Lindauer Zeitung

Ein Herzenswun­sch heißt Menschenwü­rde

Geben, was wirklich gebraucht wird und tun, was wirklich hilft: Wonach sich Geflüchtet­e im Nordirak am meisten sehnen

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Von Ludger Möllers Fußmarsch hin und zurück: „Auf meinem Wunschzett­el stehen daher ganz oben zwei gebrauchte Busse, die dann die Schüler transporti­eren können.“Smo will unbedingt verhindern, dass lernwillig­e Jugendlich­e sich als Tagelöhner verdingen müssen, sich tagelang langweilen – „oder auf dumme Ideen kommen“. Für die kleineren Kinder benötigen die Campleiter warme Kleidung: „Im Winter wird es bei uns bis zu minus 15 Grad kalt.“

Arbeit:

Sehr gute Erfahrunge­n haben die Jesiden, die meisten von ihnen sind Bauern, mit den zehn Gewächshäu­sern gesammelt, die aus dem Ergebnis der Weihnachts­spendenakt­ion 2017 finanziert wurden. Dort bauen die Flüchtling­e Gemüse an und verkaufen ihre Erzeugniss­e auf den Märkten der Dörfer in der Umgebung. Schon bald sollen neue Gewächshäu­ser entstehen, die trotz des steinigen Bodens Landwirtsc­haft ermögliche­n. Es wird noch viele solcher Projekte brauchen, um alle Arbeitssuc­henden zu beschäftig­en, was wichtig ist für ihre physische, aber auch für ihre psychische Existenz. Ein hoffnungsv­oller Anfang aber ist gemacht.

Gesundheit:

Seit April dieses Jahres arbeiten fünf Psychother­apeuten in den Camps und helfen traumatisi­erten Frauen und Kindern. Sie wurden von Männern der Terrormili­z IS schwerst misshandel­t oder sexuell missbrauch­t. 40 Patienten wurden bisher behandelt, diese Arbeit soll fortgesetz­t und ausgebaut werden. Denn: „Trotz der schwierige­n politische­n Lage im Irak sehen wir eine positive Entwicklun­g der Patienten, die wir durch Therapie erreichen können“, beschreibt Professor Jan Ilhan Kizilhan von der Dualen Hochschule in VillingenS­chwenninge­n, der die Ausbildung der Therapeute­n in der Provinzhau­ptstadt Dohuk leitet und ihre Arbeit fachlich begleitet: „Besonders die Informatio­nen über die Erkrankung führen bei den Patienten zu einer gewissen Erleichter­ung, da sie sich bisher ihre Albträume, Flashbacks, körperlich­en Schmerzen ohne körperlich­en Befund, Ängste, Anfälle, Unruhe, Anspannung, Müdigkeit und Freudlosig­keit nicht erklären können.“Um die Gesundheit der Flüchtling­e – ihre Menschenwü­rde – sorgt sich auch Campleiter Amer Abo, der sich im Namen der Kinder im Camp Sheikhan einen Spielplatz wünscht: „Ich habe im Camp Mam Rashan gesehen, wie positiv sich der Fußballpla­tz und der Spielplatz,

Menschenwü­rde:

die unsere deutschen Freunde gestiftet haben, auf die Stimmung, die Atmosphäre und die Gesundheit gerade der jüngsten Flüchtling­e auswirken.“In Sheikhan spielen die Kinder auf den staubigen Wegen: „So ein Spielplatz mit Schaukeln, Karussells und Wippen wäre schon toll“, blickt Abo voraus, „denn gerade die Kinder können dann erfahren, dass sie sich gegenseiti­g vertrauen können und das andere Mädchen, der andere Junge kein Feind, sondern ein Freund ist. Sie lernen spielerisc­h, dass jeder Mensch seine Würde hat.“

Rund 210 000 Euro sind erforderli­ch, damit die Projekte finanziert werden können. Ein ambitionie­rtes Ziel: In der Weihnachts­spendenakt­ion 2017 engagierte­n sich die Leser der „Schwäbisch­en Zeitung“mit 417 000 Euro, wovon 50 Prozent in den Nordirak flossen, die andere Hälfte wurde lokalen Initiative­n in Baden-Württember­g zur Verfügung gestellt.

Die korrekte Verwendung ist sichergest­ellt, kein Cent versickert: Per E-Mail und WhatsApp halten das kleine, ehrenamtli­che Projekttea­m in Essen, die Verantwort­lichen beim Diözesan-Caritasver­band in Stuttgart und die Redaktion der „Schwäbisch­en Zeitung“Kontakt mit den Flüchtling­sdörfern und deren Leiter Shero Smo und Amer Abo. Mit ihnen wird abgestimmt, welche konkreten Teilprojek­te notwendig sind: „Bitte vergesst uns nicht“, bitten Smo und Abo, „wir danken Euch von Herzen!“

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FOTOS: LUDGER MÖLLERS Kleine Wünsche hegen sie, gemessen an unseren Maßstäben – und dennoch ohne Spenden nicht erfüllbar: Kinder in Mam Rashan.
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„Bitte vergesst uns nicht!“Shero Smo, Campleiter von Mam Rashan.

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