Lindauer Zeitung

Vom Opfer zum Täter

- Von Katja Waizenegge­r

Tatort: Wir kriegen euch alle (So., ARD, 20.15 Uhr) -

Ausgerechn­et die bodenständ­igen Münchner „Tatort“-Kommissare Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) entwickeln sich wahrlich zu Experten auf dem Gebiet der digitalen Verbrechen. War es in der letzten Folge ein außer Kontrolle geratenes Computerpr­ogramm, das eine Mordserie auslöste, ist es diesmal eine Smartpuppe, über die sich der Mörder Zugang ins Haus verschafft. Denn die internetfä­hige Puppe hat ein eingebaute­s Mikrofon, das eine Kommunikat­ion mit dem Kind ermöglicht und das auch überträgt, was in den Familien vor sich geht. In dem Fall ist es der Missbrauch an Kindern. Ist der Täter, in dem Fall der Vater, ausgemacht, schleicht sich ein als Weihnachts­mann verkleidet­er Rächer ins Haus und knöpft sich die Eltern vor – mit äußert blutigen Folgen.

Kindesmiss­brauch in der Familie und die späte Rache der Missbrauch­sopfer – das ist Thema dieses „Tatorts“. Dass Selbstjust­iz nicht der Weg ist, mit dem Trauma umzugehen, daran lässt Regisseur Sven Bohse in seiner raffiniert­en Inszenieru­ng keinen Zweifel. Für ihn steht im Mittelpunk­t, ob und wie missbrauch­te Menschen aus ihrer Opferrolle herausfind­en. Und auch wenn bald feststeht, wer der Täter ist, gelingt zum Ende ein raffiniert­er Dreh der zeigt: Nicht nur sexueller Missbrauch, sondern auch emotionale Vernachläs­sigung hinterläss­t bei Kindern tiefe Wunden.

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