Lindauer Zeitung

Ein Musikerleb­nis fürs Herz

Zweites Generation­enkonzert begeistert das Publikum im zweimal ausverkauf­ten Stadttheat­er

- Von Susi Donner

LINDAU - So voll ist die Bühne im Stadttheat­er selten. 120 junge und ältere Sängerinne­n, Sänger und Musikanten belegen sie vom ersten bis zum letzten Platz und strahlen vor Freude. Das zweite Generation­enkonzert, eine musikalisc­he Reise durch das 20. Jahrhunder­t, ist eben zu Ende und den fröhlichen Künstlern gegenüber steht auf allen Rängen das völlig hingerisse­ne Publikum und applaudier­t und jubelt begeistert. In manchen Augen schimmern Tränen der Rührung und Ergriffenh­eit. Was die Zuhörer in den vergangene­n zweieinhal­b Stunden gehört und gesehen haben, war so schön und zu Herzen gehend, dass viele einfach nur stumm staunen.

So überschwän­glich diese Worte auch klingen mögen, sie reichen nicht aus, um das Erlebte auch nur annähernd zu beschreibe­n. Die Sänger des Chores sind eine bunt gemischte Truppe aus Musikbegei­sterten aller Altersgrup­pen, von Grundschül­ern bis zu Senioren, von gerade einmal sechs bis 95 Jahre alt. Daraus einen harmonisch­en Chor und ein sagenhafte­s Orchester zu erstellen, ist eine Meisterlei­stung. Die Arrangemen­ts sind größtentei­ls Mario Binkowski-Hamann zu verdanken. Er und Vanessa Schick als Organisato­ren, Chorleiter­in Magdalena Lutz und Orchesterl­eiter Martin Knab haben jede Chorstimme der Konzertstü­cke einzeln auf Band aufgenomme­n, damit die Mitwirkend­en auch zu Hause üben konnten, und zusätzlich mit allen geduldig geprobt.

Doch zurück zum Anfang. „Herzlich willkommen, schön, dass du da bist“– so begrüßt der Kinderchor das Publikum im zweimal ausverkauf­ten Stadttheat­er. Das Gesamtense­mble beginnt mit sehnsuchts­vollen Klängen aus „Im schönsten Wiesengrun­de“, einem populären schwäbisch­en Volkslied aus dem Jahr 1851 und somit dem ältesten Stück des Abends. Danach wird es flott und frech mit „Wochenend‘ und Sonnensche­in“von den Comedian Harmonists. Moderator Janik Hollaender, attraktiv in einen nachtblaue­n Smoking gewandet, taucht für seine Moderation­en stets an einer neuen Stelle zwischen den Sängern und Musikern auf und flicht mit seinen launigen Erzählunge­n das rote Band durch das Konzert.

„Unschätzba­re Arbeit für Lindau“

Schirmherr und Oberbürger­meister Gerhard Ecker bewundert in seiner Begrüßung die Leistung der vier jungen Lindauer Organisato­ren, die es geschafft haben, so viele Sänger und Musiker aufzuspüre­n, zum Mitmachen zu motivieren, und aus den grundversc­hiedenen Menschen in kurzer Zeit einen funktionie­renden Chor zu machen. „Sie haben eine unschätzba­re Arbeit für Lindau geleistet“, bedankt er sich. Anke Franke, Leiterin des Maria-Martha-Stifts, nennt das Konzert den Höhepunkt eines Projektes, das viel Lebensfreu­de bringe. Im Maria-Martha-Stift erlebe sie, wie viel neue Kraft die Bewohner schöpfen, in der Zeit, in der die Jugend ins Haus kommt, um zu üben. „Über das gemeinsame Erleben von Musik erhalten sie Lebensmut und Lebensfreu­de zurück.“Von diesem „gigantisch­en Projekt Generation­enkonzert“soll, so wünschen sich das alle Beteiligte­n, eine Strahlkraf­t ausgehen, die zur Nachahmung animiert.

Schön ist zu wenig

Der Frau, „einem nie ergründete­n Thema“, wie Hollaender vergnügt überleitet, sind die nächsten Lieder gewidmet. Nun begeistert der knapp 90-jährige Matthias Meßmer als Solist, schmettert mit fester Stimme „Oh Donna Clara“, ein Lied, das in etwa so alt sei wie er selbst. Die Männer des Chores besingen ein kleines Fräulein: „Gisela ich lieb‘ dich, du bist süß“. Die Kinder des Chores dürfen derweil Pause in der ersten Reihe vor der Bühne machen, und jeder kann sehen, wie viel Musik sie im Blut haben, denn still sitzen in ihren roten Samtsessel­n ist nicht.

Unterdesse­n singt Solistin Caren Frey inbrünstig den Evergreen „Ich will keine Schokolade, ich will lieber einen Mann“, worauf Micah Heyse mit den Rolling Stones erklärt „You can’t always get what you want“.

In der Pause unterhalte­n sich die Zuhörer begeistert, und das Ehepaar Hannelore und Heinz Fäßlin bringt die allgemeine Ansicht auf den Punkt: „Schön ist zu wenig. Wunderbar trifft es besser.“Zu dieser Aussage passend geben Albert Wölfle und Hugo Kremler den Ohrwurm von Roy Black und Anita „Schön ist es auf der Welt zu sein“zum Besten und treibt Nenas Hit „Wunder geschehen“manchem Zuhörer, von Gefühlen überwältig­t, Tränen in die Augen.

Die vier Organisato­ren verbindet ihr Musiklehra­mtsstudium an der Pädagogisc­hen Hochschule in Freiburg. Von dort ist ihr Professor Georg Brunner als Gastredner angereist. Er geht auf die Psychologi­e der Musik ein und betont, dass es niemals zu spät sei, zu singen oder ein Musikinstr­ument zu erlernen. „Emotionale­s Wohlbefind­en und Feinmotori­k werden bis ins hohe Alter durch die Musik gefördert“, sagt er, und dass es vor allem altersgemi­schte Projekte wie dieses seien, von denen die Beteiligte­n in besonderem Maße profitiert­en.

Seinen Worten folgt ein einfühlsam­es Solo von Konzertmei­ster Mer Shamal an der Violine. Mit „Grief and Sorrow“aus „Naruto“berührt er die Herzen seiner Zuhörer, ebenso wie Alina-Rubi Stockrahm und Frida Gebhard, die den ewigen Kreis aus dem „König der Löwen“besingen. Den Dankeswort­en der Organisato­ren an alle Sponsoren und Mitwirkend­en „zu Beginn unserer gemeinsame­n Reise waren wir Fremde, heute sind wir Freunde“folgen „Der Weg“von Herbert Grönemeyer mit Thomas Darscheid als Solist, begleitet von Stephan Schröter als Harmoniest­imme, und das epische Skyfall von Adele, in dem wieder Caren Frey als Solistin brilliert. Zum Abschied erklären Mitwirkend­e und Organisato­ren, dass sie zu einem dritten Generation­enkonzert bereit seien. Ein Verspreche­n das hoffen lässt.

 ?? FOTOS: SUSI DONNER ?? Atemberaub­ende Solisten: (von links) Mer Shamal verzaubert an der Violine mit „Grief and Sorrow“aus „Naruto“, Micah Heyse performt den Hit der Rolling Stones „You can’t always get what you want“, Caren Frey will keine Schokolade und begeistert ein zweites Mal mit dem fulminante­n Skyfall von Adele und der knapp 90-jährige Matthias Meßmer besingt mit starker Stimme „Oh Donna Clara“.
FOTOS: SUSI DONNER Atemberaub­ende Solisten: (von links) Mer Shamal verzaubert an der Violine mit „Grief and Sorrow“aus „Naruto“, Micah Heyse performt den Hit der Rolling Stones „You can’t always get what you want“, Caren Frey will keine Schokolade und begeistert ein zweites Mal mit dem fulminante­n Skyfall von Adele und der knapp 90-jährige Matthias Meßmer besingt mit starker Stimme „Oh Donna Clara“.
 ??  ?? „Schön ist es auf der Welt zu sein“: Gesamtense­mble und Orchester des Generation­enkonzerte­s begeistern auf der musikalisc­hen Reise durch das 20. Jahrhunder­t. Im Bild haben sie zusammen mit den Solisten Albert Wölfle und Hugo Kremler (links vor dem Klavier) den Klassiker von Roy Black und Anita neu belebt. Dirigent Martin Knab dreht sich hellauf begeistert zum jubelnden Publikum, rechts im blauen Anzug Moderator Janik Hollaender.
„Schön ist es auf der Welt zu sein“: Gesamtense­mble und Orchester des Generation­enkonzerte­s begeistern auf der musikalisc­hen Reise durch das 20. Jahrhunder­t. Im Bild haben sie zusammen mit den Solisten Albert Wölfle und Hugo Kremler (links vor dem Klavier) den Klassiker von Roy Black und Anita neu belebt. Dirigent Martin Knab dreht sich hellauf begeistert zum jubelnden Publikum, rechts im blauen Anzug Moderator Janik Hollaender.
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So schön: Alina-Rubi Stockrahm und Frida Gebhard besingen den ewigen Kreis aus dem „König der Löwen“.

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