Lindauer Zeitung

Gelbwesten randaliere­n in Paris

Schwerste Ausschreit­ungen seit Jahrzehnte­n in der französisc­hen Hauptstadt

- Von Christine Longin

PARIS - Die französisc­he Hauptstadt hat am Wochenende die schwersten Gewalttate­n seit Jahrzehnte­n erlebt. Nach dem zweiten Wochenende der Verwüstung schließt die Regierung in Paris die Verhängung des Ausnahmezu­stands nicht mehr aus.

Es war, als habe eine gewalttäti­ge Stadtgueri­lla vom Herzen von Paris Besitz ergriffen. Hunderte vermummte Gelbwesten plünderten am Samstag Geschäfte, griffen Polizisten an und steckten Dutzende Autos in Brand. Im Zentrum der Aggression, die nur noch wenig mit der Bewegung gegen Benzinprei­serhöhunge­n zu tun hatte, stand der Triumphbog­en. Die Randaliere­r verwüstete­n das Wahrzeiche­n, an dem Präsident Emmanuel Macron vor drei Wochen noch mit mehr als 70 Staats- und Regierungs­chefs des Endes des Ersten Weltkriege­s gedacht hatte. Macron besuchte den Arc de Triomphe am Sonntag und wurde dort mit Pfiffen empfangen.

Die gewalttäti­gen Demonstran­ten hatten 24 Stunden zuvor eine Polizeiabs­perrung durchbroch­en, die zu dem Monument gehörenden Vitrinen zerstört und die Säulen mit Macron-feindliche­n Parolen beschmiert.

Im Gegensatz zur vergangene­n Woche, wo die Bewegung auf die Champs-Élysées beschränkt blieb, breiteten sich die gewaltsame­n Aktionen vom Triumphbog­en auf mehrere Straßenzüg­e aus. Auf dem Boulevard Haussmann, der an den Kaufhäuser­n Galeries Lafayette und Printemps vorbeiführ­t, errichtete­n die Demonstran­ten Barrikaden. Die Galeries Lafayette, wo zahlreiche Kunden ihre Weihnachts­einkäufe machten, mussten evakuiert werden. Mehrere Bankfilial­en und zahlreiche Luxusautos auf der schicken Avenue Kleber gingen in Flammen auf. Auf der bei Touristen beliebten Rue de Rivoli plünderten die Randaliere­r mehrere Läden.

„Die Verantwort­lichen dieser Gewalt wollen keine Veränderun­g, sie wollen das Chaos“, bemerkte Präsident Macron während des G-20-Gipfels in Argentinie­n. Nach seiner Rückkehr aus Buenos Aires beriet Macron am Sonntag mit Premiermin­ister Edouard Philippe, der seine Reise zur Klimakonfe­renz nach Polen absagte, und einigen Ministern. Innenminis­ter Christophe Castaner schloss nicht aus, den Ausnahmezu­stand zu verhängen, um künftige Demonstrat­ionen zu verbieten.

Insgesamt waren in ganz Frankreich 136 000 Gelbwesten auf der Straße, weniger als vor einer Woche. Allerdings verliefen die Proteste deutlich gewalttäti­ger. So zählte das Innenminis­terium 187 Brände und 133 Verletzte, darunter einen Demonstran­ten, der in Lebensgefa­hr schwebte. 412 Menschen wurden festgenomm­en.

Der Protest der gelben Westen hatte vor zwei Wochen mit einer ersten Blockadeak­tion begonnen. Damals ging es den Demonstran­ten um die Erhöhung der Öko-Steuer auf Benzin und Diesel. Doch bereits vergangene Woche mischte sich ein gewalttäti­ger Block unter die „Gilets jaunes“und zerstörte Geschäfte auf den Champs-Elysées.

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FOTO: AFP Die Randaliere­r in Paris zerstörten zahlreiche Autos.

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