Familien sollen weiter entlastet werden
Kabinett bringt Beitragszuschuss für die gesamte Kindergartenzeit auf den Weg
MÜNCHEN - Die schwarz-orangene bayerische Staatsregierung hat eine Erhöhung der Familienförderung beschlossen. Wie im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern vereinbart, werden Eltern beim ersten und zweiten Kindergartenjahr mit 100 Euro pro Monat und Kind entlastet. Das letzte Kindergartenjahr wird vom Freistaat bereits in dieser Höhe gefördert.
Die Förderung startet am 1. April kommenden Jahres, kündigte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag nach einer Kabinettssitzung in München an. Dadurch profitierten die Eltern von 375 000 Kindern von der staatlichen Leistung. Die Beitragszuschüsse werden den Freistaat im kommenden Jahr etwa 210 Millionen Euro und in den Folgejahren jeweils 290 Millionen Euro kosten.
Freie Wähler-Vorsitzender und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger sprach von einem „guten Tag für die Familien in Bayern“. Ab 2020 sollen auch Eltern, deren ein- und zweijährige Kinder eine Krippe oder Tagesbetreuung besuchen, 100 Euro pro Monat bekommen. „Alles zusammen wäre zu viel gewesen“, räumte Aiwanger ein. Die Zuschüsse hatten die Freien Wähler in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt. Die CSU wiederum hatte auf die Beibehaltung des bayerischen Familiengelds für Eltern aller ein- und zweijährigen Kinder bestanden. Der Landtag muss den Vorhaben aber noch zustimmen.
Der Sprecher für frühkindliche Bildung der Landtags-Grünen, Johannes Becher, hält die Pläne für falsch. Gute frühkindliche Bildung brauche hohe pädagogische Qualität, bessere Betreuungsschlüssel und eine Ausweitung des Betreuungsangebots auf Randzeiten. „Genau dafür sollte zielgerichtet Geld ausgegeben werden, welches jetzt fehlt“, so Becher.
Große Gebührenunterschiede
Die Vorsitzende des Sozialausschusses im Bayerischen Landtag, Doris Rauscher (SPD), kritisierte ebenfalls die Beschlüsse des bayerischen Kabinetts. Eine pauschale Bezuschussung des Kita-Besuches mit 100 Euro pro Monat werde der Situation wegen der großen Unterschiede in der Gebührenhöhe in Bayern nicht gerecht, so die Oppositionspolitikerin. In Ballungsgebieten zahlten Eltern teilweise bis zu 750 Euro Krippengebühren.
Große Unterschiede bei den Gebühren seien fast nur in München zu beobachten, entgegnete Ministerpräsident Söder. Wichtig sei, dass die Eltern nicht gezwungen seien, teure Angebote anzunehmen, so Bayerns Sozialministerin Kerstin Schreyer.
Rauscher verlangt eine vollständige Gebührenfreiheit: „Denn nur so stellen wir den Zugang zu Bildung für alle Kinder sicher – und geben ihnen damit die gleichen Startchancen, unabhängig von Wohnort, Herkunft oder Geldbeutel der Eltern.“
Es sei völlig unverständlich, dass die Freien Wähler bei dieser Kernforderung eingeknickt seien. Noch im September hatte deren Landesvorsitzender Hubert Aiwanger gesagt: „Was nutzen mir in der Stadt 250 Euro Familiengeld, wenn ich 750 für die Krippe zahle?“Er müsse sich nun fragen lassen, warum er diesen gewichtigen Einwand inzwischen offenbar vergessen habe und mit den 100 Euro Kita-Zuschuss das Stückwerk weiterführe.
Gleichzeitig hat der Ministerrat ein Gründerpaket für Hebammen beschlossen. Eine Niederlassungsprämie in Höhe von 5000 Euro soll freiberuflichen Hebammen den Berufseinstieg erleichtern. Die Auszahlung der Prämie ist zum Ende des Ausbildungsjahres ab September 2019 vorgesehen. Auch damit wird eine Vereinbarung des schwarz-orangenen Koalitionsvertrags umgesetzt.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der oppositionellen SPD im bayerischen Landtag, Ruth Waldmann, forderte eine massive Aufwertung des Berufs Hebamme: „Der erste Schritt muss eine bessere Vergütung der Leistungen sein. Der zweite ist eine verbindliche Personalbemessung in den Krankenhäusern und Geburtsstationen. Nur dann können sie auf Dauer genügend Personal aufbringen“, erklärte Waldmann.
Nein zur Grundgesetzänderung
Christina Haubrich, gesundheitspolitische Sprecherin der LandtagsGrünen, begrüßte das Gründerpaket für Hebammen. Die Starthilfe von 5000 Euro hätten die Landtags-Grünen in der vergangenen Legislaturperiode noch erfolglos gefordert. „Zusätzlich brauchen wir dringend die Aufwertung des kompletten Berufsbilds durch eine akademisierte Ausbildung für alle Hebammen“, fordert Christina Haubrich.
Söder und Aiwanger bekräftigten das Nein Bayerns zur beabsichtigten Grundgesetzänderung, um dem Bund die finanzielle Förderung der digitalen Ausstattung der Schulen zu ermöglichen. So wie die Verfassungsänderung jetzt angelegt sei, bedeute sie einen „grundlegenden Eingriff in die föderale Ordnung“, so Söder. Über die Kofinanzierung wolle der Bund sich in die Bildungskompetenz der Länder einmischen und diese auch noch dafür zahlen lassen. Am Ende werde eine „Einheits-Schulpolitik“stehen, warnte Söder. Wenn der Bund Geld für diese Zwecke geben wolle, könne er dies auch ohne Grundgesetzänderung etwa über eine andere Verteilung der Umsatzsteuer regeln.
Die Freien Wähler stimmen in dieser Frage mit dem größeren Koalitionspartner überein. „Wir werden uns vom Bund nicht reinreden lassen“, sagte deren Chef Aiwanger. Der Bildungsföderalismus sei wichtig, um die Qualität zu erhalten.
Außer Bayern lehnen inzwischen auch Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen die Grundgesetzänderung ab. Die Angelegenheit werde wohl im Vermittlungsausschuss landen, sagte Söder. Dann werde die Bundesregierung Gelegenheit haben, das Vorhaben noch einmal zu überdenken.