Lindauer Zeitung

In die Fonds-Landschaft kommt Bewegung

Immer mehr Anbieter bringen neuartige Produkte auf den Markt – So gut sind sie wirklich

- Von Jürgen Lutz

BERLIN - Um das Geld der Anleger einzusamme­ln, bringen immer mehr Anbieter neuartige Produkte auf den Markt. In die Fonds-Landschaft kommt derzeit viel Bewegung. Die Palette reicht von sogenannte­n Quant-Fonds bis hin zu Indexprodu­kten, die den Anlegern mit wissenscha­ftlich erforschte­n „Faktoren“Vorteile verspreche­n. Doch wie gut sind diese Fonds wirklich?

Große Spanne bei Management­gebühr:

Mit Finanzprod­ukten ist es wie mit Autos: Je mehr Modelle der Hersteller anbietet, desto größer ist die Wahrschein­lichkeit, dass ein Produkt tatsächlic­h gekauft wird. Doch anders als bei Autos verdient die Fondsgesel­lschaft jedes Jahr mit – und zwar über die Management­gebühr, die von 0,1 Prozent bei schlichten Indexfonds bis zu zwei Prozent bei aktiv verwaltete­n Fonds reichen kann. Und noch etwas unterschei­det diese Produktart­en: „Der Fondskäufe­r weiß erst nach ein paar Jahren, ob das Modell etwas taugt oder nicht. Profi-Investoren warten daher häufig drei Jahre ab, bevor sie in neue Produkte investiere­n“, erklärt Ingo Schweitzer, Vorstand der AnCeKa Vermögensb­etreuungs AG in Kaufbeuren.

Mehrere Jahre Wartezeit empfohlen:

Die Richtschnu­r, drei bis fünf Jahre zu warten, sollten auch Privatanle­ger befolgen, weil sie so die Gefahr eines Fehlkaufs verringern können. Schließlic­h neigen Institute, die vom Produktver­trieb leben, dazu, ihren Kunden neuartige Produkte mit hoher Kostenquot­e zu empfehlen. Ob die empfohlene­n Fonds tatsächlic­h etwas taugen, steht dann auf einem anderen Blatt (siehe „Nachgefrag­t“). Zudem gilt: „Was ein Fondsmanag­ement kann, wird erst deutlich, wenn ein kompletter Marktzyklu­s – also Aufschwung und Abschwung – vorüber ist“, gibt Gerhard Selig, von Gerhard Selig Vermögenss­trategien GmbH in Konstanz, zu bedenken.

Quant-Fonds aus Amerika:

Die Devise lautet: Besser warten als vorschnell kaufen! Deshalb sollten Anleger derzeit noch Abstand von den Quant-Fonds des weltgrößte­n Vermögensv­erwalters BlackRock nehmen, die im Juni 2018 aufgelegt wurden. Das US-Unternehme­n, das über iShares selbst rund 370 Indexfonds vertreibt, will mit der „BlackRock Advantage“-Reihe kostenbewu­sste Anleger ansprechen, die Wert auf aktives Management legen. Möglich macht dies ein quantitati­v-systematis­cher Ansatz, der laut BlackRock „Technologi­e, Big-Data-Analysen und verantwort­liches Investiere­n“verbindet. Die jährliche Gebühr ist mit 0,4 Prozent für den Weltaktien­fonds (World Equity Fund) weit niedriger als bei anderen aktiv verwaltete­n Fonds. Noch aber steckt nur wenig Geld in den Produkten.

Wie smart sind Faktor-ETFs?

Ein schon länger etablierte­r Trend sind sogenannte Smart-Beta- oder Faktor-ETFs. Das sind Indexfonds, bei denen sich das Portfolio anders zusammense­tzt und die Aktien anders gewichtet werden als bei üblichen Indexfonds. Die Auswahlkri­terien der Smart-Beta-ETFs werden auch als Faktoren bezeichnet. „Dazu gehören unter anderem Unterbewer­tung (Value), kleine Unternehme­nsgröße, Qualität, Dividenden, Momentum und niedrige Volatilitä­t“, erklärt Ingo Schweitzer. Inzwischen hat die Branche eine Reihe von Multi-Faktor-ETFs entwickelt, die mehrere solcher Faktoren bündeln. Die Hoffnung dahinter: Diese von der Wissenscha­ft erforschte­n Faktoren sollen Anlegern einen Mehrwert gegenüber klassische­n Index-Investment­s verschaffe­n. Sicher ist zunächst nur, dass die Anbieter für diese Faktor-ETFs eine höhere Management­gebühr kassieren als für normale ETFs. Wohl auch deshalb frohlockte BlackRock 2015, dass Smart-Beta-ETFs zehn Jahre später ein Volumen von 2,4 Billionen Dollar haben werden – das entspräche etwa einer Vervierfac­hung des Volumens von damals.

Keine „eierlegend­e Wollmilchs­au“:

Ob es so kommt, ist unklar. „Klar ist inzwischen, dass auch ein Smart-Beta-ETF keine eierlegend­e Wollmilchs­au ist“, sagt Gerd Selig. So merken kritische Finanzwiss­enschaftle­r an, dass einzelne Faktoren wie Value oder Small Cap jahrelang deutlich schlechter abschneide­n können als der breite Markt – und viele Anleger ausgerechn­et dann das Handtuch werfen. Inzwischen müssen Anhänger von Indexfonds immer kritischer hinschauen, wenn neue Produkte auf den Markt kommen. Ein gutes Beispiel dürfte der JP Morgan Managed Futures ETF sein, der deutschen Anlegern seit September 2018 offen steht. Das aktive (!) Fondsmanag­ement kann über viele Anlageklas­sen hinweg auf steigende oder fallende Kurse setzen. Was das mit einem ETF zu tun haben soll, dürfte sich vielen Laien kaum erschließe­n. Wer es lieber klassisch mag, wird sich freuen, dass die USFondsges­ellschaft Vanguard, die Erfinder des Indexfonds, immer mehr ihrer Flaggschif­fe auf den deutschen Markt bringen.

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FOTO: DPA Börsengeha­ndelte Indexfonds – sogenannte ETFs – sind attraktiv, allerdings nicht immer besser als gemanagte Fonds.

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