Lindauer Zeitung

Eine moralische Verpflicht­ung

- Von Igor Steinle politik@schwaebisc­he.de

Ziele zu haben ist wichtig im Leben. Genauso wichtig ist allerdings konkretes Handeln, um gesteckte Ziele zu erreichen. Daran jedoch fehlt es in der globalen Klimapolit­ik. So haben die meisten Länder zwar erkannt, dass der Klimawande­l Wohlstand und Gesundheit ihrer Bürger bedroht. Vor drei Jahren beschlosse­n sie deswegen in Paris, den weltweiten Temperatur­anstieg auf zwei Grad zu begrenzen. Geschehen ist seitdem herzlich wenig. So gut wie kein Staat von Bedeutung erfüllt seine Versprechu­ngen. Trotz aller Ziele und Ankündigun­gen befinden sich die weltweiten Treibhausg­asemission­en auf Rekordnive­au.

Klimaschüt­zer hoffen nun auf den Weltklimag­ipfel ab Montag in Kattowitz. Dort soll Paris mit Leben gefüllt, aus der Absichtser­klärung soll ein verbindlic­hes Regelbuch werden, mit dem das Zwei-Grad-Ziel erreicht werden kann. Dieses Vorhaben ist anspruchsv­oller denn je. Das liegt auch daran, dass Deutschlan­d seine Vorreiterr­olle verloren hat.

Bisher war das Land glaubwürdi­ger Vermittler zwischen Industries­taaten auf der einen und Entwicklun­gssowie Schwellenl­ändern auf der anderen Seite. Die Letzteren wollen Entschädig­ungen für den Wohlstands­verzicht, den es bedeutet, kein Kohlenstof­fdioxid mehr in die Luft zu pusten. Die Industriel­änder hingegen wollen nicht die einzigen sein, die ihre Wirtschaft umkrempeln. Wäre die deutsche Delegation mit einem konkreten Kohleausst­iegsdatum nach Kattowitz gereist, hätte dies Signalwirk­ung gehabt. Stattdesse­n sind die Erwartunge­n nun denkbar niedrig.

Für Deutschlan­d wäre ein Scheitern ehrlicherw­eise verkraftba­r: Das Land ist reich genug, um den schleichen­den Klimawande­l zu gestalten und die eigene Wirtschaft umzubauen. Verheerend ist klimapolit­isches Nichtstun für die Entwicklun­gsländer. Nirgends ist das schon heute besser zu beobachten, als auf den Südsee-Inseln. Die Einwohner von Tuvalu etwa werden bereits jetzt umgesiedel­t – auch wegen unseres Lebensstil­s. Es ist somit eine moralische Verpflicht­ung, den globalen Temperatur­anstieg zu begrenzen.

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