Islam für Deutschland gesucht
Muslime verschiedener Strömungen diskutieren mit dem Innenminister und streiten untereinander
BERLIN - Mit seiner Bemerkung, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, brach Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) im März eine Debatte los. Am Mittwoch eröffnete er nun die vierte Deutsche Islam-Konferenz – und will mit Muslimen im Gespräch bleiben.
„Deutsche Islam Konferenz“steht in holprigem Deutsch auf der blauen Wand im Veranstaltungssaal an der Berliner Friedrichstraße. Der vergessene Bindestrich weist sinnbildlich auf das Thema der Veranstaltung hin: die fehlende Bindung vieler der knapp fünf Millionen Muslime an Deutschland.
Und so macht sich Innenminister Seehofer am Mittwoch daran, seinen Satz „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“zu relativieren. „Muslime gehören zu Deutschland“, betont er in seiner Eröffnungsrede zur inzwischen vierten Ausgabe der Islam-Konferenz.
Veränderungen durch Zuwanderer
Das Ziel der Konferenz nach den Erfahrungen der vergangenen Ausgaben sei ein Praxisbezug. „Meine Frage ist: Wie können wir einen Islam in Deutschland fördern, der in unserer Gesellschaft verwurzelt ist?“, fragt er. Dies sei auch unter Muslimen nicht unumstritten, zumal sich die Zusammensetzung der islamischen Gemeinschaften in Deutschland durch die Zuwanderung der Jahre 2015 und 2016 stark verändert habe. Ihnen solle die Konferenz als Forum dienen, auch miteinander zu reden. Ziel sei ein „Islam aus, in und für Deutschland“. Deutlich hebt der Minister hervor, islamisches Leben in Deutschland müsse sich im Rahmen des Grundgesetzes „und in der gelebten Akzeptanz der in Deutschland geltenden Rechts- und Werteordnung“abspielen.
Gleichzeitig ruft er die islamischen Verbände dazu auf, sich nach dem Religionsverfassungsrecht zu organisieren. Damit könnten sie als Religionsgemeinschaft analog den Kirchen anerkannt werden und zum Beispiel eine Moscheesteuer erheben. Dann wären sie nicht mehr auf Geld aus dem Ausland angewiesen.
Vorwürfe der Diffamierung
War die Konferenz früher dominiert von großen Verbänden wie der türkisch kontrollierten Ditib, sind bei den Debatten in den kommenden Monaten auch liberale und andere Muslime aus der Zivilgesellschaft dabei. Wie schwierig schon der innermuslimische der Dialog ist, offenbart die erste Diskussion. Da werfen Vertreter verschiedener Gruppierungen sich gegenseitig im Duz-Ton vor, einander kleinzureden und zu diffamieren. Seyran Ates, Mitbegründerin der Initiative Säkularer Islam, kritisiert, dass Ditib erneut an exponierter Stelle vertreten sei.
Und die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor sieht sich mit dem skurrilen Vorwurf konfrontiert, einen Swinger-Club eröffnen zu wollen, worauf der Chef des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, den Urheber mit dem „Recht auf Meinungsfreiheit“verteidigt. Die Debatten der kommenden Monate versprechen einige Spannung.