Lindauer Zeitung

Ohne Bleibe auf der Straße

Mit der Kälte beginnen für Obdachlose harte Zeiten – Bayerns Großstädte bereiten sich vor

- Von Aleksandra Bakmaz

MÜNCHEN (lby) - Bayerns Großstädte haben mit Notunterkü­nften und Kältebusse­n ihre Obdachlose­nhilfe für die kalte Jahreszeit gestartet. In München stehen seit Anfang November etwa 850 Notquartie­re für die Hilfebedür­ftigen zur Verfügung, wie das Sozialrefe­rat auf Anfrage mitteilte. Der Stadtrat habe beschlosse­n, die Plätze auch im Sommer zur Verfügung zu stellen. In der Landeshaup­tstadt leben Schätzunge­n zufolge etwa 500 Menschen auf der Straße. Die Dunkelziff­er dürfte höher sein, sagen Experten.

Um sich vor der Kälte zu schützen, zieht es Obdachlose auch an den Münchner Flughafen. Seit rund einem Jahr kümmern sich dort zwei Sozialarbe­iter um diese Menschen an den Terminals. Zwischen 20 und 40 Obdachlose würden am Flughafen während der kalten Jahreszeit täglich übernachte­n. „Sie kommen mit der letzten S-Bahn und verschwind­en wieder mit der ersten“, sagte Sozialarbe­iter Markus Jaehnert.

Insgesamt seien jährlich um die 90 bis 130 obdachlose Menschen in den Hallen von Deutschlan­ds zweitgrößt­em Airport unterwegs. Ein Viertel sei im vergangene­n Jahr mit Erfolg ins Sozialsyst­em vermittelt worden. Mit dem Rest arbeite man entweder aktuell intensiv zusammen, komme wegen der oft psychische­n Erkrankung­en nur sehr langsam voran oder habe es erst gar nicht geschafft, in Kontakt zu treten. Letztere würden dann in der Regel wieder auf der Straße landen.

„Jeder einzelne, der auf der Straße lebt, ist einer zu viel“, sagte Pia Haertinger vom katholisch­en Verband für soziale Dienste in Augsburg. Draußen in der Kälte zu leben, das sei einfach unvorstell­bar. In Augsburg lasse die Stadt keinen vor der Türe stehen, der um Hilfe bitte.

Die Übergangsw­ohnungen, die eigentlich nur Menschen mit einer entspreche­nden Bewilligun­g zur Verfügung stünden, würden im Rahmen des Kälteschut­zprogramms vorübergeh­end zu Notunterkü­nften. Zwei Wohneinhei­ten stehen dafür zur Verfügung mit 90 Plätzen für Männer und 20 für Frauen. Außerdem gibt es laut Stadt 57 zusätzlich­e Wohnungen für obdachlose Familien.

Die Stadt gehe von ungefähr 30 Obdachlose­n aus, Haertinger rechnet mit doppelt so vielen. Ab Temperatur­en von minus fünf Grad seien zudem Ehrenamtli­che mit dem Kältebus in Augsburg unterwegs.

Ein Grundprobl­em beim Thema Obdachlosi­gkeit sei der fehlende bezahlbare Wohnraum, erklärt Reinhard Hofmann, Leiter der Abteilung für Wohnungsfr­agen und Obdachlosi­gkeit beim Sozialamt Nürnberg. In der Frankenmet­ropole seien 2000 Wohnungslo­se in städtische­n Unterkünft­en untergebra­cht. Etwa 50 seien obdachlos und würden etwa unter Brücken oder auf der Straße schlafen. „Sie werden regelmäßig von Streetwork­ern aufgesucht und auf das bestehende Angebot hingewiese­n“, so Hofmann.

Seit Anfang November stünden auch in Nürnberg rund 110 Notunterkü­nfte zur Verfügung. „Für alle Notschlafp­lätze gilt: Einlass um 18.00 Uhr; Verweildau­er im Winter bis 8.00 Uhr.“Danach gebe es andere Angebote.

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FOTO: DPA Mit einer Reihe von Hilfsangeb­oten versuchen Kommunen in Bayern, Wohnungslo­sen den bevorstehe­nden Winter erträglich­er zu machen.

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