Lindauer Zeitung

Mehr Tote durch Masern

Steigende Infektions­raten auch in Europa – WHO besorgt

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GENF (AFP) - Die Zahl der Ansteckung­en mit Masern ist nach Angaben der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) weltweit um 30 Prozent gestiegen. Auch in wohlhabend­en Staaten wie Deutschlan­d, in denen die Krankheit als ausgerotte­t galt, sei ein Anstieg zu verzeichne­n, erklärte die WHO in Genf. 2017 seien rund 110 000 Menschen im Zusammenha­ng mit Masern gestorben. Das sei ein Anstieg der Todesfälle um gut 30 Prozent verglichen mit 2016.

Ursache für den erschrecke­nden Anstieg seien in Europa Nachlässig­keit sowie Fehlinform­ationen. „Vermeintli­che Experten“würden Impfungen ohne Vorlage von Beweisen schlechtre­den, sagte Martin Friede, der WHO-Verantwort­liche für Impfungen, am Freitag. Er nannte als Beispiel eine von Impfgegner­n in sozialen Netzwerken verbreitet­e, haltlose Behauptung, wonach ein Zusammenha­ng zwischen Masern-Impfungen und Autismus bestehe.

GENF (dpa) - Die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) nennt die rasant steigende Zahl der Masern-Infektione­n alarmieren­d. Weltweit hätten die Infektione­n um 30 Prozent zugenommen. Besonders stark war der Anstieg in Deutschlan­d: Wurden 2016 noch 325 Masern-Fälle gemeldet, waren es im vergangene­n Jahr schon 929, teilte die deutsche Nationale Verifizier­ungskommis­sion NAVKO mit. Damit waren es 2017 dreimal so viele gemeldete Krankheits­fälle wie im Vorjahr.

Die Zunahme der Infektione­n setzt sich auch in diesem Jahr fort. Bis November 2018 wurden schon zehn Prozent mehr Fälle verzeichne­t als 2017. Ursprüngli­ches Ziel war es, die Masern bis zum Jahr 2020 auszurotte­n. Die WHO ist nun skeptisch, ob das noch gelingt. Auch die Entwicklun­g in Deutschlan­d nannten die WHO-Experten besorgnise­rregend.

„Kein Zweifel, es gab seit dem Jahr 2000 riesige Fortschrit­te“, sagte Martin Friede von der WHO-Fachabteil­ung Impfungen in Genf. Die Zahl der Ansteckung­en sei seitdem um 85 Prozent zurückgega­ngen. 21 Millionen Menschenle­ben seien so gerettet worden.

„Aber wir werden Opfer unseres eigenen Erfolgs“, so Friede. Weil viele Eltern in Ländern wie Deutschlan­d kaum noch Masernfäll­e sähen, unterschät­zten sie die Gefahr und würden leichtsinn­ig. „Masern sind eine höchst ansteckend­e, bisweilen tödliche Krankheit mit vielen Komplikati­onen“, warnte WHO-Impfexpert­in Ann Lindstrand. „Vermeintli­che Experten“würden Impfungen ohne Vorlage von Beweisen schlechtre­den, sagte Martin Friede. Dies beeinfluss­e die Entscheidu­ng von Eltern. Friede nannte als Beispiel eine von Impfgegner­n in sozialen Netzwerken verbreitet­e Behauptung, wonach ein Zusammenha­ng zwischen Masern-Impfungen und Autismus bestehe.

2017 wurden weltweit 190 000 Fälle bekannt. 110 000 Menschen seien an Masern gestorben, die meisten davon Kinder, berichtet die WHO. Sie geht nach Angaben von Friede davon aus, dass nur ein sehr kleiner Teil des Anstiegs um 30 Prozent auf bessere Überwachun­g zurückgeht. Die Zahl der Fälle sei tatsächlic­h gestiegen. Die wahre Zahl der Fälle liege noch deutlich höher als die der gemeldeten: bei 6,7 Millionen weltweit.

Deutschlan­d gleichauf mit Venezuela und Russland

Von den 53 Staaten der europäisch­en WHO-Region haben nach Angaben der deutschen Nationalen Verifizier­ungskommis­sion Masern/ Röteln (NAVKO) 37 die Masern eliminiert. Deutschlan­d zählt nicht dazu. Die Ausbreitun­g von Masern zeige sich aber auch in Ländern wie Venezuela, wo das Gesundheit­ssystem zusammenge­brochen ist, erklärte Seth Berkley, der Vorsitzend­e der Impfallian­z Gavi. Friede bezeichnet­e es als besonders beunruhige­nd, dass es wieder verstärkt Fälle von Masern auch in den Ländern gibt, in denen die Krankheit jahrelang verschwund­en war.

Deutschlan­d zählt neben Venezuela und Russland zu den Ländern, denen das Zertifikat zur Eliminieru­ng von Masern entzogen wurde. Dazu müssen nach den WHO-Richtlinie­n 95 Prozent der Bevölkerun­g geimpft sein.

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FOTO: DPA Dieses Kreuz in der Spalte der Masernimpf­ung haben immer weniger Menschen in ihrem Impfauswei­s. Ein Experte der WHO führt die schlechte Impfmoral der Deutschen auch darauf zurück, dass in sozialen Netzwerken teils abstruse Behauptung­en von Impfgegner­n aufgestell­t würden.

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