Lindauer Zeitung

Man kennt sich

Das Duell des VfB Stuttgart gegen den FC Augsburg ist auch das Spiel der Rückkehrer

- Von Felix Alex

STUTTGART - Vielleicht werden sie eine unruhige Nacht hinter sich haben. Eine Nacht, in der sie sich immer wieder umhergewäl­zt und daran gedacht haben, wie es war – damals. Die gemeinsame­n, schönen Zeiten, die ersten Schritte, die kleinen Streiterei­en und vor allem die Triumphe. Doch heute müssen die Erinnerung­en weggeschlo­ssen werden, auch wenn die verflossen­e Liebe kein Geheimnis ist. Heute zählt für immerhin sieben Akteure in Stuttgart nur der aktuelle Partner. Denn wenn der VfB Stuttgart den FC Augsburg empfängt (15.30 Uhr/Sky), ist das mehr als ein Derby zwischen den Württember­gern und dem Club aus Bayerisch-Schwaben. Mehr als eine Bundesliga-Partie der Krisen-Clubs. Es ist vor allem auch ein Duell der Rückkehrer und Wiedersehe­r:

Vor allem blickt heute alles auf die Trainer. Denn und

kennen sich bestens. Der eine steht für die Gegenwart und Zukunft des FC Augsburg, der andere für die Vergangenh­eit. Doch stellt Baum klar: „Es geht um Mannschaft gegen Mannschaft und nicht Trainer gegen Trainer.“Dass es ein brisantes Aufeinande­rtreffen ist, weiß der Nach-Nachfolger von Weinzierl aber auch. Vier Jahre (Juli 2012 bis Juni 2016) war Weinzierl, der beim VfB schon wieder unter Druck steht, FCA-Coach, prägte den Spielstil der Fuggerstäd­ter mit schnellem Umschalten aus der Abwehr. Baum kennt dieses Konzept bestens, war er doch von 2014 bis 2016 Cheftraine­r des Nachwuchsb­ereichs und zelebriert das von Weinzierl initiierte Konzept bis heute.

Weinzierl dagegen überspielt seine Gefühle mit Humor, denn mit dem FCA kommt nicht nur sein geliebter Ex-Verein, bei dem er seine größten Erfolge feierte, sondern auch der Angstgegne­r des VfB in die Arena. Von zwölf Spielen in der Bundesliga gewann Augsburg sieben – jedes Mal saß dabei Weinzierl auf der Bank der Schwaben aus Bayern. Und so sagte er „Ich hoffe, dass die Siege damals an mir gelegen haben und dass das

Manuel Baum Markus Weinzierl

jetzt auf die andere Seite wandert.“Er bekennt aber auch: „Da würde ich lügen, wenn ich keine besondere Beziehung zu dem Verein hätte.“Das trifft auch auf seinen Co-Trainer

Wolfgang Beller Thomas Barth

sowie AthletikCo­ach zu, die schon beim FCA an Weinzierls Seite standen und die es in seinem Sog auch zum VfB spülte.

Und auch auf dem Rasen steht ein Stuttgarte­r, unter dessen Trikot zwei Herzen schlagen dürften:

gebürtiger Ulmer, verdiente sich in der FCA-Jugend seine ersten Meriten, arbeitete sich aus der zweiten Mannschaft bis in den Bundesliga­kader, bevor er 2018 weiterzog. Und der 24-jährige Offensivak­teur ist einer der Dauerbrenn­er der VfB-Elf, sorgte mit seinem Tor gegen den 1. FC Nürnberg jüngst für den ersten Weinzierl-Erfolg als VfB-Trainer. Dass dieser Treffer durch einen Freistoß entstand, dürfte einen weiteren langjährig­en Weinzierl-Schützling gefreut haben. Als Co-Trainer für „individuel­le Maßnahmen“(vor allem Standards) soll Ex-Profi

dem VfB-Kader Sicherheit und Ruhe vermitteln. Dass der 36-Jährige 115 Spiele für Augsburg bestritt und mit Thommy noch zusammensp­ielte, lässt auch heute noch Raum für Anekdoten. „Ich habe ihn erst mal gefragt, ob er das falsche Trikot anhat“, beschreibt Thommy das Wiedersehe­n: „Das war anfangs etwas gewöhnungs­bedürftig.“

Thommy, Halil Altintop

Dieses Gefühl wird sich wohl auch auf der anderen Seite des Grüns einstellen, wenn und

ihre Gegner betrachten. Der eine, gebürtiger Stuttgarte­r, Bruder von Weltmeiste­r Sami Khedira und selbst neun Jahre (sieben in der Jugend) beim VfB, der andere, gebürtiger Backnanger und Stürmer, brachte es immerhin auf 49 Spiele und sechs Tore im VfB-Trikot, lief gar in der Champions League auf.

Rani Khedira Schieber Erik Julian

Doch was zählt, ist die Gegenwart. Vor allem für den Tabellenle­tzten aus Stuttgart, der nur acht Punkte aus zwölf Spielen geholt hat, ist ein Sieg Pflicht. Augsburg hat als 13. fünf Punkte mehr. Unglücklic­h auch, dass auf den Rängen eine Halbzeit lang Ruhe herrschen wird – als Teil eines bundesweit­en Protests gegen die Kommerzial­isierung des Fußballs. „Dafür gibt es gute Gründe“, sagte Weinzierl, machte aber auch deutlich, dass ihm der Stimmungsb­oykott gar nicht passt. „Aber es wird nichts bringen, wenn ich die Fans bitte, dass sie das bitte sein lassen sollen.“

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FOTO: IMAGO Erik Thommy (li.) und Markus Weinzierl jubelten bereits beim FCA.
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FOTO: DPA Rani Khedira und Julian Schieber verzweifel­ten schon im VfB-Trikot.

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