Gewalt gegen Lehrer nimmt zu
Schulrat Elmar Vögel setzt als Gegenmaßnahme vor allem auf Schulsozialarbeit
KREIS LINDAU - Kein Schüler macht aus dem Nichts heraus Probleme, sagt Elmar Vögel, Direktor des Schulamts für Kempten, Oberallgäu und Lindau: „Da steckt immer etwas anderes dahinter.“Im schlimmsten Fall kann das darin münden, dass der Schüler gewalttätig wird. Wie jüngst in Kempten, wo die Polizei anrückte, weil ein Schüler seinen Lehrer bedroht hatte. Das sei allerdings der einzige ihm bekannte Fall dieser Art, sagt Vögel. Die Vorsitzende des Lehrerund Lehrerinnenverbands (BLLV) Schwaben, Gertrud NiggKlee, sagte kürzlich, Gewalt gegen Lehrer nehme „in erschreckendem Maß“zu. Doch wie können Schulen verhindern, dass es so weit kommt?
Die Frage, die dahintersteckt, lautet: Wie entsteht Gewalt? Laut Vögel fühlt sich der Schüler entweder in eine Ecke gedrängt und weiß sich nicht anders zu helfen. Oder es stecken gesundheitliche oder womöglich familiäre Probleme dahinter. Im Fall des 14-Jährigen in Kempten handelt es sich wohl um gesundheitliche Gründe. „Man sieht sich im Leben immer zweimal“, hatte der Schüler einem Lehrer laut Polizei gedroht. Gewalt – ob körperlich oder verbal – gibt es in vielen Formen.
In allen Fällen entscheidend für eine Lösung ist Vögel zufolge, dass der Lehrer einen Draht zum Schüler findet. „Die Lehrerpersönlichkeit bestimmt, ob man etwas bewirken kann.“Sozialarbeiter könnten vermitteln. „Das federt viel ab“, sagt Vögel. Allerdings: „Man kann nicht jedem helfen.“Je nachdem, wo das Problem seinen Ursprung hat, habe eine Schule keine Einflussmöglichkeit. An der Wittelsbacher Schule beispielsweise, wo ein Lehrer bedroht wurde, gibt es Sozialarbeit.
Einen Schüler einfach so von der Schule zu werfen, das sei aber nicht möglich, sagt Vögel: „Es besteht neun Jahre Schulpflicht.“Ein kompletter Schulverweis sei prinzipiell erst danach möglich. Bis dahin allerdings müsse „viel passieren“. Ein Ausschluss sei aber immer das letzte Mittel. „Und das ist gut so. Ziel ist, dass jeder einen Abschluss machen kann.“
Doch was, wenn es dann doch mal passiert ist? Wenn ein Schüler gegenüber seinem Lehrer gewalttätig wurde? Eine wichtige Rolle spielt laut Vögel die Schulfamilie, die in solchen Fällen ihrer Bezeichnung Rechnung trage: Gespräche mit Kollegen würden helfen, Emotionen abzubauen und auf die Sachebene zurückzukehren. In Supervisionsgruppen stünde zudem psychologische Hilfe bereit. Und Fortbildungen zum Thema Gesundheit helfen, Entspannungstechniken wie Yoga zu erlernen. „An einem allerdings kommt man nicht vorbei“, sagt Vögel: „Der Lehrerjob ist sehr anstrengend.“
Vögel will nun bei den Direktoren in seinem Schulamtsbezirk nachfragen, ob dort Fälle von Gewalt gegen Lehrer bekannt sind. So, wie es der BLLV schildert. Mit einem Ergebnis rechnet er in etwa zwei Wochen.