Landkreis Unterallgäu geht neue Wege in der Hospizarbeit
An den Kreiskliniken startet ein deutschlandweit einmaliges Projekt für Schwerstkranke – Auch Sterbende sollen besser begleitet werden
UNTERALLGÄU - Auch wenn die Hospiz- und Palliativversorgung keine Pflichtaufgabe des Landkreises ist, hat sich der Kreisausschuss in seiner jüngsten Sitzung geschlossen dafür ausgesprochen, diese massiv zu fördern. Insgesamt will er dafür im kommenden Jahr 102 500 Euro zur Verfügung stellen. Rund die Hälfte davon, nämlich bis zu 50 000 Euro, fließt in ein deutschlandweit einmaliges Projekt.
Wie der Vorstand der Kreiskliniken, Franz Huber, und Chefarzt Manfred Nuscheler, ehrenamtlicher Geschäftsführer der Pallium gGmbH und Vorstandsmitglied beim SanktElisabeth-Hospizverein Memmingen-Unterallgäu in der Sitzung erläuterten, soll an den Kreiskliniken ein so genannter palliativer Konsiliardienst eingerichtet werden.
Geplant ist demnach, dass die Mitarbeiter der „Pallium gGmbH – Palliative Care Team MemmingenUnterallgäu“als externer Dienstleister jährlich bis zu 200 schwerstkranke Patienten in den Kreiskliniken mitbetreuen. Der Konsiliardienst wird dabei von der jeweiligen Station angefordert und bietet den Ärzten und Krankenschwestern sein Fachwissen über Palliativmedizin, Schmerztherapie und auch psychosoziale Begleitung an. Der Konsiliardienst – bestehend aus Palliativmedizinern, spezialisierten Pflegekräften und beispielsweise auch einer Seelsorgerin, ist dabei vor allem beratend tätig. Die Kreiskliniken, die anders als das Klinikum in Memmingen über keine eigene Palliativstation verfügen, folgen damit dem inzwischen gesetzlich vorgeschriebenen Ziel, die Palliativversorgung in Krankenhäusern zu verbessern.
Fonds mit 165 000 Euro
Laut Nuscheler sind die Kreiskliniken die ersten Krankenhäuser in Deutschland, denen es gelungen ist, mit den Krankenkassenverbänden einen Vertrag für das neue, stationsübergreifende Angebot auszuhandeln. Er sieht vor, dass die Kreiskliniken die von Pallium erbrachten Leistungen mit der Krankenkasse abrechnen. Diese stellen dazu einen Fonds in Höhe von 165 000 Euro pro Jahr zur Verfügung, der nach derzeitiger Kalkulation aber nicht ausreichen wird. Die Kreisräte haben deshalb zugestimmt, dass der Landkreis das Defizit mit maximal 50 000 Euro pro Jahr abdeckt.
In diesem Zusammenhang verweist der Memminger Landtagsabgeordnete Klaus Holetschek (CSU) in einer Pressemitteilung auf einen von ihm initiierten Antrag, der letztlich vom Landtag beschlossen wurde. „Darin wird die Staatsregierung aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass die Finanzierung durch die Kostenträger verbessert wird. Der dadurch aufgebaute Handlungsdruck hat die Krankenkassen letztlich mit dazu bewogen, den Kreiskliniken Unterallgäu eine Art Strukturfinanzierung für den geplanten Palliativkonsiliardienst zu gewähren“, schreibt Holetschek. Der Antrag sei damit gewissermaßen „Türöffner“gewesen. Um eine heimatnahe Versorgung Sterbender gewährleisten zu können, will der Sankt-Elisabeth-Hospizverein in Kooperation mit dem Landkreis und der Stadt Memmingen zusätzlich zum bereits bestehenden Hospizzimmer im Seniorenheim St. Georg in Mindelheim außerdem im kommenden Jahr je ein Hospizzimmer im Kreis-Seniorenwohnheim in Türkheim und im Bürgerstift in Memmingen einrichten. Die Personalkosten für die dafür benötigte zusätzliche Palliative-Care-Fachkraft wollen sich der Landkreis und die Stadt Memmingen teilen. Geplant ist, zunächst das Zimmer in Memmingen zu schaffen und danach das in Türkheim. Für das Jahr 2019 werden dafür 22 500 Euro im Kreishaushalt eingeplant.
Dass es einen Bedarf für beide Angebote gibt, steht für Nuscheler außer Frage: Jedes Jahr sterben im Unterallgäu und der Stadt Memmingen etwa 2000 Menschen – 800 davon in Kliniken und 400 in Seniorenheimen, so der Chefarzt.
Die Kreisräte dankten allen, die sich ehrenamtlich und mit großem Engagement in der Hospizarbeit einsetzen und zeigten sich von dem Konzept geschlossen überzeugt. Alfons Weber (CSU) bezeichnete es wie Michael Helfert (SPD) und Beppo Haller (Grüne) als „sinnvoll, bedarfsgerecht und zukunftsfähig“. Rosina Rottmann-Börner (ÖDP/ Bürger für die Umwelt) begrüßte das Prinzip der Dezentralität.
Darüber hinaus beschlossen die Kreisräte nach längerer Diskussion, dass der Landkreis das Allgäu Hospiz in Kempten im kommenden Jahr mit 30 000 Euro unterstützt.