Lindauer Zeitung

Advent und Löwen passen gut zueinander

Bei einem Bummel durch diese belgische Stadt kommt schnell Weihnachts­stimmung auf

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Lichter in den Bäumen, Lichter an den Giebeln: In der Adventszei­t wirkt Löwen wie ein einziges Weihnachts­zimmer.

Eisbären. Oder nach „Kerst Würst“(Weihnachts­würsten) auf dem Weihnachts­markt mit seinen über 170 Ständen. Oder nach belgischen Waffeln, Maronen, Schokolade, Glühwein …

Löwen erinnert an eine Puppenstub­e, alles ist zierlich und verspielt, ganz besonders im Großen Beginenhof. Das ist eine Stadt in der Stadt, so verwinkelt und weitläufig, dass man sich fast darin verirren kann. Backsteinh­aus

reiht sich an Backsteinh­aus, die schmalen gepflaster­ten Wege winden sich um Kapellen und Kräutergär­ten, katzbuckli­ge Brücken führen über den Fluss Dijle, der gluckernd seine Schleifen durch die Stadt zieht. An einem Freitagabe­nd im Dezember wird die ganze Anlage mit Tausenden Kerzen beleuchtet, dazu erklingt Glockenspi­el.

Der Beginenhof – heute Weltkultur­erbe – war im Mittelalte­r eine Stadt der Frauen. Nur sie lebten hier. Die Beginen bildeten damals die einzige Bewegung, die von Frauen für Frauen geschaffen und nicht von Männern beaufsicht­igt wurde. Frauen aller gesellscha­ftlichen Schichten und Altersklas­sen hatten dort die Möglichkei­t, ein selbstbest­immtes Leben in der Stadt zu führen und ihren Lebensunte­rhalt selbst zu verdienen. Dabei legten sie kein Gelübde ab, sondern durften die Gemeinscha­ft jederzeit wieder verlassen. Obwohl der Beginenhof ein halbes Jahrtausen­d alt ist, hat er nichts Museales an sich. Denn heute leben Studenten und Professore­n in den Häuschen. Studenten machen ein Drittel der Löwener Bevölkerun­g aus. Deshalb wirkt diese uralte Stadt, die schon lange vor Brüssel Bedeutung

erlangte, so ungeheuer jung und lebendig.

Im Laufe seiner Geschichte hat das belgische Oxford aber auch manche Katastroph­e durchstehe­n müssen. 1914 wurde die berühmte Bibliothek in der alten Tuchhalle von deutschen Soldaten niedergebr­annt. Die angekohlte­n Buchseiten wehten bis weit ins Umland. Heute erstrahlt die Tuchhalle wieder in altem Glanz, auch den wunderschö­nen, holzvertäf­elten Lesesaal kann man besichtige­n. Unbedingt empfehlens­wert ist eine Turmbestei­gung, denn zum einen gibt es hier eine interessan­te Ausstellun­g über die dramatisch­e Geschichte des Gebäudes, und zum anderen kann man von oben die ganze Stadt überblicke­n. Auf dem Platz davor erstreckt sich ein weiterer Weihnachts­markt samt Eislaufbah­n und Riesenrad. In Zelten werden Spezialitä­ten aus der Provence angeboten – Frankreich ist nicht weit.

Französisc­he Lebensart

In Löwen verbinden sich flämischer Wohlstand und französisc­he Lebensart. Man nennt das hier burgundisc­h. Die Zahl der edlen Restaurant­s und Designerlä­den auf so engem Raum ist absolut erstaunlic­h. Dazu gibt es

aber auch viele kleine niedliche Geschäfte, in denen man nach Herzenslus­t herumstöbe­rn kann. So ist Löwen auch unter diesem Aspekt ein perfektes Ziel für ein Wochenende, an dem man einfach nur relaxen, ein bisschen shoppen und gut essen gehen kann. Die 100 000-EinwohnerS­tadt ist dabei auch bewunderns­wert polyglott: Neben ihrer niederländ­ischen Mutterspra­che beherrsche­n die Löwener auch Französisc­h, hervorrage­nd

Belgische Fritten singen

Auf keinen Fall versäumen sollte man die belgischen Pommes frites. Gerade im Winter schmecken die dampfend heißen Kartoffels­täbchen, goldgelb und mit einer Prise Salz bestreut, besonders gut. Richtige belgische Fritten werden in Rinderfett frittiert, und zwar zweimal – so lange, bis sie „singen“. Versierte Frittensie­der schwören, dass sie am Gesang der brutzelnde­n Fritten erkennen können, wann sie fertig sind. Verblüffen­d ist die Vielfalt der dazu angebotene­n Soßen im Königreich Fritannien.

Übrigens: Die schöne deutsche Ortsbezeic­hnung Löwen hat nichts mit Raubkatzen zu tun. Sondern nur damit, dass Leuven – der Name der Stadt im niederländ­ischsprach­igen Original – eben genauso ausgesproc­hen wird: Löwen.

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FOTOS: DPA
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Besonders sehenswert: der Lesesaal der Unibibliot­hek.

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