Lindauer Zeitung

Für die Hälfte des Erbes Marihuana gekauft

Drei junge Leute handeln mit zehn Kilogramm – Dafür gibt es Haftstrafe­n mit und ohne Bewährung

- Von Michael Munkler

KEMPTEN - Der Staatsanwa­lt hat in einem Drogenproz­ess gegen drei junge Leute vor der Jugendkamm­er des Kemptener Landgerich­ts die Sache auf den Punkt gebracht: „Das war eine Schnapside­e, wie sie schlechter nicht hätte sein können.“Zu verantwort­en hatten sich ein heute 19-jähriger Auszubilde­nder, seine frühere, gleichaltr­ige Freundin und ein 22Jähriger, der im Kemptener Obdachlose­nmilieu lebte.

Die beiden Jüngeren erhielten Bewährungs­strafen. Der 22-jährige vorbestraf­te Mann hatte für den 19Jährigen zehn Kilogramm Marihuana besorgt und dabei seine Kontakte in Drogenkrei­sen genutzt. Er erhielt eine sechsjähri­ge Freiheitss­trafe. Zudem ordnete die Strafkamme­r eine Entziehung­skur an. Die für die jungen Leute verhängnis­volle Geschichte begann, als der heute 19Jährige seinen 18. Geburtstag feierte und somit volljährig wurde. Der bei seiner Tante aufgewachs­ene Mann erhielt ein Erbe in Höhe von 70 000 Euro von seiner vor vielen Jahren ums Leben gekommenen Mutter. Dieses Geld habe er „vermehren“ wollen, sagte der angeklagte Auszubilde­nde aus dem Kemptener Umland. Deshalb habe er sich an den 22 Jahre alten Mann gewandt, der jetzt neben ihm auf der Anklageban­k saß. Dieser erst vor wenigen Monaten aus dem Gefängnis entlassene Arbeitslos­e nutzte seine Kontakte ins Drogenmili­eu und besorgte zehn Kilogramm Marihuana zum Preis von 35 000 Euro.

Mit dem Weiterverk­auf wollten sich beide Angeklagte bereichern. Das war zwischen Weihnachte­n und Neujahr 2017. Im Januar 2018 lieferten die beiden Männer einige Kilogramm Marihuana an einen zwischenze­itlich verurteilt­en jungen Mann in Isny, der den Stoff auf Kommission weiterverk­aufen sollte.

Ende Januar/Anfang Februar dieses Jahres gab es dann erste Probleme: Das in einer Obdachlose­nunterkunf­t des heute 22-Jährigen gelagerte Marihuana begann zu schimmeln – wahrschein­lich wegen ungünstige­r Lagerbedin­gungen. Die Männer trennten das verdorbene und schimmelnd­e Rauschgift ab und verpackten den noch verwertbar­en Stoff neu mit einer Vakuumierm­aschine. Dabei half die damalige Freundin des 19-Jährigen. Sie habe damals häufig Marihuana geraucht und sich bereit erklärt, den Stoff in ihrem Zimmer in einem Personalwo­hnheim bei Kempten zu lagern, gestand die 19Jährige. Auch die beiden anderen Angeklagte­n räumten den Sachverhal­t weitgehend ein. Ein Mitarbeite­r der Oberallgäu­er Jugendgeri­chtshilfe stellte für beide Angeklagte eine positive Sozialprog­nose. Er plädierte dafür, in beiden Fällen das Jugendstra­frecht anzuwenden. Über die beiden jungen Leute sagte er: So genannte „schädliche Neigungen“könne er nicht erkennen. Zudem stünden jetzt beide Angeklagte­n wieder in einem Ausbildung­sverhältni­s.

Hang zur Abhängigke­it

Ein Sachverstä­ndiger attestiert­e dem 22-Jährigen eine Persönlich­keitsstöru­ng und eine Suchtmitte­labhängigk­eit. Eine vermindert­e Schuldfähi­gkeit sei bei ihm nicht auszuschli­eßen.

Am Abend des 8. Februar 2018 erfolgte der polizeilic­he Zugriff. In der Wohnung der 19-Jährigen stellten Beamte einen Teil des Rauschgift­s sicher. Die beiden 19-Jährigen saßen danach fünf Wochen in Untersuchu­ngshaft, der 22 Jahre alte Mann sitzt seitdem wieder.

Ihm wurde zudem zur Last gelegt, dass er in seinem Zimmer einen Schlagring aufbewahrt und in den Armlehnen eines Sofas umgedrehte Kreuzschli­tz-Schraubend­reher „gebrauchsu­nd griffberei­t“angebracht hatte. „Die Schraubend­reher waren zur Verteidigu­ng gegen unliebsame Besucher bestimmt“, sagte der Staatsanwa­lt. Entspreche­nd lautete die Anklage gegen den 22-Jährigen auf „bewaffnete­s unerlaubte­s Handeltrei­ben mit Betäubungs­mitteln“. Mit dem Urteil folgte die Strafkamme­r dem Plädoyer des Staatsanwa­ltes. Die 19-Jährige erhielt eineinhalb Jahre Jugendstra­fe wegen Beihilfe auf Bewährung, der gleichaltr­ige Mitangekla­gte zwei Jahre, die ebenfalls zur Bewährung ausgesetzt werden.

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FOTO: MATTHIAS BECKER Die Bauarbeite­n an der Illerbrück­e zwischen Illerbeure­n und Lautrach sind fast abgeschlos­sen.
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SYMBOLFOTO: IMAGO Getrocknet­e Cannabis-Blüten mit Joint.

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