denn Kempten war über Jahrhunder­te ein eigenes Fürstentum, das von der Benediktin­erabtei in der Residenz regiert wurde. Die verstorben­en Klosterbrü­der wurden unter dem Hauptaltar beigesetzt.

Seit der Zeit von Stadtpfarr­er Johannes Evangelist Götz wird dieser Raum als Krypta für Kinder- und Jugendgott­esdienste genutzt. Dort steht auch die sogenannte Bründl-Krippe. Vom Treppenhau­s zur Krypta führt ein langer Gang mit Naturstein­en zu einer alten Heizung, die nicht mehr in Betrieb ist. „Die Kirche ist längst an die Fernwärme angeschlos­sen“, sagt Lux. Den freien Platz nutzt die Jugendband. „In den Nischen lagern wir das Holzkreuz für den Jugendkreu­zweg, die Osterkripp­e und die Schale fürs Osterfeuer“, sagt der Mesner. Früher lagen dort zwei Fürstäbte begraben. Die Leichname wurden 1936 in eine Südkapelle umgebettet, weil man Platz für eine Koksheizun­g brauchte.

Jetzt haben Rupert von Neuenstein (regierte von 1785 bis 1793) und Castolus Reichlin von Meldegg (1793-1803) einen neuen Platz. In ihrer Kapelle hängt auch die Erinnerung­stafel an die große Litauische Gemeinde, die nach dem Zweiten Weltkrieg die Basilika nutzte.

Einige Meter weiter ist die Fürstabt-Gruft. Darin ruhen Honorius Roth von Schreckens­tein (1760-1785), Engelbert von Syrgenstei­n (1747-1760), Anselm Reichlin von Meldegg (1728-1747) und Rupert von Bodman. Letzterer regierte am längsten, nämlich 50 Jahre bis 1728. Er erlangte das Stadtrecht für die Stiftsstad­t. Einer seiner Nachfahren, Graf Wilderich von Bodman, kam jedes Jahr und legte am Todestag Blumen nieder, weiß Lux. Zwei der Kemptener Fürstäbte fehlen. Der Erbauer der Kirche, Roman Giel von Gielsberg, liegt in Rom begraben und Kardinal Bernhard Gustav Adolf von BadenDurla­ch in Hammelburg.

Um die Gruft ranken sich viele Geschichte­n: Eine Gemeindere­ferentin wollte einmal von der Gruft ins Freie, ließ versehentl­ich eine Feuerschut­ztür ins Schloss fallen und stellte fest, dass sie den Schlüssel vergessen hatte. „Da half nur langes Klopfen und Ausharren“, sagt Lux.

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FOTO: RALF LIENERT In den südlichen Seitenkape­llen liegen die Gräber von sechs Fürstäbten. An der Wand hängt ein altes Kreuz aus der Krypta. Stadtpfarr­er Michael Lechner hatte es dort entfernen lassen.
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FOTO: RALF LIENERT Raimund Lux

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