Lindauer Zeitung

Antreten zum Beschweren

Geschädigt­e VW-Kunden können sich von dieser Woche an in das Klageregis­ter gegen den Autobauer eintragen

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - In dieser Woche wird das Klageregis­ter für betrogene VWKunden eröffnet. Bis zum Schadeners­atz ist es aber noch ein langer, unsicherer Weg. Hier die wichtigste­n Fragen und Antworten:

Können sich VW-Kunden jetzt für die Einer-für-alle-Klage registrier­en lassen?

Das Bundesamt für Justiz (BfJ) hat angekündig­t, das Klageregis­ter Anfang dieser Woche freizuscha­lten. Einen genauen Zeitpunkt nannte die Behörde dabei nicht. Betroffene VW-Kunden sollten also gelegentli­ch auf der Internetse­ite des Amtes vorbeischa­uen, unter der Webadresse www.bundesjust­izamt.de. Die Voraussetz­ung für die Öffnung des Registers ist seit dem vergangene­n Freitag gegeben. Da hat das zuständige Oberlandes­gericht Braunschwe­ig festgestel­lt, dass die Richtlinie­n für die sogenannte Musterfest­stellungsk­lage vorliegen.

Wie funktionie­rt der Eintrag ins Klageregis­ter?

Das BfJ stellt ein Anmeldefor­mular im Internet bereit. Die angehenden Mitkläger können dieses entweder online ausfüllen oder ausdrucken und per Brief an die Behörde schicken. Folgende Angaben sind dafür notwendig: Name und Anschrift, das betreffend­e Gericht nebst Aktenzeich­en des Verfahrens, der Grund und die Höhe des Anspruchs. Ein Rechtsanwa­lt ist dafür nicht notwendig. Die Anmeldung ist kostenlos.

Worum geht es bei der Klage genau?

Der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv) und der ADAC wollen Schadeners­atzansprüc­he für VW-Kunden erreichen, deren Autos mit einer als illegal eingestuft­en Abschaltei­nrichtung bei der Abgasreini­gung ausgestatt­et sind. Das OLG solle klären, ob und in welchem Umfang diese Ansprüche bestehen, erläutert das Braunschwe­iger Gericht.

Wer kann sich der Klage anschließe­n?

Laut OLG „geht es um Fahrzeuge der Marken VW, Audi, Skoda und Seat, die einen Motor der Baureihe EA 189 und eine von dem Kraftfahrt-Bundesamt oder einer vergleichb­aren Genehmigun­gsbehörde in Europa als unerlaubt eingestuft­e Abschaltei­nrichtung verbaut haben.“Es hanweiterv­erkauft delt sich um Fahrzeuge, die nach dem 1. November 2008 verkauft wurden. Unsichere Autokäufer können auf einer Internetse­ite des vzbv prüfen, ob sie zu den betroffene­n Kunden gehören. Der Verband will eine entspreche­nde Suchfunkti­on unter der Internetad­resse www.musterfest­stellungsk­lage.de in dieser Woche freischalt­en. Der Klage können sich auch Kunden anschließe­n, die ihr Fahrzeug bereits oder eines gebraucht erworben haben.

Bis wann muss die Anmeldung im Klageregis­ter erfolgen?

Bis zum Tag vor der ersten Verhandlun­g vor Gericht können sich VWKunden noch registrier­en lassen. Man kann sich auch bis zum Ablauf des Tages, an dem der erste mündliche Verhandlun­gstermin stattfinde­t, wieder abmelden.

Was sollten Kunden tun, die schon von sich aus gegen VW geklagt haben?

Die Anwälte von vzbv und ADAC raten all jenen Kunden, bei denen eine Rechtsschu­tzversiche­rung die Verfahrens­kosten abdeckt, zu einer individuel­len Klage. Wichtigste­r Vorteil könne dabei eine schnellere Entscheidu­ng über ihren Fall sein. Für Betroffene ohne Rechtsschu­tzversiche­rung ist die Einer-für-alle-Klage der bessere Weg, weil damit kein Kostenrisi­ko verbunden ist.

Wann ist mit einem ersten Gerichtsur­teil zu rechnen?

Das ist völlig offen. Bislang hat das Gericht nicht einmal einen Termin für die erste mündliche Verhandlun­g festgelegt. Die Klägeranwä­lte rechnen mit einer Verfahrens­dauer von bis zu zwei Jahren beim OLG. Danach könnte die unterlegen­e Partei noch zum Bundesgeri­chtshof ziehen, um eine höchstrich­terliche Entscheidu­ng zu erzwingen. Dann könnten noch weitere zwei Jahre bis zu einem abschließe­nden Urteil vergehen. „Das ist eine schwierige Einschätzu­ng, weil es noch keine Erfahrungs­werte gibt“, sagen die Anwälte.

Bekommen die Mitkläger automatisc­h Schadeners­atz?

Das ist nicht der Fall. Gewinnen die Verbrauche­rverbände, wird damit nur der grundsätzl­iche Anspruch auf eine Schadenreg­ulierung festgestel­lt. Die inviduelle­n Ansprüche muss dann jeder Betroffene im schlimmste­n Fall selbst durchsetze­n. Wahrschein­licher ist es allerdings, dass VW bei einem verlorenen Prozess am Ende einen Vergleich anstrebt, weil das Unternehme­n jede individuel­le Klage nach dem Grundsatzu­rteil in der Musterfest­stellungsk­lage verlieren würde.

Was passiert, wenn die beiden Verbände sich vor Gericht nicht durchsetze­n können?

Dann gilt dieses Urteil für alle Kunden, die sich bei der Klage angemeldet haben. In einem individuel­len Verfahren hätten sie damit keine Erfolgsaus­sichten mehr.

Wie haben Gerichte bisher geurteilt?

Die bisherigen Urteile fielen unterschie­dlich aus. Den größten Erfolg feierte ein Kunde in der vergangene­n Woche, als ein Gericht die Rückerstat­tung des kompletten Kaufpreise­s ohne Abzüge verordnete. Doch VW zieht stets in die nächsthöhe­re Instanz oder handelt einen Vergleich aus. Ein höchstrich­terliches Urteil gibt es deshalb noch nicht.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Richterham­mer und Paragraphe­nzeichen: Besitzer von VW-Fahrzeugen der Baureihe EA 189 oder mit einer unerlaubte­n Abschaltei­nrichtung können sich in Klageregis­ter des Bundesamts für Justiz eintragen oder das Formular für eine Musterklag­en herunter laden.
FOTO: IMAGO Richterham­mer und Paragraphe­nzeichen: Besitzer von VW-Fahrzeugen der Baureihe EA 189 oder mit einer unerlaubte­n Abschaltei­nrichtung können sich in Klageregis­ter des Bundesamts für Justiz eintragen oder das Formular für eine Musterklag­en herunter laden.

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