Ja zur neuen Technik, Nein zum Zwang
Allgäuer Bauern wollen nach eigenem Fachwissen ihre Felder düngen
MECKATZ - Sie wollen das tun, was sie in der Ausbildung gelernt haben: Nach „guter fachlicher Praxis“ihre Höfe bewirtschaften. Dazu gehört auch das Düngen der Felder. Die gute fachliche Praxis sehen viele Landwirte jedoch durch die neue Düngeverordnung gefährdet. Vor allem, wenn wie vorgesehen ab 2025 Gülle nicht mehr mit herkömmlichen Fässern, sondern nur noch mittels neuer Techniken unmittelbar am Boden ausgebracht werden darf. Wie brisant das Thema ist, bewies der Zulauf einer Informationsveranstaltung, die Armin Eugler, Kreisvorsitzender des Bundesverbands Deutscher Milchviehhalter, in Meckatz veranstaltete. Gut 120 Landwirte ließen sich von Ostallgäuer Kollegen über das Thema und eine Petition an den bayerischen Landtag informieren.
„Wir sind nicht gegen die neue Technik, aber wir sind dagegen, dass sie ab 2025 verpflichtend ist“, erklärte Rudolf Rauscher aus Günzach, einer der Initiatoren der Petition. Sie soll erreichen, dass die Allgäuer Bergbauern von der Verpflichtung ausgenommen werden, ab 2025 nur noch mit Schleppschlauch-, Schleppschuh- oder Schlitztechnik Gülle auszubringen. Die Befreiung für Bergbauern – als solche gilt die Hälfte der Grünlandbetriebe im Landkreis Lindau – sei als erster Schritt zu verstehen, beantwortete Rauscher die Frage eines Zuhörers. „Uns wurde geraten, am Anfang nicht alles zu ziehen.“
Ziel der bodennahen Gülleausbringung ist es vor allem, die Emissionen von Ammoniak zu verringern, erklärte vor Kurzem Dr. Matthias Wendland von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL). In den Augen der Kritiker dagegen sind diese Techniken nicht nur teuer sowie schwierig und unflexibel zu handhaben. Sie könnten auch Futterqualität, Tierwohl und Milchqualität negativ beeinflussen, wenn der Boden die durch Schläuche direkt aufgebrachte Gülle nicht ganz aufnimmt. Dann blieben „Güllewürstchen“liegen, die das Gras verunreinigen. „Scheiße im Futter ist nicht vertretbar. Es heißt nicht umsonst: Man melkt die Kuh übers Maul“, sagte der Günzacher Bauer Thomas Fleschutz. Die derzeit genutzten Güllefässer mit Schwanenhals- oder Schwenkverteiler verbreiteten die Gülle gleichmäßiger auf den Flächen. Die große Tropfenbildung durch Verdünnen der Gülle mit Wasser verhindere zudem weitgehend die Ausgasung, erklärte er.
Natürlich spielt der finanzielle Aufwand, den sie für die Umstellung betreiben müssten, eine große Rolle für die Bauern. Dem Preis von 20 000 Euro für ein herkömmliches Güllefass stehen gut 80 000 Euro für einen Schleppschuhverteiler gegenüber. Die Gerätschaften über den Maschinenring gemeinsam zu nutzen, sei nur eingeschränkt praktikabel, erklärten die Referenten. Dann nämlich könnten nicht mehr alle Landwirte die optimalen Zeiträume, also feuchte, kühle Stunden, fürs Bschütten nutzen. Als Problem sehen die Kritiker auch die Größe der Anlagen. Auf kleineren Flächen seien sie kaum nutzbar, und mancher Landwirt brauche eine stärkere Zugmaschine für die neuen Fässer.
Neben dem Vorwurf, ihnen werde „von oben“ein starres Verfahren übergestülpt, empört die Landwirte vor allem eins: Die Techniken sind laut Thomas Fleschutz und Rudolf Rauscher bislang nicht objektiv verglichen worden. Landtagsabgeordnete hätten sie auf entsprechende Anfragen hin vertröstet oder gar angelogen, Vertreter der LfL nähmen Einwände der Landwirte nicht ernst. Jüngst angekündigte Untersuchungen in Triesdorf (Unterfranken) sind nach Meinung der Allgäuer nicht hilfreich. Zu unterschiedlich seien Klima und Böden in den beiden Regionen.
Neben der Petition, die die Günzacher Bauern mit möglichst vielen Unterschriften Anfang 2019 an den Landtag schicken, wollen sie erreichen, dass am Spitalhof in Kempten die Gülleausbringmethoden getestet werden, und zwar mehrere Wochen. „Wir wollen eine Gülle-Challenge: gute fachliche Praxis gegen die Möchtegern-Experten“, sagte Thomas Fleschutz. Rudolf Rauscher ergänzte: „Und bei diesen Versuchen müssen wir dabei sein.“
Von Kreisbauernobmann Elmar Karg wollte Rauscher wissen, was denn der Bayerische Bauernverband (BBV) in dieser Sache unternehme und was es mit den 26 000 Unterschriften auf sich habe, die er angeblich gesammelt habe. „Ihr habt zu 100 Prozent meine Zustimmung“, antwortete Karg. Die geforderten Tests Bauer Thomas Fleschutz am Spitalhof begrüße er. „Es hätte eine Signalwirkung, wenn der Versuch in Kempten gemacht wird. Das mit Triesdorf wäre fatal.“Der BBV befasse sich übrigens mit der Düngeverordnung seit 2011 und habe einige Korrekturen erreicht – „wenn auch nicht genug“. Als Beispiele nannte Karg eine Verkürzung der Sperrfrist (in Bayern darf lediglich zwischen 27. November und 28. Februar nicht gegüllt werden) und die Verringerung der den Höfen vorgeschriebenen Lagerkapazität für Gülle von neun auf sechs Monate.
Damit Bayern im Rahmen seines Spielraums die Düngeverordnung möglichst praxistauglich umsetzt, habe der Bauernverband eine Unterschriftenaktion gestartet, erklärte Karg auf Nachfrage unserer Zeitung. Von den 26 000 Unterschriften stammen 1200 aus dem Bereich Lindau/ Kempten. Auch die Petition der Günzacher Bauern dürfte im Westallgäu etliche Unterstützer finden; den Kollegen aus der württembergischen Nachbarschaft, die in Meckatz zahlreich vertreten waren, nutzt sie indes aktuell nicht.
„Scheiße im Futter ist nicht vertretbar.“