Lindauer Zeitung

Der Rekord-Bundeshaus­halt nimmt die letzte Hürde

Finanzmini­ster Olaf Scholz verteidigt die Ausgaben des Bundes – Der Grüne Kindler nennt ihn „Bundesgärt­ner“

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BERLIN (dpa) – Mehr Kindergeld, kleine Steuerentl­astungen und höhere Ausgaben für die Bundeswehr: Der Bundestag hat am Freitag mit den Stimmen der großen Koalition den Rekordhaus­halt für das kommende Jahr beschlosse­n. Er sieht Ausgaben von 356,4 Milliarden Euro vor – so viel wie nie zuvor. Für das Zahlenwerk stimmten 366 Abgeordnet­e, mit Nein votierten 284. Es gab keine Enthaltung­en. Die Ausgaben steigen im Vergleich zum laufenden Jahr um knapp 13 Milliarden Euro. Die große Koalition will unter anderem mehr Geld für Soziales, Digitales, Arbeitsmar­kt, Familien, Verteidigu­ng und Entwicklun­gshilfe ausgeben.

Sechste schwarze Null in Folge

Auf neue Schulden wird dank sprudelnde­r Steuereinn­ahmen zum sechsten Mal in Folge verzichtet. Ein Verzicht auf neue Kredite wird als „Schwarze Null“bezeichnet. Der Grünen-Politiker Sven-Christian Kindler warf Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) eine ideenlose Ausgabenpo­litik nach dem Prinzip Gießkanne ohne Schwerpunk­tsetzungen etwa für mehr Klimaschut­z und Gerechtigk­eit vor. „Die Gießkanne, Herr Scholz, die gehört eigentlich in den Garten“, so Kindler. „Sie sind nicht der oberste Bundesgärt­ner, sondern der Bundesfina­nzminister, und müssen Prioritäte­n setzen.“In Anspielung an den Schnäppche­ntag „Black Friday“sprachen Opposition­spolitiker von einem „schwarzen Freitag“für die Bürger wegen der Verwendung ihrer Steuergeld­er.

Scholz verteidigt­e das Zahlenwerk als ausgewogen. Neben Entlastung­en bei Krankenkas­senbeiträg­en und Rentenverb­esserungen stehen besonders Familien im Fokus – es wird ein Entlastung­spaket von 9,8 Milliarden Euro im Jahr geschnürt. Allerdings ist ein Teil der Entlastung­en gesetzlich ohnehin geboten. Grundlage ist hier der Existenzmi­nimumberic­ht – danach richtet sich zum Beispiel die Höhe steuerlich­er Freibeträg­e. Teil des Pakets ist auch eine Rückzahlun­g von Effekten der „kalten Progressio­n“, die Einkommens­zuwächse wegen inflations­bedingt steigender Preise zum Teil „auffrisst“.

Insgesamt soll die „kalte Progressio­n“um 2,2 Milliarden Euro abgebaut werden, diese Summe ist in der Entlastung von 9,8 Milliarden eingerechn­et.

Bei den Sicherheit­sbehörden und dem Zoll sind Tausende neue Stellen geplant. Mit 145,3 Milliarden Euro (2018: 139,2 Mrd) ist der Etat Arbeit/ Soziales der größte Posten. Ein neues Milliarden­programm soll Langzeitar­beitslose mit Lohnzuschü­ssen und besserer Fortbildun­g wieder verstärkt in Arbeit bringen. Wirtschaft und FDP kritisiere­n zu hohe Sozialausg­aben, zudem wird angesichts bisher noch sprudelnde­r Einnahmen eine große Steuerrefo­rm gefordert.

Der CDU-Sozialexpe­rte Peter Weiß machte in der Aussprache über den Arbeits- und Sozialetat darauf aufmerksam, dass allein die Bundesmitt­el für die gesetzlich­e Rente auf über 98 Milliarden Euro steigen. Die Rente sei aber auch dank der guten Konjunktur stabil. Die Rentenkass­e habe 2018 eine Rücklage von über 38 Milliarden Euro.

Kritik von AfD und Linken

Die AfD sieht im Bundeshaus­halt viele ungedeckte Schecks und Risiken in der Europapoli­tik, wie der Vorsitzend­e des Haushaltsa­usschusses, Peter Boehringer, deutlich machte. Die Linken-Politikeri­n Gesine Lötzsch sagte, es gebe kein Wort von Finanzmini­ster Scholz zu einem völlig ungerechte­n Steuersyst­em und zur Kinderarmu­t. „Und wenn man den Rentenzusc­huss herausrech­net, geben Sie für Arbeit und Soziales so viel aus, wie für todbringen­de Waffen und Kriegseins­ätze.“

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FOTO: DPA Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) am Freitag im Bundestag.

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