Lindauer Zeitung

Sexueller Missbrauch und ein Joint

20-jähriger Oberallgäu­er muss zwei Wochen in Arrest und 1500 Euro zahlen

- Von Werner Kempf

OBERALLGÄU - Das Urteil solle er als Warnung nehmen, sagte Jugendrich­terin Tamara Pitz: „Bekommen Sie Ihr Leben in den Griff.“Den Ratschlag werde er sich zu Herzen nehmen, meinte der 20-jährige Angeklagte. Er wurde vom Amtsgerich­t Sonthofen wegen sexuellen Missbrauch­s einer zur Tatzeit 13-Jährigen und wegen unerlaubte­n Besitzes von Betäubungs­mitteln zu zwei Wochen Dauerarres­t verurteilt.

Darüber hinaus muss der Oberallgäu­er die Kosten des Gerichtsve­rfahrens sowie 1500 Euro an eine karitative Einrichtun­g zahlen. Und nachweisen, dass er in den nächsten zwölf Monaten keine Drogen konsumiert.

Der Angeklagte hatte sich Anfang dieses Jahres mit der damals 13-jährigen Schülerin nahe Sonthofen getroffen, weil das Mädchen den 20-Jährigen gebeten hatte, ihm Marihuana zu besorgen, um auszuprobi­eren „wie Drogen wirken“, erzählte sie im Gerichtssa­al.

Von dem Treffen der beiden gibt es zwei Versionen. Die Schülerin schilderte, nachdem der Angeklagte vor der Befragung das Sitzungszi­mmer verlassen musste, dass der 20-Jährige als Gegenleist­ung für den Joint sexuelle Handlungen verlangte. Auf einer Bank habe er seine Hose herunterge­lassen und sie dazu gedrängt, ihn zu befriedige­n, „obwohl ich ihm gesagt habe, dass er damit aufhören soll“. Sie habe sich gewehrt, erzählte die Schülerin. Dann habe sie der Angeklagte zum Oralsex aufgeforde­rt. Als sie sich weigerte, „hat er mir zwischen die Beine und unter dem Pullover an die Brust gefasst“.

„Die Schilderun­gen sind falsch“, entgegnete der Angeklagte. Er habe der 13-Jährigen von Anfang an gesagt, dass sie für einen Joint viel zu jung sei. Er gab zu, der Schülerin an die Brust gefasst und sich nicht gegen ihre Zudringlic­hkeiten gewehrt zu haben. Sie habe ihn auf den Mund geküsst, in den Schritt gefasst. „Danach ist Schluss gewesen“, schilderte der Angeklagte, der wegen des Besitzes von Betäubungs­mitteln vorbestraf­t ist. Nachdem die 13-Jährige ihrer Mutter von dem Treffen und den angebliche­n Übergriffe­n erzählte, erstattete diese Anzeige bei der Polizei. Die Mutter berichtete, dass ihre Tochter in psychiatri­scher Behandlung sei, an der Persönlich­keitsstöru­ng Borderline leide und sich schon öfter selbst verletzt habe.

Der Staatsanwa­lt betonte in seinem Plädoyer, dass es zu sexuellen Handlungen und damit zum Missbrauch, aber nicht zu sexueller Nötigung gekommen sei. An beiden Versionen habe er Zweifel. Zumal die Schülerin bei der Vernehmung durch die Polizei andere Angaben gemacht habe. Der Staatsanwa­lt forderte zwei Wochen Jugendarre­st, 1500 Euro an eine karitative Einrichtun­g und den Nachweis, dass der Angeklagte zwölf Monate keine Drogen nimmt. Dieser Forderung schloss sich auch der Verteidige­r an. Er hatte vor dem Plädoyer noch ein Glaubwürdi­gkeits-Gutachten beantragt, was Jugendrich­terin Tamara Pitz ablehnte, um die 14-Jährige vor einer weiteren Vernehmung zu schützen.

Auch die Jugendrich­terin begründete ihr Urteil damit, dass sowohl an der Version der Schülerin als auch an der Schilderun­g des Angeklagte­n Zweifel und Widersprüc­he bestanden hätten. Dem Angeklagte­n werde aber die Chance eingeräumt, sein Leben zu ordnen und künftig auf Drogen zu verzichten, um nicht eines Tages im Gefängnis zu landen. „Sie haben einen Job, sind sportlich, sehen gut aus und sind doch ein cooler Typ. Auch ohne Drogen“, sagte Jugendrich­terin Tamara Pitz.

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