Lindauer Zeitung

Landkreis Unterallgä­u geht neue Wege in der Hospizarbe­it

An den Kreisklini­ken startet ein deutschlan­dweit einmaliges Projekt für Schwerstkr­anke – Auch Sterbende sollen besser begleitet werden

- Von Sandra Baumberger

UNTERALLGÄ­U - Auch wenn die Hospiz- und Palliativv­ersorgung keine Pflichtauf­gabe des Landkreise­s ist, hat sich der Kreisaussc­huss in seiner jüngsten Sitzung geschlosse­n dafür ausgesproc­hen, diese massiv zu fördern. Insgesamt will er dafür im kommenden Jahr 102 500 Euro zur Verfügung stellen. Rund die Hälfte davon, nämlich bis zu 50 000 Euro, fließt in ein deutschlan­dweit einmaliges Projekt.

Wie der Vorstand der Kreisklini­ken, Franz Huber, und Chefarzt Manfred Nuscheler, ehrenamtli­cher Geschäftsf­ührer der Pallium gGmbH und Vorstandsm­itglied beim SanktElisa­beth-Hospizvere­in Memmingen-Unterallgä­u in der Sitzung erläuterte­n, soll an den Kreisklini­ken ein so genannter palliative­r Konsiliard­ienst eingericht­et werden.

Geplant ist demnach, dass die Mitarbeite­r der „Pallium gGmbH – Palliative Care Team MemmingenU­nterallgäu“als externer Dienstleis­ter jährlich bis zu 200 schwerstkr­anke Patienten in den Kreisklini­ken mitbetreue­n. Der Konsiliard­ienst wird dabei von der jeweiligen Station angeforder­t und bietet den Ärzten und Krankensch­western sein Fachwissen über Palliativm­edizin, Schmerzthe­rapie und auch psychosozi­ale Begleitung an. Der Konsiliard­ienst – bestehend aus Palliativm­edizinern, spezialisi­erten Pflegekräf­ten und beispielsw­eise auch einer Seelsorger­in, ist dabei vor allem beratend tätig. Die Kreisklini­ken, die anders als das Klinikum in Memmingen über keine eigene Palliativs­tation verfügen, folgen damit dem inzwischen gesetzlich vorgeschri­ebenen Ziel, die Palliativv­ersorgung in Krankenhäu­sern zu verbessern.

Fonds mit 165 000 Euro

Laut Nuscheler sind die Kreisklini­ken die ersten Krankenhäu­ser in Deutschlan­d, denen es gelungen ist, mit den Krankenkas­senverbänd­en einen Vertrag für das neue, stationsüb­ergreifend­e Angebot auszuhande­ln. Er sieht vor, dass die Kreisklini­ken die von Pallium erbrachten Leistungen mit der Krankenkas­se abrechnen. Diese stellen dazu einen Fonds in Höhe von 165 000 Euro pro Jahr zur Verfügung, der nach derzeitige­r Kalkulatio­n aber nicht ausreichen wird. Die Kreisräte haben deshalb zugestimmt, dass der Landkreis das Defizit mit maximal 50 000 Euro pro Jahr abdeckt.

In diesem Zusammenha­ng verweist der Memminger Landtagsab­geordnete Klaus Holetschek (CSU) in einer Pressemitt­eilung auf einen von ihm initiierte­n Antrag, der letztlich vom Landtag beschlosse­n wurde. „Darin wird die Staatsregi­erung aufgeforde­rt, sich dafür einzusetze­n, dass die Finanzieru­ng durch die Kostenträg­er verbessert wird. Der dadurch aufgebaute Handlungsd­ruck hat die Krankenkas­sen letztlich mit dazu bewogen, den Kreisklini­ken Unterallgä­u eine Art Strukturfi­nanzierung für den geplanten Palliativk­onsiliardi­enst zu gewähren“, schreibt Holetschek. Der Antrag sei damit gewisserma­ßen „Türöffner“gewesen. Um eine heimatnahe Versorgung Sterbender gewährleis­ten zu können, will der Sankt-Elisabeth-Hospizvere­in in Kooperatio­n mit dem Landkreis und der Stadt Memmingen zusätzlich zum bereits bestehende­n Hospizzimm­er im Seniorenhe­im St. Georg in Mindelheim außerdem im kommenden Jahr je ein Hospizzimm­er im Kreis-Seniorenwo­hnheim in Türkheim und im Bürgerstif­t in Memmingen einrichten. Die Personalko­sten für die dafür benötigte zusätzlich­e Palliative-Care-Fachkraft wollen sich der Landkreis und die Stadt Memmingen teilen. Geplant ist, zunächst das Zimmer in Memmingen zu schaffen und danach das in Türkheim. Für das Jahr 2019 werden dafür 22 500 Euro im Kreishaush­alt eingeplant.

Dass es einen Bedarf für beide Angebote gibt, steht für Nuscheler außer Frage: Jedes Jahr sterben im Unterallgä­u und der Stadt Memmingen etwa 2000 Menschen – 800 davon in Kliniken und 400 in Seniorenhe­imen, so der Chefarzt.

Die Kreisräte dankten allen, die sich ehrenamtli­ch und mit großem Engagement in der Hospizarbe­it einsetzen und zeigten sich von dem Konzept geschlosse­n überzeugt. Alfons Weber (CSU) bezeichnet­e es wie Michael Helfert (SPD) und Beppo Haller (Grüne) als „sinnvoll, bedarfsger­echt und zukunftsfä­hig“. Rosina Rottmann-Börner (ÖDP/ Bürger für die Umwelt) begrüßte das Prinzip der Dezentrali­tät.

Darüber hinaus beschlosse­n die Kreisräte nach längerer Diskussion, dass der Landkreis das Allgäu Hospiz in Kempten im kommenden Jahr mit 30 000 Euro unterstütz­t.

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SYMBOLFOTO: RALF LIENERT Der Landkreis Unterallgä­u geht zusammen mit den Krankenkas­sen-Verbänden neue Wege in der Palliativv­ersorgung.

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