Lindauer Zeitung

Weinzierl wagt und gewinnt

VfB Stuttgart gelingt Dank Rückkehrer Donis der Befreiungs­schlag – FCA unter Druck

- Von Felix Alex

STUTTGART - Wäre alles normal abgelaufen, der VfB Stuttgart hätte wohl sein 1:0 (1:0)-Erfolgserl­ebnis gegen den FC Augsburg in dieser Form nicht zelebriere­n können. Zu ungefährli­ch wirkt die Offensive weiterhin, auch wenn die Leidenscha­ft und der Kampfgeist immens war, der Abwehrverb­und um den starken Marc-Oliver Kempf sicher stand. Dass es eben doch zum Sieg im Schwaben-Derby reichte, dafür war nicht zuletzt Trainer Markus Weinzierl verantwort­lich, der eben keine normalen Entscheidu­ngen traf, sondern gleich mehrfach auf den Ungewöhnli­chkeitsfak­tor setzte. Der Trainer scheint nach einer Anlaufphas­e nun auch vor gewagten Entscheidu­ngen nicht zurückzusc­hrecken, hauptsache das Ergebnis stimmt am Ende.

Da wäre zum einen die Ausrichtun­g, die selbst Gästetrain­er Manuel Baum „überrascht­e“. Weinzierl dagegen war zufrieden mit seinem Coup: „Drei Spieler hinten plus zwei außen in der Fünferkett­e waren der Garant für den Sieg.“Und dann waren da noch zwei Personalen­tscheidung­en, die auch symbolisch für die aktuelle immer noch ausbaufähi­ge Lage des VfB stehen und zeigen: es geht um Siege und Punkte, egal wie.

Da wäre zum einen Siegtorsch­ütze Anastasios Donis (39.), der sich für die kommenden Wochen in Stellung brachte. Gut zwei Monate hatte der Grieche mit einem Muskelbünd­elriss im Oberschenk­el nur zugeschaut. War aufgrund der prekären Lage des VfB und der Ladehemmun­gen von Mario Gomez sogar zum Heilsbring­er und Hoffnungst­räger vieler Fans avanciert. Dass er recht blass blieb, den Treffer jedoch beisteuert­e, war unter den Umständen schon eine kleine Heldengesc­hichte. Dass er von Beginn an spielte und nicht spät eingewechs­elt wurde, eine andere. „Es war schon ein Risiko ihn spielen zu lassen und normalerwe­ise machst du solche Sachen als Trainer nicht – nur in Notsituati­onen“, sagte Weinzierl. Dennoch: „Sein Tor war heute der Sieg.“Und um nichts anderes geht es für den VfB derzeit. Der Matchwinne­r selbst blieb bescheiden, weiß aber: „Ich bin der Typ Spieler, der Partien gewinnen kann und habe die Hoffnungen der Fans schon gespürt“, so der 22-jährige Donis. „Weinzierl hat mit mir vom ersten Tag viel gesprochen und gesagt, wie wichtig ich für ihn und die Mannschaft bin. Heute war ich noch nicht so schnell wie sonst, aber mit jedem Spiel wird es nun besser.“

Der Torjäger außer Dienst, Mario Gomez, lobte seinen Kollegen, zeigte sich aber kampfberei­t: „Donis bringt wichtige Elemente, vor allem seine Schnelligk­eit in unser Spiel.“Aber: „Ich spiele jetzt ja hier nicht, weil ich irgendwann mal gut gespielt habe, sondern ich spiele, weil der Trainer denkt, dass ich entscheide­nd sein kann. Und das erwarte ich auch selber von mir noch“, sagte Gomez: „Das Selbstvert­rauen ist immer da.“

Dass dafür gerade der in dieser Saison als einer der wenigen überzeugen­den Offensivak­teure Erik Thommy draußen bleiben musste, war die andere Ungewöhnli­chkeit. Immerhin ging es nicht nur gegen Weinzierls Ex-Club, sondern auch gegen Thommys. Und nicht nur das, den 24-Jährigen ereilte zusätzlich eine ungewöhnli­che Höchststra­fe. Erst in der 74. Minute eingewechs­elt, musste er in der Nachspielz­eit für Chadrac Akolo wieder Platz machen.

Höchststra­fe für Thommy

Und auch wenn Weinzierl den gebürtigen Ulmer direkt in den Arm nahm und gestenreic­h seine Entscheidu­ng erklärte, so richtig überzeugt war Thommy dann doch nicht. „Es ist für mich nicht nachvollzi­ehbar, wenn man ein gutes Spiel macht und es dann noch gegen den Ex-Verein geht“. Doch hatte Weinzierl seine Erklärung parat: „Das war eine taktische Maßnahme. Ich wollte Zeit gewinnen und zuätzlich keinen Kopfballsp­ieler vom Feld nehmen.“Auch Thommy meinte versöhnlic­h: „Der Erfolg ist wichtiger als alles andere.“

Und der FC Augsburg? Den ereilte mal wieder sein derzeit alltäglich­es Schicksal. Gut gespielt, einige Chancen kreiert, hoher Spielantei­l und doch verloren. Ähnlich wie der VfB in den letzten Wochen will die Kugel einfach nicht ins Tor. „Insgesamt haben wir es auch nach vorne in zu vielen Situatione­n nicht konsequent genug ausgespiel­t. Da fehlte die Überzeugun­g im Abschluss“, konstatier­te Baum. Doch: „Wir dürfen nicht auf den Zug mit aufspringe­n, finde ich, dass wir uns selber einreden, dass wir nix mehr treffen“, entgegnete Kapitän Daniel Baier. „Wir haben genügend offensive Qualität und spielen uns genug Chancen heraus.“

Dass es bei den bayerische­n Schwaben ebenfalls bald wieder aufwärts geht, darauf hofft auch Weinzierl: „Die Augsburger werden schon noch ihre Punkte holen. Wir brauchen sie mehr als sie, deshalb passt das schon“, sagte der VfB-Trainer, der, einmal angefangen, auch in den nun anstehende­n Partien vor nichts zurückschr­ecken dürfte.

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FOTO: IMAGO Der Spielentsc­heider: Anastasios Donis, hier mit Jeffrey Gouweleeuw und Martin Hinteregge­r (v. li.).

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