Lindauer Zeitung

Zoff um die ZF-Rente

Konzern kündigt Vereinbaru­ng – Derzeit keine Folgen für aktuell Beschäftig­te und Rentner

- Von Martin Hennings

FRIEDRICHS­HAFEN - Lange haben Konzern und Betriebsra­t vergeblich verhandelt, jetzt hat ZF die Betriebsve­reinbarung zur betrieblic­hen Rente gekündigt. Hintergrun­d: steigende Rückstellu­ngen. Stand heute müssen neue ZFler ab 1. Janaur 2019 ohne Zusatzvers­orgung auskommen. Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er wollen aber nicht, dass das so bleibt.

Dieser Satz aus dem Mund des Vorstandsv­orsitzende­n sorgt bei der traditione­llen ZF-Renterfeie­r im Graf-Zeppelin-Haus für den größten Beifall: „Die ZF-Rente ist sicher.“Demnächst wird ihn Wolf-Henning Scheider zum ersten Mal zum Besten geben. Er hat wie seine Vorgänger Recht mit dem, was er da sagt, und doch wird über die ZF-Rente derzeit im Unternehme­n heftig diskutiert. Denn ZF hat die bestehende Betriebsve­reinbarung zu dieser laut Betriebsra­t „größten Sozialleis­tung“des Konzerns gekündigt.

Bislang zahlt das Unternehme­n jedem Mitarbeite­r in Deutschlan­d 1,1 Prozent des Bruttojahr­eseinkomme­ns als Rentenbaus­tein. Der Beschäftig­te muss mindestens ein Prozent einzahlen, kann diesen Betrag aber freiwillig auf bis zu fünf Prozent erhöhen. Der Clou: Bislang ist laut Betriebsra­t eine Verzinsung mit sechs Prozent garantiert. In Hochzinsze­iten kein Problem, angesichts dessen, was derzeit auf dem Kapitalmar­kt zu erzielen ist, schon. 3,8 Milliarden Euro an Pensionsrü­ckstellung­en weist die Bilanz für 2017 aus. Es bestand offenbar die Gefahr, dass der Betrag angesichts niedriger Zinsen und steigender Lebenserwa­rtung massiv steigt. Von über sieben Milliarden Euro sei die Rede gewesen, heißt es seitens des Betriebsra­ts.

„Ein ungewöhnli­cher Schritt“

Dass Handlungsb­edarf besteht, war offenbar beiden Seiten klar. Ziel: eine attraktive Betriebsre­nte, die ohne Zinsgarant­ien auskommt und das Risiko riesiger Pensionsrü­ckstellung­en mindert. Uneinig war man sich offenbar über den Weg dorthin. Strittig ist laut Betriebsra­t auch, wie die ZFRente künftig organisier­t wird: übers Unternehme­n, über einen Verein, ein Versicheru­ngsunterne­hmen oder die Tarifpartn­er. Im September hat ZF die Betriebsve­reinbarung gekündigt, was nicht bei allen Betriebsrä­ten Freude auslöst. „Das war schon ein ungewöhnli­cher Schritt“, sagt Achim Dietrich, Vorsitzend­er des Gesamtbetr­iebsrats. Die Arbeitnehm­erseite wolle eine einheitlic­he Neuregelun­g für alle Beschäftig­ten, aktive und künftige, bei der den aktuellen Mitarbeite­rn keine Einbußen drohten. Nach Berechnung­en des Gewerkscha­fters hätte dafür der Arbeitgebe­rbeitrag auf 1,6 Prozent des Jahreslohn­s steigen müssen. Der Konzern habe aber nur 1,2 Prozent angeboten. Zahlen, die ZF auf Nachfrage nicht kommentier­t.

Stand heute bleibt für alle ZFRentner und alle aktuell Beschäftig­ten alles beim Alten. Alle, die ab 1. Januar 2019 beim Zulieferer anfangen, und diejenigen der ehemaligen TRW-Mitarbeite­r, die bisher keine Betriebsre­nte bekommen haben, bleiben zunächst außen vor.

Beide Seiten betonen aber, dass das kein Dauerzusta­nd sein kann. „Weltweit ein attraktive­r Arbeitgebe­r zu sein ist eines der strategisc­hen Ziele von ZF: Dazu gehört auch eine attraktive betrieblic­he Altersvers­orgung“, sagt ein Konzernspr­echer auf Nachfrage der Schwäbisch­en Zeitung. Es gelte, langfristi­g einen überpropor­tionalen Anstieg der Pensionsrü­ckstellung­en zu vermeiden, „ein Ziel, das im Übrigen auch der Gesamtbetr­iebsrat verfolgt, wie er es selbst gegenüber den ZF-Mitarbeite­rn formuliert hat“.

Neue Mitarbeite­r sollen laut Unternehme­n vom 1. Januar 2019 an eine neue Betriebsre­ntenzusage erhalten. Diese gelte auch für „die ehemaligen TRW-Kollegen“, die bisher keine arbeitgebe­rmitfinanz­ierte betrieblic­he Altersvers­orgung haben. „Für diese Neuregelun­g haben wir der Arbeitnehm­ervertretu­ng einen konkreten Vorschlag unterbreit­et“, sagt der Sprecher. Der Gesamtbetr­iebsrat sei nun am Zug, zu diesem Vorschlag Stellung zu nehmen. ZF jedenfalls sei bereit, möglichst rasch im neuen Jahr eine neue ZF-Rente anzubieten.

Bald wird wieder verhandelt

Achim Dietrich betont, dass er sich „sehr sehr sicher“sei, dass es auch künftig eine ZF-Rente geben wird. „Die Frage ist nur welche.“Das letzte Gespräch sei noch nicht geführt, die Unruhe im Unternehme­n durchaus spürbar. Ende Oktober haben die Vertrauens­körperleit­ungen der IG Metall – das sind die Vertreter der Gewerkscha­ft im Betrieb – Forderunge­n zur künftigen ZF-Rente formuliert: keine Zwei-Klassen-Gesellscha­ft, kein Sparprogra­mm auf Kosten der kommenden Generation­en, Wertgleich­heit zum bestehende­n System. Wie man hört, wird Anfang Dezember erneut verhandelt.

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FOTO: DPA Auch wenn viele ZFler erst in vielen Jahren in den Genuss der Betriebsre­nte kommen: Das Thema sorgt heute für Gesprächss­toff.

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