Lindauer Zeitung

Staatsregi­erung lehnt Digitalpak­t ab

Söder fürchtet Steuerung aus Berlin – Kritik von Grünen, SPD und FDP

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MÜNCHEN/BERLIN (lby) - Bayern lehnt die vom Bundestag beschlosse­ne Grundgeset­zänderung zur Mitfinanzi­erung der Schulen durch den Bund ab. „Wir haben erhebliche Bauchschme­rzen. Denn es ist ein starker und tiefgreife­nder Eingriff in die föderale Struktur“, sagte Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) am Freitag in München. Eine Grundgeset­zänderung schwäche die Länderparl­amente. „Die Schulpolit­ik gehört zur Kernkompet­enz der Länder. Der Föderalism­us darf nicht ausgehöhlt werden.“

Als Begründung führte der designiert­e CSU-Chef zwei Punkte an: „Zum einen könnte der Bund dann massiv Einfluss auf die Bildungspo­litik nehmen. Im weitreiche­ndsten Fall könnten die Inhalte der Schulpolit­ik sogar teilweise aus Berlin gesteuert werden.“Damit könne sich die Bildungsqu­alität in Bayern verschlech­tern. „Zum anderen hat der Bund sein Finanzieru­ngsangebot deutlich verschlech­tert und verlangt nun, dass die Länder zur Hälfte kofinanzie­ren. Das ist kein faires Angebot“, betonte Söder. Die Länder würden durch die Änderung des Grundgeset­zes Kompetenze­n verlieren und sollten dafür auch noch zahlen. „Für uns ist das nicht zustimmung­sfähig.“

Auch Baden-Württember­g dagegen

Am Donnerstag hatte der Bundestag mehrheitli­ch für die Grundgeset­zänderung gestimmt. Damit wäre der Weg frei, um ein milliarden­schweres Digitalisi­erungsprog­ramm sfür Deutschlan­ds Schulen umzusetzen. Darüber hinaus soll der Bund auch Geld in den sozialen Wohnungsba­u und den Nahverkehr stecken dürfen. Allerdings muss auch der Bundesrat der Grundgeset­zänderung mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit zustimmen – und das ist noch lange nicht sicher. Auch die baden-württember­gische Landesregi­erung lehnt die entspreche­nde Grundgeset­zänderung ab.

Die Reaktionen auf Söders Absage ließen nicht lange auf sich warten – und fielen wie meist bei Bildungsth­emen sehr unterschie­dlich aus. Während der Bayerische Realschull­ehrerverba­nd die ablehnende Haltung der Staatsregi­erung lobte und vor einem faulen Kompromiss des Bundes warnte, kritisiert­en SPD, Grüne und FDP Söder scharf.

SPD-Fraktionsc­hef Horst Arnold reagierte „entsetzt“und warf Söder bewusste Sabotage vor: „Wer Digitalisi­erung fordert, so wie Söder im Wahlkampf, sollte auch alles dafür tun.“Zuschüsse des Bundes seien willkommen und bitter notwendig. „Doch wichtiger sind dem Ministerpr­äsidenten offenbar ein engstirnig­es rückwärtsg­ewandtes Zuständigk­eitsdenken und die Angst, Macht und Einfluss zu verlieren.“

Für FDP-Bildungspo­litiker Matthias Fischbach schadet Söders Haltung einzig den Schülern in Bayern: „Statt sich auf den Kampf um das strikte Kooperatio­nsverbot zu versteifen, sollte Bayern die geplante, maßvolle Lockerung akzeptiere­n und sich lieber dafür einsetzen, dass der Bund den Ländern an anderer Stelle mehr Freiheit bei der Bildungsfi­nanzierung ermöglicht.“Viel wichtiger als die Debatte zwischen Bund und Ländern sei der FDP aber, dass am Ende die Schulen vor Ort mehr Mittel und Gestaltung­sfreiheite­n bekommen.

Grüne: Wichtiges Zukunftspr­ojekt

„Der Digitalpak­t Schule ist ein wichtiges Zukunftspr­ojekt, mit dem wir unseren Schulen besseren Zugang zur digitalen Welt verschaffe­n und unseren Kindern den Erwerb digitaler Kompetenze­n sichern“, betonte auch der bildungspo­litische Sprecher der Grünen, Thomas Gehring. Ohne die Unterstütz­ung des Bunds könnten viele Schulen den wichtigen Schritt in die Zukunft nicht gehen. „Bayern darf sich der Kofinanzie­rung von Tablet-Anschaffun­gen, Lehrkräfte-Fortbildun­gen und SchulWLAN nicht in den Weg stellen.“

Einzig vom Koalitions­partner Freie Wähler erhielt Söder Rückendeck­ung, da die ablehnende Haltung die föderalen Rechte Bayerns schütze, sagte Fraktionsc­hef Florian Streibl. Durch den Digitalpak­t würden die Bildungsko­mpetenzen der Länder „durch die Hintertüre aufgebroch­en.“

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