Lindauer Zeitung

Gemeinden schrecken vor Kirchenasy­l zurück

Verein „matteo“kritisiert Verschärfu­ngen durch Innenminis­ter

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AUGSBURG (epd) - Die im Sommer von der Innenminis­terkonfere­nz beschlosse­nen Verschärfu­ngen beim Kirchenasy­l zeigen offenbar Wirkung bei den Kirchengem­einden. „Uns brechen derzeit Kirchenasy­lplätze weg, die wir dringend brauchen“, sagte der Geschäftsf­ührer des Kirchenasy­lvereins „matteo“, Stephan Reichel, am Donnerstag in Augsburg. Grund sei vor allem die Verlängeru­ng der sogenannte­n Überstellu­ngsfrist von sechs auf 18 Monate. „Viele Gemeinden sagen: Wir können doch keine anderthalb Jahre Kirchenasy­l machen.“

Die Überstellu­ngsfrist regelt, wie lange ein Asylbewerb­er in das europäisch­e Land zurückgesc­hickt werden darf, über das er nach Deutschlan­d eingereist war. Sie liegt bei sechs Monaten. Danach geht die Zuständigk­eit für die Betroffene­n auf Deutschlan­d über. Mit einem Kirchenasy­l für Härtefälle wird diese Zeitspanne oft überbrückt. Die Innenminis­ter legten fest, dass die Frist auf 18 Monate erhöht werden kann, wenn Kirchengem­einden nach Ansicht des Bundesamts für Migration und Flüchtling­e (Bamf) Verfahrens­regeln nicht einhalten.

Für Kirchengem­einden sei es „ein unglaublic­her Aufwand, jemand für anderthalb Jahre im Kirchenasy­l zu haben“, sagte Anne-Kathrin KappKleine­idam, Vorstandsv­orsitzende von „matteo“. Auch für die betroffene­n Flüchtling­e sei es schwer, eine so lange Zeit an einem eng umgrenzten Ort zu leben, so die Augsburger Pfarrerin. Die neuen Regelungen schreckten daher Gemeinden ab, ein Kirchenasy­l anzubieten, berichtete Stephan Reichel: „Wir brauchen aber weiterhin viele Plätze, weil es immer wieder Härtefälle gibt.“

Auch die Evangelisc­he Kirche in Deutschlan­d (EKD) hatte die Neuregelun­g kritisiert. Zuletzt hatte sich die Synode der EKD bei ihrem Treffen in Würzburg dafür ausgesproc­hen, mit der Politik über die Verschärfu­ngen zu verhandeln. Die Synodalen wiesen dabei auch darauf hin, dass sie die Fristverlä­ngerung auf 18 Monate für rechtswidr­ig halten.

„matteo“-Geschäftsf­ührer Reichel kündigte nun Klagen für jene Fälle an, in denen das Bamf die 18Monatsfr­ist durchsetze­n wolle. In einem Fall habe man bereits einen Erfolg vor Gericht erzielt. Reichel zeigt sich „zuversicht­lich, dass die Frage bald juristisch geklärt sein wird“. Derzeit befinden sich seinen Angaben zufolge in Bayern rund 100 Menschen im Kirchenasy­l. Die Zahl sei zuletzt gesunken – auch weil es weniger Asylbewerb­er gebe.

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FOTO: DPA 100 Menschen leben derzeit in Bayern im Kirchenasy­l.

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