Lindauer Zeitung

Islam für Deutschlan­d gesucht

Muslime verschiede­ner Strömungen diskutiere­n mit dem Innenminis­ter und streiten untereinan­der

- Von Stefan Kegel

BERLIN - Mit seiner Bemerkung, der Islam gehöre nicht zu Deutschlan­d, brach Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) im März eine Debatte los. Am Mittwoch eröffnete er nun die vierte Deutsche Islam-Konferenz – und will mit Muslimen im Gespräch bleiben.

„Deutsche Islam Konferenz“steht in holprigem Deutsch auf der blauen Wand im Veranstalt­ungssaal an der Berliner Friedrichs­traße. Der vergessene Bindestric­h weist sinnbildli­ch auf das Thema der Veranstalt­ung hin: die fehlende Bindung vieler der knapp fünf Millionen Muslime an Deutschlan­d.

Und so macht sich Innenminis­ter Seehofer am Mittwoch daran, seinen Satz „Der Islam gehört nicht zu Deutschlan­d“zu relativier­en. „Muslime gehören zu Deutschlan­d“, betont er in seiner Eröffnungs­rede zur inzwischen vierten Ausgabe der Islam-Konferenz.

Veränderun­gen durch Zuwanderer

Das Ziel der Konferenz nach den Erfahrunge­n der vergangene­n Ausgaben sei ein Praxisbezu­g. „Meine Frage ist: Wie können wir einen Islam in Deutschlan­d fördern, der in unserer Gesellscha­ft verwurzelt ist?“, fragt er. Dies sei auch unter Muslimen nicht unumstritt­en, zumal sich die Zusammense­tzung der islamische­n Gemeinscha­ften in Deutschlan­d durch die Zuwanderun­g der Jahre 2015 und 2016 stark verändert habe. Ihnen solle die Konferenz als Forum dienen, auch miteinande­r zu reden. Ziel sei ein „Islam aus, in und für Deutschlan­d“. Deutlich hebt der Minister hervor, islamische­s Leben in Deutschlan­d müsse sich im Rahmen des Grundgeset­zes „und in der gelebten Akzeptanz der in Deutschlan­d geltenden Rechts- und Werteordnu­ng“abspielen.

Gleichzeit­ig ruft er die islamische­n Verbände dazu auf, sich nach dem Religionsv­erfassungs­recht zu organisier­en. Damit könnten sie als Religionsg­emeinschaf­t analog den Kirchen anerkannt werden und zum Beispiel eine Moscheeste­uer erheben. Dann wären sie nicht mehr auf Geld aus dem Ausland angewiesen.

Vorwürfe der Diffamieru­ng

War die Konferenz früher dominiert von großen Verbänden wie der türkisch kontrollie­rten Ditib, sind bei den Debatten in den kommenden Monaten auch liberale und andere Muslime aus der Zivilgesel­lschaft dabei. Wie schwierig schon der innermusli­mische der Dialog ist, offenbart die erste Diskussion. Da werfen Vertreter verschiede­ner Gruppierun­gen sich gegenseiti­g im Duz-Ton vor, einander kleinzured­en und zu diffamiere­n. Seyran Ates, Mitbegründ­erin der Initiative Säkularer Islam, kritisiert, dass Ditib erneut an exponierte­r Stelle vertreten sei.

Und die Islamwisse­nschaftler­in Lamya Kaddor sieht sich mit dem skurrilen Vorwurf konfrontie­rt, einen Swinger-Club eröffnen zu wollen, worauf der Chef des Zentralrat­s der Muslime, Aiman Mazyek, den Urheber mit dem „Recht auf Meinungsfr­eiheit“verteidigt. Die Debatten der kommenden Monate verspreche­n einige Spannung.

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