Betreiber bleibt auf Mehrkosten sitzen
Staat haftet wohl nicht für zusätzliche Kosten für Autobahnbau Augsburg-Ulm
MÜNCHEN (lby) - Wer zahlt die Zusatzkosten, die beim Ausbau einer Autobahn, etwa durch Überschwemmungen, anfallen? Die Baufirma sagt: der Staat. Doch der Staat ist der Meinung: die Firma. Die Justiz neigt dazu, dem Staat recht zu geben und hofft auf einen Weihnachtsfrieden durch einen Vergleich. Ansonsten wird bis zum 12. Februar das Urteil fallen.
Doch die Tendenz ist klar: Die Bundesrepublik Deutschland muss einem privaten Autobahnbetreiber die Mehrkosten für den Ausbau der Autobahn 8 zwischen Augsburg und Ulm aller Voraussicht nach nichts erstatten.
„Erwarten Sie von uns heute nicht der Weisheit letzten Schluss“, sagte Richter Gerhard Buchner vom Bausenat des Oberlandesgerichts München (OLG) am Dienstag zu Beginn der Verhandlung. Aber nach der Beratung der eingereichten Unterlagen und Schriftsätze, darunter ein Urteil des Landgerichts München I, werde die eingelegte Berufung von der Tendenz her „eher keinen Erfolg haben“.
Intransparente Vergabepraxis
Einfach machte sich der Richter die Sache aber nicht. Denn zugleich rügte der Senat ausdrücklich die teils intransparente Vergabepraxis der Bundesrepublik.
Sollten die Prozessbeteiligten einem Vergleichsangebot des Senats nicht zustimmen, soll am 12. Februar das Urteil verkündet werden. „Ein Weihnachtsfrieden wäre uns auch willkommen“, betonte Buchner nachdrücklich. Der Zulassung einer Revision zum Bundesgerichtshof räumt er kaum Chancen ein.
Zu Beginn der Verhandlung hatten Kläger und Beklagte jedoch betont, nicht an einem gütlichen Vergleich interessiert zu sein, da ihnen, so die Begründung, auch an der grundsätzlichen Bedeutung der Entscheidung, etwa für künftige Bauprojekte, gelegen sei. Ein wegweisendes Urteil wird also erwartet.
In erster Instanz hatte das Landgericht München I die Klage des privaten Autobahnbetreibers bereits abgewiesen (Az.: 9 U 728/18 Bau). Der Senat scheint sich dem anzuschließen. „Uns überzeugen die Ausführungen des Landgerichts“, betonte Richter Buchner.
Seit Jahren streiten das Unternehmen und der Staat über die Mehrkosten für den Ausbau eines rund 58 Kilometer langen Abschnitts zwischen Augsburg und Ulm. Es geht um einen Betrag von rund 34,4 Millionen Euro, den das Unternehmen vom Bund erstattet haben will.
Mit 75 Millionen angeschoben
Der Bund hatte das Unternehmen im Jahr 2011 im Rahmen einer öffentlichprivaten Partnerschaft beauftragt. Das extra dafür gegründete Unternehmen sollte den Abschnitt bauen und mit einer bereits bestehenden 17 Kilometer langen Strecke anschließend für 30 Jahre betreiben. Mit 75 Millionen Euro hatte der Staat das Projekt angeschoben. Die Vergütung sollte sich nach der Zahl der die Strecke nutzenden Lastwagen richten.
Kosten laufen aus dem Ruder
Doch rasch zeigte sich, dass es nicht nach Plan läuft: Die Kosten liefen aus dem Ruder. Wegen heftiger Regenfälle verzögerte sich der Bau. Das Unternehmen erhebt zudem schwerwiegende Vorwürfe und beschuldigt den Bund, in einem Planungsentwurf den schlechten Zustand der Strecke verschwiegen zu haben. Die Anwälte des Autobahnbetreibers argumentierten, es dürfe schließlich nicht sein, dass ein Auftraggeber wie die Bundesrepublik Baufirmen für eigene Fehler in der Ausschreibung haftbar mache.
„Kein Mensch ist gezwungen, bei solch einem Projekt mitzumachen“, hielten die Prozessvertreter der Bundesrepublik dem Vorwurf des Unternehmens entgegen. Jeder habe gewusst, worauf er sich bei dem Vergabeverfahren einlasse. Die Fronten sind verhärtet.