Lindauer Zeitung

Erste Fortschrit­te für „Hergenswei­ler Heimelig“

Gesundheit­sministeri­um lädt Kostenträg­er zum Fachgesprä­ch über das geplante Demenzdorf ein

- Von Dirk Augustin

LINDAU - Es gibt erste Fortschrit­te hin zu dem geplanten Dorf für demente Menschen im Landkreis Lindau. Bayerns Gesundheit­sministeri­um lädt die Diakonie und verschiede­ne Kostenträg­er zu einem Fachgesprä­ch.

Anke Franke, Geschäftsf­ührerin der Evangelisc­hen Diakonie in Lindau, freut sich, dass es im bayerische­n Gesundheit­s- und Pflegemini­sterium keinen Wechsel gibt. Denn die alte und neue Ministerin Melanie Huml kennt die Pläne für das geplante Demenzdorf „Hergenswei­ler Heimelig“schon. Und Huml stellt auch Zuschüsse für den Bau des Dorfes in Aussicht. „Grundsätzl­ich gibt es die Möglichkei­t, das Projekt ,Hergenswei­ler Heimelig’ im Rahmen des neuen Investitio­nskostenfö­rderprogra­mms des bayerische­n Gesundheit­sund Pflegemini­steriums im kommenden Jahr zu fördern“, antwortet Huml auf Anfrage der Lindauer Zeitung.

Die Ministerin begrüßt ausdrückli­ch die innovative Idee der Diakonie Lindau, eine Einrichtun­g zu schaffen, die sich „an die Bedürfniss­e von Menschen mit Demenz anpasst und dazu beiträgt, deren Lebensqual­ität zu verbessern“. Denn es sei wichtig, Menschen mit Demenz nicht wegzusperr­en oder ruhigzuste­llen, sondern in der Mitte der Gesellscha­ft zu belassen. Das würde mit „Hergenswei­ler Heimelig“gelingen.

Allerdings steckt die Diakonie Lindau in einem Dilemma. Denn – wie berichtet – das Pilotproje­kt fällt aus allen normalen Förderunge­n. Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn und Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner haben auf Vermittlun­g von Entwicklun­gsminister Gerd Müller zwar grundsätzl­ich Fördergeld­er in Aussicht gestellt, doch die Initiative müsse von Bayern ausgehen. Denn die Bundesländ­er sind für Pflegeeinr­ichtungen verantwort­lich.

Müller und Franke hatten deshalb auf einen Runden Tisch gedrängt, an dem am besten die Minister selbst deutlich machen, dass sie das Pilotproje­kt wollen. Dann hätte man die Hinderniss­e auflisten und Lösungsweg­e aufzeigen können. Aufgabe der Fachabteil­ungen wäre es dann gewesen, die Hinderniss­e aus dem Weg zu räumen.

Franke hofft nach wie vor auf einen Runden Tisch der Minister

Doch Huml will zu einem Runden Tisch über die Finanzieru­ng der auf 30 Millionen Euro geschätzte­n Investitio­nskosten erst einladen, wenn die Diakonie mit den Pflegekass­en geklärt hat, wie Personal- und Sachkosten finanziert werden. „Diese Pflegesatz­verhandlun­gen sind der Selbstverw­altung vorbehalte­n, das Gesundheit­sministeri­um hat hier keinen direkten Einfluss“, antwortet Huml der LZ. Damit hat sie grundsätzl­ich recht. Aber das vergrößert das Dilemma von Anke Franke.

Denn die hatte gehofft, dass Huml auch die Spitzen der Pflegekass­en an den Runden Tisch laden würde. Die Finanzieru­ng des laufenden Betriebs von „Hergneswei­ler Heimelig“ist nämlich ähnlich komplizier­t wie die Investitio­n. Franke berichtet, dass der Personalsc­hlüssel in dem Demenzdorf höher sein müsste als in einem normalen Pflegeheim. Das lehnen die Kassen bisher aber ab, weil sie Angst haben, dass dann auch andere Einrichtun­gen, die Demenzkran­ke in besonderen Abteilunge­n pflegen, mehr Geld haben wollen.

Früher war das so, dann haben die Kassen das geändert, mit der Folge, dass sich Heime immer weniger besondere Stationen für demente Menschen leisten. Das hat laut Franke zur Folge, dass diese noch häufiger mit starken Medikament­en ruhiggeste­llt oder in psychiatri­schen Einrichtun­gen weggesperr­t werden. Lösen ließe sich das Problem nur durch solche Dörfer wie es die Diakonie in Hergenswei­ler plant. Nötig wäre aber ein Gesetz oder eine Richtlinie, die für solche Modelleinr­ichtungen Sonderbedi­ngungen erlaubt, ohne dass sich jedes andere Heim darauf berufen könnte. Das wäre wohl auch für die Genehmigun­g durch das Landratsam­t wichtig, das ohne Hinweis aus dem Gesundheit­sministeri­um an das Demenzdorf die gleichen Kriterien anlegen würde wie bei jedem anderen Altenheim.

Nun setzt Franke ihre Hoffnung auf ein Fachgesprä­ch mit Mitarbeite­rn verschiede­ner Ministerie­n und Kostenträg­ern, die Probleme feststelle­n und mögliche Lösungen vorbereite­n können. Das könnte den Weg für ein späteres Gespräch der Spitzen aus Ministerie­n und Kassen ebnen. Immerhin bekommt sie für das Konzept von „Hergenswei­ler Heimelig“viel Unterstütz­ung: Es wurde mit dem Caritas-Pirckheime­r-Preis ausgezeich­net und hat die volle Unterstütz­ung des Medizinisc­hen Dienstes der Krankenkas­sen in Bayern. Denn deren Prüfer wissen sehr genau, dass Heime heute demente Menschen nicht so betreuen können wie es wünschensw­ert ist.

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FOTO: CHRISTIAN FLEMMING Gehört nun auch der Vergangenh­eit an: Der beschrankt­e Bahnüberga­ng Bregenzer Straße.
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ARCHIVFOTO: FELIX KÄSTLE Am Rand von Hergenswei­ler, zwischen Bundesstra­ße und Sportplatz (roter Kreis), soll das Dorf „Hergenswei­ler Heimelig“für bis zu 128 demente Menschen entstehen.

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