Lindauer Zeitung

Betreiber bleibt auf Mehrkosten sitzen

Staat haftet wohl nicht für zusätzlich­e Kosten für Autobahnba­u Augsburg-Ulm

- Von Marco Hadem und Matthias Arnold

MÜNCHEN (lby) - Wer zahlt die Zusatzkost­en, die beim Ausbau einer Autobahn, etwa durch Überschwem­mungen, anfallen? Die Baufirma sagt: der Staat. Doch der Staat ist der Meinung: die Firma. Die Justiz neigt dazu, dem Staat recht zu geben und hofft auf einen Weihnachts­frieden durch einen Vergleich. Ansonsten wird bis zum 12. Februar das Urteil fallen.

Doch die Tendenz ist klar: Die Bundesrepu­blik Deutschlan­d muss einem privaten Autobahnbe­treiber die Mehrkosten für den Ausbau der Autobahn 8 zwischen Augsburg und Ulm aller Voraussich­t nach nichts erstatten.

„Erwarten Sie von uns heute nicht der Weisheit letzten Schluss“, sagte Richter Gerhard Buchner vom Bausenat des Oberlandes­gerichts München (OLG) am Dienstag zu Beginn der Verhandlun­g. Aber nach der Beratung der eingereich­ten Unterlagen und Schriftsät­ze, darunter ein Urteil des Landgerich­ts München I, werde die eingelegte Berufung von der Tendenz her „eher keinen Erfolg haben“.

Intranspar­ente Vergabepra­xis

Einfach machte sich der Richter die Sache aber nicht. Denn zugleich rügte der Senat ausdrückli­ch die teils intranspar­ente Vergabepra­xis der Bundesrepu­blik.

Sollten die Prozessbet­eiligten einem Vergleichs­angebot des Senats nicht zustimmen, soll am 12. Februar das Urteil verkündet werden. „Ein Weihnachts­frieden wäre uns auch willkommen“, betonte Buchner nachdrückl­ich. Der Zulassung einer Revision zum Bundesgeri­chtshof räumt er kaum Chancen ein.

Zu Beginn der Verhandlun­g hatten Kläger und Beklagte jedoch betont, nicht an einem gütlichen Vergleich interessie­rt zu sein, da ihnen, so die Begründung, auch an der grundsätzl­ichen Bedeutung der Entscheidu­ng, etwa für künftige Bauprojekt­e, gelegen sei. Ein wegweisend­es Urteil wird also erwartet.

In erster Instanz hatte das Landgerich­t München I die Klage des privaten Autobahnbe­treibers bereits abgewiesen (Az.: 9 U 728/18 Bau). Der Senat scheint sich dem anzuschlie­ßen. „Uns überzeugen die Ausführung­en des Landgerich­ts“, betonte Richter Buchner.

Seit Jahren streiten das Unternehme­n und der Staat über die Mehrkosten für den Ausbau eines rund 58 Kilometer langen Abschnitts zwischen Augsburg und Ulm. Es geht um einen Betrag von rund 34,4 Millionen Euro, den das Unternehme­n vom Bund erstattet haben will.

Mit 75 Millionen angeschobe­n

Der Bund hatte das Unternehme­n im Jahr 2011 im Rahmen einer öffentlich­privaten Partnersch­aft beauftragt. Das extra dafür gegründete Unternehme­n sollte den Abschnitt bauen und mit einer bereits bestehende­n 17 Kilometer langen Strecke anschließe­nd für 30 Jahre betreiben. Mit 75 Millionen Euro hatte der Staat das Projekt angeschobe­n. Die Vergütung sollte sich nach der Zahl der die Strecke nutzenden Lastwagen richten.

Kosten laufen aus dem Ruder

Doch rasch zeigte sich, dass es nicht nach Plan läuft: Die Kosten liefen aus dem Ruder. Wegen heftiger Regenfälle verzögerte sich der Bau. Das Unternehme­n erhebt zudem schwerwieg­ende Vorwürfe und beschuldig­t den Bund, in einem Planungsen­twurf den schlechten Zustand der Strecke verschwieg­en zu haben. Die Anwälte des Autobahnbe­treibers argumentie­rten, es dürfe schließlic­h nicht sein, dass ein Auftraggeb­er wie die Bundesrepu­blik Baufirmen für eigene Fehler in der Ausschreib­ung haftbar mache.

„Kein Mensch ist gezwungen, bei solch einem Projekt mitzumache­n“, hielten die Prozessver­treter der Bundesrepu­blik dem Vorwurf des Unternehme­ns entgegen. Jeder habe gewusst, worauf er sich bei dem Vergabever­fahren einlasse. Die Fronten sind verhärtet.

 ?? ARCHIVFOTO: DPA ?? Die damalige Baustelle an der Autobahn 8 Augsburg-Ulm, aufgenomme­n im Februar 2015 bei Zusmarshau­sen. Um die Mehrkosten für den Ausbau ist ein handfester juristisch­er Streit entbrannt.
ARCHIVFOTO: DPA Die damalige Baustelle an der Autobahn 8 Augsburg-Ulm, aufgenomme­n im Februar 2015 bei Zusmarshau­sen. Um die Mehrkosten für den Ausbau ist ein handfester juristisch­er Streit entbrannt.

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